Eishockey:Der kleine König

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Lichtblick: Dominik Kahun ist aktuell der erfolgreichste Punktesammler beim EHC München. (Foto: imago/GEPA pictures)

Stürmer Dominik Kahun ist nach einem Jahr Anlaufzeit beim EHC München zu einem Leistungsträger gereift. Der 20-Jährige überzeugt bereits durch eine Eigenschaft, die seinem Team zurzeit noch fehlt: Konstanz

Von Christian Bernhard, München

Die zwei Auftritte des EHC München am vergangenen Wochenende in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hatten einige Parallelen. Die Mannschaft von Trainer Don Jackson brauchte sowohl gegen Ingolstadt als auch in Berlin einmal mehr einen deutlichen Rückstand, um aufzuwachen, und kam in beiden Fällen dank ihres Überzahlspiels in die Partie zurück. Beim 6:3 gegen Ingolstadt reichte es sogar noch zum Sieg, beim 3:5 am Sonntag in Berlin kam das Aufbäumen zu spät.

An Dominik Kahun lag das nicht. Der Angreifer ist derzeit nicht nur in Überzahl Münchens prägender Spieler, er versprüht große Spielfreude und sammelt mit spielerischer Leichtigkeit Scorerpunkt um Scorerpunkt. Am Wochenende waren es vier, der 20-Jährige führt nun zusammen mit Ingolstadts Thomas Greilinger die DEL-Scorerwertung mit 15 Zählern an. Damit hat er jetzt, nach nur zwölf Saisonspielen, schon doppelt so viele Punkte und mehr Tore auf seinem Konto als in der gesamten Vorsaison. Die Erfahrungen, die er in seinem ersten DEL-Jahr sammelte, tun ihm gut, erzählt Kahun, "aber ich muss auch sagen, dass ich letztes Jahr ja nicht so viel gespielt habe. Wenn man in der vierten Reihe spielt und nach Garmisch runtergeschickt wird, ist es schwer." Die Entscheidung, ihn zum Kooperationspartner SC Riessersee in die zweite Liga zu schicken, schmeckte Kahun, der hinter Leon Draisaitl als größtes Talent im deutschen Eishockey gilt, überhaupt nicht - das ist ihm auch jetzt noch anzumerken. Das Verhältnis zum EHC war phasenweise so stark belastet, dass auch ein Abschied aus München nicht ausgeschlossen war. Das alles scheint Lichtjahre vergangen zu sein. "Ich weiß, was ich kann", sagt Kahun heute. Vorige Saison habe er die Chance nicht bekommen, dieses Jahr, "beweise ich, dass ich es kann."

Don Jackson trainiert Kahun nun im zweiten Jahr, er findet, dass das eine Jahr an Erfahrung "der größte Faktor" in der Entwicklung des Angreifers sei. Kahuns Arbeitsmoral gefällt Jackson jetzt sehr: "Er ist total fokussiert und liebt das Spiel. Eishockey ist sein Leben." Jackson schenkt ihm sehr viel Vertrauen und Eiszeit, Kahun nimmt nicht nur in Überzahl, wo er den EHC als Spielmacher antreibt, sondern auch in Unterzahl eine wichtige Rolle ein. Er ist auf dem Weg, ein kompletter Spieler zu werden. "Dominik hat großen Speed", sagt Reihenkollege Mads Christensen, der seit einigen Partien bestens mit Kahun harmoniert und mit ihm Münchens gefährlichstes Angriffsduo bildet. Kahun sei ein "schlauer Spieler für sein junges Alter", betont der Däne. EHC-Kapitän Michael Wolf sagt über Kahun: "Er spielt nicht wie ein junger Spieler. Er hat sehr viel Potenzial, ist spielerisch und läuferisch sehr stark." Diese Einschätzung deckt sich mit jener im Verein. Aus dem Jungen sei ein junger Mann geworden, ist aus der Führungsetage zu hören. Wolf, der mit seiner ruhigen Art nicht dafür bekannt ist, Komplimente in Dauerschleife zu verteilen, prophezeit Kahun "eine große Zukunft".

Kahun ist in seiner momentanen Verfassung ein Vorbild für die gesamte Mannschaft, denn seine Leistungen sind das, was jene des Teams noch nicht sind: konstant. Während er bis auf drei Ausnahmen in jedem der bisherigen Liga-Spiele punktete, ist die Saison des EHC von Höhen und Tiefen charakterisiert. Die Tiefen gab es regelmäßig zu Beginn der Spiele. Fünfmal in Serie lag der EHC zuletzt mit mindestens 0:2 zurück, die vielen Aufholjagden kosteten Kraft und kamen oft erst aufgrund der individuellen Klasse einiger Spieler in Gang. Kahun gehört in diese Kategorie, auf ihn ist Verlass. Das hat ihm auch bei den Fans einen hohen Stellenwert eingebracht: Seit seinen starken Auftritten in der Champions League begrüßen ihn die Münchner Anhänger mit einem dreifachen "Kahun, Kahun, Kahun" - der letzte Spieler, dem das in München zuteil wurde, war Publikumsliebling Martin Buchwieser. Teamkollege Toni Söderholm verlieh Kahun den Spitznamen "König", er sagt: "Dominik ist ein guter Typ."

Gut vorstellbar, dass auch Bundestrainer Marco Sturm so ähnlich denkt. Obwohl Kahun, der 2014 sein Debüt in der A-Nationalmannschaft feierte, beteuert, Sturm habe sich zuletzt nicht bei ihm gemeldet, dürfte der Bundestrainer beim anstehenden Deutschland Cup in Augsburg (6. bis 8. November) kaum an ihm vorbeikommen.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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