Eishockey:Arm und Auge

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"Überragende Mannschaftsleistung": Die Löwen feiern einen von zwei Treffern von Josef Frank (2. v.l.) zum 4:1-Sieg gegen den EV Regensburg. (Foto: Manfred Neubauer)

Klaus Kathan lenkt die Tölzer Löwen zum nächsten Heimsieg gegen einen Spitzenreiter

Von Max Ferstl, Bad Tölz

Klaus Kathan hätte es seinen Mit-Semestern gleichtun können: Markus Janka, 36, und Josef Frank, 32, verfolgen den wogenden Pulk aus sicherer Entfernung, ein väterliches Lächeln auf den Lippen. Kathan, 39, befindet sich dagegen mitten in der Spielertraube, die den 4:1-Sieg gegen Regensburg feiert. Er hüpft und strahlt mindestens so breit wie seine jüngeren Kollegen, die sich ausgelassen anrempeln. Dabei sollte Kathan aus medizinischer Sicht Rempeleien jeglicher Art dringend meiden. Beim Vorbereitungsturnier in Sterzing hatte ihn ein Gegenspieler gerammt, Kathan wachte später in der Kabine auf: Gehirnerschütterung. Weil es schon seine vierte war, hielten die Symptome lange an. Neun Wochen lag Kathan mit Kopfschmerzen zu Hause und fragte sich, ob es noch einmal etwas werden würde mit seiner Rückkehr aufs Eis.

Seit einem Monat steht der Eishockeyspieler Klaus Kathan wieder auf dem Eis, die Partie gegen Regensburg war seine 250. für die Tölzer Löwen. "Ich genieße es jetzt doppelt", sagt der ehemalige Nationalspieler. "Es wird ja nicht mehr ewig gehen." Kathan weiß, dass er nicht mehr "den Körper eines 23-Jährigen" hat. Die Sprints überlässt er denen, die solche Körper besitzen: seinen Kollegen Florian Strobl und Stefan Reiter. Kathan bringt sich mit "Erfahrung und Auge" ein. Er hat in dieser Oberliga-Saison drei Tore erzielt und schon neun Vorlagen geliefert. Gegen den Spitzenreiter bediente er zwei Mal durch viele Schläger und Beine hindurch Reiter, der jeweils einschob. "Er kann's einfach", sagt sein Trainer Axel Kammerer. Dass er Kathan für "unheimlich wertvoll" hält, hat aber nur bedingt mit Statistik zu tun: "Er ist mein Arm in die Mannschaft."

Kathan ist einer dieser Spieler, über die man sagt, sie müssten nichts mehr beweisen. Er hat 933 Mal in der höchsten deutschen Liga gespielt, fünf A-Weltmeisterschaften und zwei Olympia-Turniere erlebt und ist 2010 mit Hannover deutscher Meister geworden. Die Wertschätzung seines Trainers schmeichelt ihm trotzdem. Das sei auch ein Grund, sagt Kathan, warum er noch spielt: zu wissen, dass er gebraucht wird.

Vor vier Jahren war er sich nicht so sicher, ob sie ihn in der DEL noch brauchen würden. Er wechselte aus München zurück nach Tölz, wo er das Spiel gelernt hat. Zurück zu den Ursprüngen: Das Modell hat Schule gemacht. 2015 kehrte Axel Kammerer als Trainer an die alte Wirkungsstätte zurück, vor dieser Saison folgte Verteidiger Beppo Frank, der gegen Regensburg zwei Treffer erzielte. Die Routiniers führen junge Eigengewächsen wie Stefan und Marinus Reiter.

"Wir bilden gut aus, können aber viele Talente nicht halten", sagt Thomas Maban. "Umso schöner, wenn einige den Weg zurück finden." Geht es nach dem Tölzer Geschäftsführer, können die Talente bald auch in Tölz hochklassig spielen. 2015 hat Maban einen Drei-Jahres-Plan aufgestellt. Spätestens 2018 soll Tölz in der DEL 2 spielen. Sportlich liegt man im Soll, das belegt der Sieg gegen den mindestens ebenso ambitionierten EVR. Tölz hat zwar keinen Ausnahmekönner wie Regensburg in Nikola Gajovsky, der mühelos durch die gegnerischen Reihen kurven kann. Die Mannschaft funktioniert dafür als Kollektiv, vor allem in der Verteidigung: Alle halten konsequent ihre Positionen. Gajovsky fuhr am Sonntag zwar viele schöne Kringel, aber irgendwann nur noch im Regensburger Drittel. "Es war eine überragende Mannschaftsleistung", lobte Kammerer. Sein Team hat nun zu Hause die jeweiligen Spitzenreiter Deggendorf, Selb und Regensburg besiegt. Kammerer ist sich sicher: "Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht." Tölz liegt auf Platz drei, die Mannschaft spielt so gut wie lange nicht.

Umso mehr erstaunt, dass im Schnitt weniger Zuschauer (1140) zu den Spielen kommen als im Vorjahr (1215). Die Partie gegen Regensburg wurde als Family Day vermarktet, Kinder bis 14 durften umsonst rein. Es kamen 1338 Besucher. Saisonbestwert, immerhin. Maban sagt, er sei "schon zufrieden". Es dürften aber gerne ein paar mehr sein: "Wir können den nächsten Schritt nur machen, wenn die Hütte voll ist." Einer würde dann eher nicht mehr mitspielen. DEL 2? Klaus Kathan lacht: "Dann müssten sie mir mehr zahlen. Ich könnte ja nicht mehr arbeiten." Andererseits: Welcher Trainer würde schon gerne auf seinen Arm verzichten?

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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