Eishockey:Abgewatschelt

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Vor dem Spitzenspiel gegen die Adler Mannheim lässt der EHC München überraschend Federn bei den Krefeld Pinguinen. Damit enden gleich zwei Rekordserien des deutschen Eishockey-Meisters.

Von Christian Bernhard

Fahrten nach Krefeld sind für den EHC Red Bull München in den vergangenen Jahren nach einem bewährten Muster verlaufen. Der EHC reiste an, fuhr gegen die Pinguine einen Sieg ein, und reiste wieder ab. Gute Laune garantiert. Am Dienstag war der Meister der Deutschen Eishockey Liga (DEL) wieder einmal am Niederrhein zu Gast, wo zur Karnevalszeit die gute Laune noch besser ist als sonst. Doch diesmal lief es nicht wie gewohnt: München verlor am 48. Spieltag in Krefeld 2:3 nach Verlängerung.

Mit der Niederlage endeten nicht nur zwei Rekordserien für den EHC in der DEL (elf Erfolge am Stück, acht Auswärtssiege nacheinander). Auch die Hoffnung, doch noch Erster nach der Hauptrunde zu werden, rückte ein Stück weiter weg. Nachdem der EHC seinen Rückstand auf Tabellenführer Mannheim von phasenweise neun Punkten auf vier reduziert hatte, sind es seit Dienstag wieder sechs Zähler, da die Adler ein wildes Spiel gegen Bremerhaven 6:5 gewannen. Das bedeutet, dass München im Spitzenspiel am Freitag in Mannheim im besten Fall bis auf drei Punkte heranrücken kann. Bei dann nur noch drei ausstehenden Partien wäre auch das noch ein komfortables Polster für die von Pavel Gross trainierten Adler. "Schade, wir haben uns so an Mannheim herangekämpft", sagte EHC-Verteidiger Konrad Abeltshauser. "Das ist sehr ärgerlich."

Sah die Niederlage mit sichtbarem Missvergnügen: EHC-Coach Don Jackson (stehend). (Foto: imago)

Mehr als ein Drittel lang lief für die Münchner bei ihrem Lieblingsgegner, den sie zuvor in 16 von 17 Partien geschlagen hatten, alles nach Plan. Sie gingen konzentriert zu Werke, ließen defensiv kaum etwas zu und führten 1:0, nachdem Yasin Ehliz einen Schuss von Abeltshauser abgefälscht hatte (12.). Im Mitteldrittel gab der EHC die Partie aber aus der Hand. Mathias Trettenes überwand Danny aus den Birken mit der Rückhand zum 1:1 (23.), der Treffer wurde erst nach minutenlangem Videostudium gegeben.

Dann tat Jacob Berglund das, was keiner in der Liga so verlässlich tut wie er: Der Schwede traf zum 2:1 für Krefeld (30.) und bestätigte mit seinem 29. Saisontreffer die Führung in der Torjägerliste. Zu Beginn des Schlussdrittels düpierte Justin Shugg Pinguine-Torhüter Ilia Proskuryakov aus spitzem Winkel zum 2:2 (43.), doch kurz vor Ende der regulären Spielzeit musste Trevor Parkes auf die Strafbank, was Phillip Bruggisser nach 33 Sekunden der Verlängerung zum Sieg nutzte, der die Krefelder Hoffnung auf Rang zehn am Leben hält. Abeltshauser haderte mit der Leistung des EHC: "So kurz vor den Playoffs wollen wir einfach besser spielen." Völlig überraschend kam die erste Liga-Niederlage seit sechseinhalb Wochen für ihn aber nicht. "Wenn man eine so lange Siegesserie hat, schleichen sich oft kleine Fehler ein", sagte der Nationalspieler. Der EHC habe in letzter Zeit auch Spiele gewonnen, "in denen wir nicht so gut gespielt haben". Durch die Siege seien diese "etwas unter den Tisch gekehrt" worden. Die größte Münchner Baustelle ist weiterhin das Überzahlspiel. Obwohl der EHC über die zweitbeste Offensive der Liga verfügt, ist die Erfolgsquote im Powerplay mäßig, gerade einmal 14 Prozent - Rang zwölf in dieser Statistik. Einzig die letztplatzierten Schwenninger und Wolfsburger sind noch schwächer. Assistenztrainer Clement Jodoin, der vor vier Wochen extra verpflichtet wurde, um das Überzahlspiel zu verbessern, hat noch viel Arbeit vor sich. Zum Vergleich: Mannheims Quote liegt bei 23 Prozent.

Aufdringlich anhänglich: Der ehemalige Krefelder Patrick Hager (rechts) wird von Alex Trivellato bedrängt. (Foto: imago)

Im "heißen Spiel am Freitag" (Ehliz) werden nicht nur auf die Überzahlformationen der zwei DEL-Dominatoren im Fokus stehen. Beide Trainer spielten das letzte Hauptrunden-Aufeinandertreffen der großen Titelkandidaten gleichwohl herunter. Münchens Don Jackson verwies lediglich darauf, dass seine Mannschaft noch zwei Tage Zeit habe, sich darauf vorzubereiten, Gross fand es "ein bisschen mühsam", über dieses eine Spiel zu reden. Er höre "immer München, München", sagte er, dabei gebe es in dieser Partie auch nur drei Punkte zu gewinnen.

Gross nahm sich lieber den in der DEL gepflegten Usus vor, wonach öffentliche Kritik an den Unparteiischen unter Strafandrohung nicht geduldet wird. "Warum sollten wir über die Schiedsrichter reden?", fragte Gross also auf der Pressekonferenz nach dem Bremerhaven-Spiel. "Es ist alles verboten hier. Dieses Pflaster haben wir auf den Mund bekommen." Die Liga werde dadurch "ganz schwer besser, da sind uns die Fußballer meilenweit voraus". Gross' Schlussfolgerung: "Dann halten wir einfach die Schnauze." Dass die Adler und der EHC mit Abstand das sportlich Beste sind, das die DEL in dieser Saison zu bieten hat, hat sich trotzdem herumgesprochen.

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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