EHC Red Bull München:Der Alte

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Zurück in der Startaufstellung: Jason Jaffray neben Kapitän Michael Wolf und Verteidiger Derek Joslin (von rechts). (Foto: Marcel Engelbrecht/imago)

Nach dreieinhalb Monaten Pause kehrt Stürmer Jason Jaffray, 37, in den Münchner Kader zurück. Erster Eindruck des Kanadiers: "Sexy."

Von Christian Bernhard, München

Eishockey ist ein Spiel der Zahlen. Es gibt Unmengen von Statistiken, auf die auch Profi-Trainer gerne zurückgreifen. Aus diesem Anlass die Daten zu Jason Jaffrays Einsatz am vergangenen Freitag gegen die Nürnberg Ice Tigers: 0 (Tore), 1 (Schüsse), 11:44 (Eiszeit in Minuten), 17 (Wechsel). Dass Eishockey viel mehr ist als nur eine Kombination aus Zahlen und Statistiken, machte ein Blick in Jaffrays Gesicht deutlich, als er in den Katakomben der Münchner Olympia-Eishalle erstmals seit mehreren Monaten vor die Presse trat. In die Interviewzone brachte er ein seliges Lächeln auf seinem Gesicht mit - das er übrigens, wie er verriet, schon das ganze Spiel über bei sich getragen habe.

Dreieinhalb Monate hatte Jaffray verletzungsbedingt gefehlt, sein letztes Spiel hatte er im Oktober bestritten. Was genau ihn an einer früheren Rückkehr hinderte, sagte er nicht, nur, dass er "jeden Arzt in München gesehen" habe. Obwohl er in seiner langen Karriere weit mehr als 1000 Profi-Spiele bestritten hat, war das Heimspiel gegen Nürnberg, das der EHC souverän 7:2 gewann, Jaffrays erstes Spiel seit langem, "in dem ich nervös war". Als die 60 Spielminuten hinter ihm lagen, war der kanadische Angreifer glücklich. "Ich dachte, ich würde mich deutlich schlechter fühlen", sagte er.

Auch Don Jackson war zufrieden mit Jaffrays erstem Einsatz seit 14 Wochen. "Er hat überhaupt nicht fehl am Platz gewirkt", sagte er. Der EHC-Trainer weiß, was er an seinem erfahrenen Stürmer hat. Oft zieht er den 37-Jährigen heran, um zu verdeutlichen, was seine Vorstellung von Eishockey ausmacht: Einsatz, defensive Disziplin und Führungsqualitäten. Es überraschte also nicht, dass Jackson auf die Frage, was Jaffray mit seiner Rückkehr dem Team bringe, antwortete: "Potentiell alles." Der erfolgreichste Trainer in der Geschichte der Deutschen Eishockey Liga (DEL) hob hervor, dass der Kanadier in den vergangenen drei Meisterjahren regelmäßig die offensivstärksten Angriffsreihen der Gegner kontrolliert habe. Zudem sei er zusammen mit dem noch verletzten Maximilian Kastner der beste Münchner Überzahl-Spieler, wenn es darum geht, dem gegnerischen Torhüter die Sicht zu nehmen, und auch in Unterzahl sehr wichtig, wo er ein eingespieltes Duo mit Kapitän Michael Wolf bildet. "Es ist schön, die zwei wieder vereint zu sehen", sagte Jackson.

Jaffray deutete gleich beim Comeback seine Wichtigkeit für den EHC an. Das 4:0 gegen Nürnberg von Mads Christensen leitete er mit einem Pass in der neutralen Zone ein. Noch wichtiger als der Pass war, dass Jaffray dabei auch den Schläger von Nürnbergs Phil Dupuis regelkonform blockierte, sodass dieser nicht mehr eingreifen konnte. Schon im Startdrittel hatte er mit gewonnen Zweikämpfen an der Bande, Wortgefechten mit Nürnbergs Hitzkopf Dane Fox und Positionskämpfen vor dem gegnerischen Tor gezeigt, was ihn für den Meister wertvoll macht. Jason Jaffray war wieder: Jason Jaffray.

Da der Stürmer so wichtig für die Mannschaft ist, will das Münchner Trainerteam seine Reintegration langsam angehen. "Wir nehmen uns die Zeit", erklärte Jackson. "Mit all den Problemen, die er hatte, wird er auch mal einen Extra-Tag frei bekommen, um einen Rückfall zu vermeiden." Schließlich hat der Angreifer eine schwere Zeit hinter sich. Jaffray hatte in seiner Karriere zwar schon größere Verletzungen zu verarbeiten, diese bezeichnete er aber als seine frustrierendste. "Es war schwer herauszufinden, was genau es war", erzählte er, "der eine Doktor sagte das, der nächste etwas anderes." Diese Ungewissheit schlug sich auch in der zeitlichen Dimension nieder. Am Anfang hieß es, Jaffray würde zwei Wochen pausieren müssen. Daraus wurden erst vier, dann acht Wochen. Am Ende waren es 14.

Besonders hart für ihn war, dass er wochenlang nicht trainieren durfte. "Für einen Profisportler ist das nicht einfach", betonte er. Speziell für einen wie Jaffray, für den Trainingsethik ganz weit oben steht. "Du möchtest nicht nur rumsitzen und den ganzen Tag Netflix schauen", erzählte er. Das verpasste Champions-Hockey-League-Endspiel in Göteborg, das der EHC Anfang Februar mit 1:3 gegen die Frölunda Indians verlor, schmerzte Jaffray besonders. "Ich habe in den Wochen zuvor alles probiert, aber mein Körper hat es nicht erlaubt", berichtete er.

Umso mehr genießt er es jetzt, wieder aktiver Teil der Mannschaft in der Kabine zu sein. "In meinem Alter weißt du nicht, wie viele Spiele du noch hast", sagte er. Jackson hat allerdings noch große Pläne mit ihm - womöglich auch die Wiederbelebung einer Angriffsreihe, die in der vergangenen Saison großen Anteil am Meistertitel hatte: mit Jaffray, Wolf und Patrick Hager. Einen Wechsel gönnte Jackson dem Trio bereits gegen Nürnberg, und was er sah, gefiel ihm: Die drei wieder zusammen auf dem Eis zu sehen, sagte er, sei "sexy" gewesen.

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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