Deutsche Eishockey-Liga:Voll verhandlungsfähig

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Während der EHC München zwei Spiele vor Schluss der Hauptrunde Platz zwei und das Heimrecht im Viertelfinale so gut wie sicher hat, wird hinter den Kulissen schon am Kader für die neue Saison gearbeitet. Kandidaten sind ein Deutscher aus der NHL und ein Indianer aus Berlin.

Von Christian Bernhard, München

Das Bild der glorreichen Berliner Eisbären hat zuletzt einige Kratzer abbekommen. Nach sieben Meistertiteln zwischen 2005 und 2013 scheiterten die Hauptstädter in der vergangenen Spielzeit bereits in den Pre-Playoffs. Und auch jetzt müssen sie wieder in die ungeliebte erste K.o.-Runde der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Tabellenplatz neun entspricht nicht dem Selbstverständnis des Klubs - seiner aktuellen sportlichen Qualität aber schon. Das Sonntagsspiel in München war das letzte von drei Berliner Auswärtsspielen in Serie innerhalb einer Woche, es endete so wie die zwei vorangegangenen in Mannheim und Schwenningen: mit einer Niederlage. Die Eisbären waren in München beim 3:6 mehr als zwei Drittel lang überfordert, sie seien 40 Minuten nicht in der Lage gewesen, "das hohe Tempo mitzugehen", sagte Berlins Sportdirektor Stefan Ustorf. Das hohe Tempo, das andererseits unterstrich, dass beim EHC München sich derzeit Anspruch und Realität synchron bewegen.

Das Team von Don Jackson bestätigte seine starke Form. "Mit Ausnahme des Augsburg-Spiels haben wir zuletzt einige Top-Drittel gespielt", sagte Münchens Trainer. Die ersten zwei Abschnitte gegen Berlin fielen definitiv in diese Kategorie. Dominant, zielstrebig, spritzig - der EHC hatte gegen den DEL-Rekordmeister alles im Griff. Eisbären-Kapitän André Rankel gab zu: "Wir sind erst im letzten Drittel mit dem Druck klargekommen."

Die Anfangsminuten des Schlussdrittels lieferten Jackson dann auch Grund zur Kritik. Schuld daran waren nicht nur die zwei Berliner Tore innerhalb einer Minute, die aus einem komfortablen 4:1-Vorsprung ein 4:3 machten, sondern die Strafzeiten von Florian Kettemer und Michael Wolf. "Wir haben Strafen gezogen und ihnen so Möglichkeiten gegeben", sagte Jackson und fühlte sich damit unfreiwillig bestätigt. Seit Wochen weist der Trainer immer wieder darauf hin, dass seine Mannschaft im Schlussdrittel disziplinierter zu Werke gehen müsse. Durch die Strafen habe das Team "ein bisschen den Faden verloren", sagte Verteidiger Benedikt Brückner; Stürmer Thomas Holzmann beklagte, es "unnötig" spannend gemacht zu haben.

Zur Entspannung trug schließlich David Meckler mit seinem dritten Treffer zum 5:3 (56.) bei, ehe Kapitän Wolf alles klar machte (58.) und mit seinem 248. Treffer in der ewigen DEL-Torschützenliste mit Robert Hock auf Rang zwei gleichzog. Für Meckler, dem Jackson einen "großen Abend" bescheinigte, waren es die Saisontore elf, zwölf und 13; nur drei EHC-Profis haben öfter getroffen, dabei aber mindestens 19 Spiele mehr bestritten als der US-Amerikaner, der erst im November aus Salzburg gekommen war.

Wer kommende Saison für München Tore schießt, wird gerade verhandelt, ein Berliner scheint aber ein heißer Kandidat zu sein. Julian Talbot, kanadischer Angreifer mit indianischen Wurzeln, der am Sonntag aufgrund der dünnen Berliner Personaldecke in der Abwehr aushelfen musste, steht nach Angaben mehrerer Berliner Medien bei den Münchnern hoch im Kurs. Talbot hat wie Mads Christensen und Richie Regehr bereits unter Don Jackson in Berlin gespielt und mit ihm zwei Titel geholt. In dieser Saison kommt der 29-Jährige in 48 Spielen auf 31 Scorerpunkte (zehn Tore). Ein noch prominenterer Name ist Steve Pinizzotto. Der 30-jährige Kanadier absolvierte in der NHL zusammen mit Deutschlands Top-Talent Leon Draisaitl einige Spiele für die Edmonton Oilers. Laut Eishockey News steht der EHC kurz vor der Verpflichtung des körperlich starken Angreifers (1,85 Meter, 91 Kilo), der gerne auch mal seine Fäuste sprechen lässt. Pinizzotto, dessen Bruder Jason in der DEL2 bei den Bietigheim Steelers spielt, besitzt einen deutschen Pass und würde somit das Ausländerkontingent nicht belasten.

Vorerst gilt es für den EHC aber, "die letzten zwei Spiele vernünftig zu Ende zu spielen, damit wir mit einem guten Gefühl in die Playoffs gehen", betont Holzmann. Ob Torhüter Niklas Treutle, der gegen Berlin im dritten Spiel in Serie den dritten Sieg einfuhr, und Christensen dann dabei sein werden, ist noch unklar. Treutle hatte sich gegen die Eisbären das Knie verdreht und unterzog sich am frühen Montagabend einer Magnetresonanz-Untersuchung; Christensen war am Freitag in Augsburg aufgrund einer Fußverletzung im Mitteldrittel ausgeschieden - auch bei dem Dänen steht eine Diagnose noch aus.

© SZ vom 24.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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