Deutsche Eishockey Liga:Setzen, Spiel sechs!

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Klare Angelegenheit: Eisbären-Stürmer Marcel Noebels (hinten) erzwingt mit Berlin ein weiteres Spiel im DEL-Viertelfinale, der EHC München mit Andreas Eder (unten) muss sich bis Freitag wieder aufrappeln. (Foto: imago images / Sven Simon)

Titelverteidiger EHC München versäumt den vorzeitigen Einzug ins Halbfinale. Noch mehr als das ernüchternde 0:3 gegen die Eisbären Berlin schmerzt die schwere Verletzung von Nationalspieler Konrad Abeltshauser.

Von Christian Bernhard, München

Der Blick in die Vergangenheit kann manchmal jene Energien freisetzen, die für eine bessere Zukunft nötig sind. Die Eisbären Berlin stützten sich seit Freitagnacht auf dieses Prinzip. "Wir waren letztes Jahr schon in dieser Situation hier, daraus ziehen wir Kraft", erinnerte Jamison MacQueen. Der Stürmer der Eisbären Berlin spielte auf die Endspiel-Serie in der vergangenen Saison der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zwischen dem Rekordmeister und dem regierenden Champion EHC Red Bull München an, in der die Hauptstädter für viele Beobachter aussichtslos mit 1:3 Siegen zurückgelegen hatten, ehe sie mit zwei Siegen nacheinander doch noch ein entscheidendes siebtes Spiel erzwangen (und verloren). Am Sonntag gelang ihnen der erste Schritt auf dem Weg dahin, diese Geschichte zu wiederholen. Die Eisbären schlugen den EHC in der Münchner Olympia-Eishalle 3:0 (1:0, 0:0, 2:0) und verkürzten in der Best-of-seven-Viertelfinalserie auf 2:3 Siege. Damit müssen die Münchner noch einmal nach Berlin reisen, wo am Freitag Spiel sechs steigt. "Wir waren heute oft einen Schritt zu spät dran und vor dem Tor einfach nicht hungrig genug", sagte Nationalverteidiger Yannic Seidenberg. "Wir müssen dieses Spiel abhaken."

Im Powerplay demonstriert der Meister eindrücklich, warum seine Erfolgsquote so schlecht ist

Der Titelverteidiger wird in Berlin mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ohne Konrad Abeltshauser antreten müssen. Der Nationalspieler verletzte sich bei einem Zweikampf an der Bande mit James Sheppard vermutlich schwer am rechten Knie und musste von mehreren Betreuern gestützt in die Kabine gebracht werden. Eine Diagnose stand am Abend noch aus.

Die Eisbären starteten so, wie man das von einer Mannschaft erwartet, die um das sportliche Überleben kämpft. Sie drängten den EHC in dessen Drittel und bestimmten vehement das Geschehen. Die erste gute Chance bot sich Louis-Marc Aubry, der die Scheibe knapp neben das Tor abfälschte (4.), einen verdeckten Schuss von Kai Wissmann entschärfte EHC-Keeper Danny aus den Birken (6.). Münchens erste Möglichkeit ergab sich in Überzahl. Yasin Ehliz' Direktabnahme vereitelte Eisbären-Torhüter Kevin Poulin aber mit seinem Schoner (8.). Mehr war im ersten Powerplay vom EHC nicht zu sehen. Der Meister demonstrierte einmal mehr, warum er eine unterirdische Überzahl-Erfolgsquote von unter acht Prozent hat. Die Gäste hingegen nutzten gleich ihr erstes Powerplay: MacQueen zimmerte die Scheibe zum 1:0 unter die Latte, als Frank Mauer auf der Strafbank saß (12.). Die Führung war verdient, Münchens Vorstellung im Startdrittel wie auch das zweite Überzahlspiel enttäuschend. Passend zu diesen ersten 20 Minuten leistete sich Justin Shugg eine Sekunde vor der Drittelsirene auch noch eine überflüssige Strafe wegen Stockschlags.

Als Shugg von der Strafbank zurückkam, durfte er alleine auf Poulin zulaufen, schoss aber über den Kasten (23.). Es war eine der wenigen zwingenden Offensiv-Aktionen der Münchner, die nicht zu ihrem gefürchteten Forechecking kamen. Auffälliger waren weiterhin die Eisbären, die Pech hatten, als eine von Kapitän André Rankel abgefälschte Scheibe auf die Münchner Querlatte fiel (29.). Als der EHC sich zumindest etwas ins Spiel gearbeitet hatte, musste er den Abeltshauser-Schock verdauen.

"Wir spielen nicht gut, viel zu kompliziert", erkennt EHC-Stürmer Andreas Eder

Der Münchner Verteidiger kehrte nicht mehr aufs Eis zurück. "Berlin macht ein gutes Spiel, weil wir nicht gut spielen", sagte Andreas Eder nach dem Mitteldrittel und bemängelte einen "viel zu komplizierten" Auftritt seiner Mannschaft. Dieser besserte sich auch im Schlussdrittel nicht wesentlich. Berlins quirligster Angreifer Austin Ortega dagegen traf in Minute 49 innerhalb von 38 Sekunden zweimal, einmal nach einem schlimmen Fehler von Seidenberg, wodurch die Partie entschieden war.

Am Freitag hatte es in Berlin noch völlig anders ausgesehen. Der 5:2-Erfolg des EHC war eine Münchner Eishockey-Demonstration gewesen. "Wir wollen ihnen die Hoffnung nehmen, dass sie denken, sie könnten gegen uns gewinnen", hatte Nationalstürmer Frank Mauer bereits nach dem Startdrittel gesagt. Dieses Vorhaben gelang vorzüglich.

Berlins Angreifer Marcel Noebels sprach hinterher von einem Tag, "wo du von der ersten Sekunde an wusstest, dass du das Spiel verlierst". Zu gut war das druckvolle Spiel der Münchner, bei denen Seidenberg nach seiner Sperre und Maximilian Kastner nach zweimonatiger Verletzungspause zurückkamen. Beide standen auch am Sonntag auf dem Eis. NHL-Veteran Matt Stajan dagegen verpasste das zweite Spiel nacheinander. Eisbären-Angreifer Sean Backman sah sich nach der deutlichen Pleite am Freitag gezwungen, auf martialische Durchhalteparolen zurückzugreifen. "Wir müssen um unser Leben kämpfen", sagte er. Die erste Runde des maximal drei Runden langen Kampfes ging am Sonntag an die Eisbären.

© SZ vom 25.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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