DEL2:Vorne hui, hinten huiuiui

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Zwei Tore zum Einstand: Mittelstürmer Stephen MacAulay, 26, Tölzer Zugang von den Florida Everblades. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Tölzer Löwen, vergangene Saison Abstiegskandidat, feiern trotz einiger Schlampigkeiten einen perfekten Start.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Für den Man of the Match hatte die Sache ein Nachspiel. Stephen MacAulay, Zugang bei den Tölzer Löwen und zum Saisonauftakt in der DEL2 zweimaliger Torschütze, musste nach dem Spiel gegen die Bayreuth Tigers zur Dopingkontrolle. So erlebte der 26-Jährige, der von den Florida Everblades aus der drittklassigen nordamerikanischen ECHL in die zweite deutsche Eishockey-Liga gewechselt ist, seinen persönlichen Triumph allein im stillen Kämmerlein. Das 5:2 (1:2, 3:0, 1:0) gegen die Oberfranken vor 2011 Zuschauern war ein Auftakt, wie ihn die Tölzer sich gewünscht hatten. Am Sonntag ließ MacAulay ein Tor und eine Vorlage zum 6:3 (0:1, 2:0, 4:2) in Freiburg folgen. Und durfte gemeinsam mit den Teamkollegen den perfekten Saisonstart feiern.

Die zweite Saison nach der Rückkehr in die DEL2 beginnt für Tölz deutlich entspannter als die vergangene, als der Aufsteiger sieben Niederlagen in Serie kassierte. Vor allem die Reihe mit den Kanadiern MacAulay und Kyle Beach, 28, Zugang aus Villach, brillierte in den beiden ersten Partien. "Die zwei da vorne können's einfach", sagte Stürmer Johannes Sedlmayr. Es waren aber nicht nur die Neuen, die bei der Premiere imponierten, etwa auch Verteidiger Kevin Wehrs, der die erste Führung in dieser Saison erzielte (3:2/27.) und das 1:1 mit einem Traumpass vorbereitete (9.). Auch die Einheimischen trugen zu einer beeindruckenden Leistung bei. Rückkehrer Andreas Pauli zum Beispiel, der mit 24 Jahren bereits mehr als 200 DEL2- Partien absolviert hat und mit den Kanadiern Beach und MacAulay prächtig harmoniert: Am Sonntag in Freiburg legte Pauli zwei Mal auf, ein Tor erzielte er selbst.

Lediglich im ersten Drittel wirkten die Gastgeber gegen Bayreuth unsortiert. "Wir haben keine Zuordnung gefunden, das war ein bisschen wild", sagte der ebenfalls neue Trainer Markus Berwanger. "Vielleicht bin ich selber schuld. Ich habe meine Mannschaft unheimlich heiß gemacht, vielleicht zu heiß. Wir wollten das Spiel gleich in den ersten zehn Minuten entscheiden." Neben zwei vergebenen Penaltys (Beach/5., Drews/16.) leistete sich Tölz eine Reihe von Fehlern im Aufbau. Beach leitete mit einem schlampigen Querpass das frühe 0:1 für Bayreuth (2.) ein. Nach Yannick Drews' Alleingang zum Ausgleich fiel unmittelbar nach Ablauf einer Tölzer Strafzeit das 1:2 (14.) durch Mark Heatley, den jüngeren Bruder von NHL-Legende Dany Heatley. Erst nach der ersten Pause besannen sich die Löwen, spielten kompakter und konzentrierter. "Ich habe das angesprochen, und dann haben wir es auch besser gemacht", sagte Berwanger.

"Nach vorne ist es erlaubt zu tun, was wir wollen. Aber wir haben klare Vorgaben, was defensiv zu machen ist", beschreibt Stürmer Sedlmayr das taktische Gerüst. Im zweiten Abschnitt gegen Bayreuth fand Tölz die Balance, auch Torhüter Ben Meisner, von den Augsburger Panthern aus der DEL zum ECT gewechselt, gewann mit zunehmender Spielzeit an Sicherheit. "Bad Tölz hat völlig verdient gewonnen", sagte Bayreuths Coach Petri Kujala. "Nach dem guten Start haben wir gedacht, wir könnten das Spiel in der Offensive lösen. Aber wir waren offen wie ein Scheunentor." Und die Löwen fuhren die Ernte ein. Manuel Edfelder (35.) und MacAulay in der Schlussminute mit einem Schuss ins leere Tor schraubten das Ergebnis auf 5:2. "Das gibt Selbstvertrauen", sagte Sedlmayr. Das Ziel sei "ganz klar" ein Platz in den Playoffs "Letzte Saison waren wir im Januar bis auf ein paar Punkte dran, da hat man gesehen, was möglich ist." Auch am Sonntag war das zu erkennen: So kreativ die Tölzer nach vorne spielen, so sorglos wirken sie bisweilen in der Defensive. In Freiburg drehten sie ein 0:1 durch einen Doppelschlag in doppelter Überzahl durch Florian Strobl und MacAulay (40.) und wähnten sich nach Beachs 3:1 (45.) schon auf der Siegerstraße - ehe Freiburg zum 3:3 ausglich (47., 49.). Ein weiterer Doppelschlag durch Pauli und Beach (57.) verschaffte den Löwen den entscheidenden Vorsprung, Wehrs schob den Puck fünf Sekunden vor Schluss zum 6:3 ins leere Tor.

Zwei Siege gegen Gegner, die mit Tölz in der Relegation um den Klassenerhalt kämpften, lassen noch keine belastbare Prognose zu. Das Potenzial in der Offensive aber scheint enorm, zumal wenn man bedenkt, dass in Kapitän Philipp Schlager (Gehirnerschütterung) der Topscorer und in Lubor Dibelka (Innenband) einer der besten Stürmer der Liga noch verletzt ausfallen. Der dünne Kader könnte indes zum Problem werden. "Das war eine riesige Energieleistung", sagte Berwanger am Freitag, "zum Schluss haben wir nur mit drei Blöcken gespielt". Geschäftsführer Christian Donbeck sagt: "Wir haben einen schlanken Kader, ja, mit Sicherheit grenzwertig." Zugleich habe man aber sechs junge Eigengewächse im Kader. Zumindest, das hat das erste Wochenende angedeutet, sollten sie nicht wieder bis zum letzten Spieltag zittern müssen.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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