Dachau: Radsport:Reform am Altstadtberg

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Die Spannung im Radrennlauf wird dieses Jahr erhöht - zur Freude der Besucher, aber zum Leidwesen der Sportler. Denn erstmals hat die Elite einen Prolog zu absolvieren.

Christine Heumann

Von wegen Tempo-30-Zone. Wenn in Dachau das Bergkriterium stattfindet, ist die Geschwindigkeitsbeschränkung in der Altstadt einen Nachmittag lang ausgesetzt. Die Elitefahrer erklimmen den Berg auf ihren Rennmaschinen mit 40 Stundenkilometern, runter rauschen sie fast doppelt so schnell über das Kopfsteinpflaster.

Die anstrengende Jagd über den Altstadtberg von Dachau wird in diesem Jahr noch anstrengender. (Foto: region.dah)

Tausende Zuschauer verfolgen jährlich zur Volksfestzeit das Radsport-Spektakel der Soli Dachau. "Wir bieten zeitgemäßen Sport und den gesellschaftlichen Rahmen dazu", sagt Vereinsvorsitzender Wolfgang Moll. Mit überarbeiteten Modalitäten und erhöhtem Preisgeld will er die 59. Auflage dieser Traditionsveranstaltung am 15. August noch attraktiver gestalten - für Zuschauer und Fahrer. Antriebsfeder sei die Prämisse der Organisatoren, nicht nur Schritt halten zu wollen, sondern immer nach vorne zu schauen.

Ansatzpunkt für die Veränderungen war, die Spannung im Rennverlauf noch zu steigern. "Zur Freude der Besucher, zum Leidwesen der Fahrer", sagt Moll und lacht. Denn heuer ist das Hauptrennen zweigeteilt. Erstmals hat die Elite einen Prolog zu absolvieren. "Alle müssen zu Beginn 15 Runden lang auf Endsieg fahren, nur wer durchkommt, darf auch im Hauptfeld das fünfte und letzte Rennen des Tages bestreiten."

Die besten Zehn des Prologs erhalten einen Zeitbonus. "Dem Ersten werden 45 Sekunden gut geschrieben, dem Zweiten 40, dem Dritten 35 und so weiter", erklärt Moll. "Das Hauptereignis ist dann quasi ein Jagdrennen." Der Schnellste der ersten Etappe startet zuerst, die anderen machen sich in entsprechendem Abstand an die Verfolgung. "Für die Zuschauer ist das ein sehr attraktiver Modus." Der Soli-Vorsitzende packt aber auch ein Zuckerl für die Fahrer drauf: "Wir schütten heuer 30 Preise von 1000 bis 30 Euro aus - zuzüglich der Prämien in den Wertungssprints."

Ein weiteres Novum ist, dass in Dachau am 15. August nur Erwachsenen-Rennen stattfinden. "Der Nachwuchs startet in Weißenburg", sagt Moll. Das passiere aus einem einfachen Grund: Der RC Germania veranstaltet zeitgleich sein 56. Kirchweih-Kriterium. "Deshalb haben wir Veranstalter uns darauf geeinigt, dass die Soli die Erwachsenenklassen besetzt, Weißenburg die Jugendklassen."

Von der Reform des Bergkriteriums profitieren auch die Hobbyfahrer. Sie bekommen ein breiteres Spektrum angeboten, können sich im zweiten Rennen auf dem Mountainbike messen, oder im dritten auf dem Rennrad. Das vierte Rennen ist den Senioren vorbehalten.

"Das Rahmenprogramm werden wir wieder kompakt halten", sagt Moll. "Wir wollen kein Volksfest im Volksfest veranstalten. Da sehen wir uns der Stadt gegenüber in der Pflicht." Die Soli ziehe ihre Rennen von 12 bis 17.30 Uhr durch, danach haben alle Gäste noch genügend Zeit, den Rummel auf der Thoma-Wiese zu besuchen. "Und wenn uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht, bin ich überzeugt, dass unsere Veranstaltung an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen wird", versichert Moll.

"Wir streben nicht danach, die größte Sportveranstaltung in Dachau auszurichten - obwohl wir es tun. Aber wir möchten den Dachauern einen Erlebnistag in der Altstadt bieten." Grundvoraussetzung dafür sei eine solide Finanzierung. "Die Eckpfeiler stehen, wir können auf unsere bewährten Sponsoren zurückgreifen."

Moll hofft, dass auch Vorjahressieger Björn Thurau wieder an den Start geht. Vielleicht entwickelt sich der Sohn der deutschen Radsport-Legende nach und nach zum Publikumsliebling, denn noch wird ein Nachfolger für den Schweizer Profi Bruno Risi gesucht, dem die Herzen der Fans am Altstadtberg förmlich zugeflogen sind, der aber seine Karriere im vergangenen Jahr beendet hat. Der Soli-Chef sagt: "Bruno Risi war ein Bringer, mal schauen, wer nach ihm kommt."

Moll weiß den Sport und seine Problematik gut einzuschätzen. "Obwohl in Deutschland 50 Millionen Menschen mit dem Rad unterwegs sind - egal, ob sie nur schnell zum Bahnhof fahren oder Rennen bestreiten, sprechen wir von einer Randsportart." Ob Doping daran Schuld hat? "Es ist gut, dass die Fälle bei uns aufgearbeitet sind, wir dürfen aber nie nachlässig werden." Und er stellt sich in gewisser Weise vor sein Klientel: "Wenn ich nicht kontrolliere, bin ich nirgendwo gegen Doping gefeit. Nicht im Radsport, nicht im Fußball."

© SZ vom 03.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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