Champions Hockey League:Heißer Feger

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Steve Pinizzotto ist der auffälligste Spieler beim EHC München: Er schießt die meisten Tore - und kassiert die meisten Strafen. Auch im eher bedeutungsarmen Spiel gegen Brynäs.

Von Christian Bernhard, München

In einem Punkt ist die Champions Hockey League (CHL) führend: im statistischen Bereich. Die europäische Eishockey-Eliteliga, die ihrem Namen noch nicht gerecht wird, was das Standing unter den Vereinen und Zuschauern betrifft, hat ein wirklich gutes Daten-Center. Am Dienstagabend spuckte dieses interessante Zahlen aus. Steve Pinizzotto, Angreifer des deutschen Meisters EHC Red Bull München, stand bei der 2:3-Heimniederlage gegen Brynäs IF aus Schweden nur 6:30 Minuten auf dem Eis - einzig Nachwuchsspieler Nicolas Strodel kam bei den Münchnern auf eine Sekunde Spielzeit weniger.

Eine Disziplinarmaßnahme von Trainer Don Jackson? Nein. Die Erklärung war viel einfacher. Im Startdrittel saß Pinizzotto vier Minuten auf der Strafbank, im Mitteldrittel, kurz nach Strodels Anschlusstreffer zum 1:2 (24.), kassierte er seine dritte Strafzeit. Die gefiel ihm überhaupt nicht, was er den Schiedsrichtern deutlich mitteilte. Die Unparteiischen schickten ihn dafür mit einer 20-Minuten-Disziplinarstrafe unter die Dusche: Schiedsrichterbeleidigung. 26 der 32 Münchner Strafminuten gingen am Ende auf Pinizzottos Konto.

Fehdehandschuh im Gesicht: Steve Pinizzotto (re.) bei der Taktikanalyse mit dem Schweden Lukas Kilström - dazwischen ein Linienrichter. (Foto: GEPA pictures/imago)

Die 2:3-Niederlage - Frank Mauer hatte zum zwischenzeitlichen 2:2 ausgeglichen (31.) - schmerzte den EHC nicht sonderlich, der Einzug in die K.o.-Phase von Ende Oktober an stand bereits davor fest. Deshalb schonte Jackson mehrere Stammkräfte wie Michael Wolf, Yannic Seidenberg, Dominik Kahun und Patrick Hager und beorderte gleich fünf Jugendspieler aufs Eis. Tobias Eder, der jüngere Bruder von EHC-Stürmer Andreas, Pascal Grosse und Torschütze Strodel feierten sogar ihr Profidebüt. Auch sie mussten mehr als 35 Minuten lang ohne Pinizzotto auskommen.

Vor knapp zwei Wochen hatte der Angreifer bei der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zum Rapport antreten müssen. Dort habe er laut Jackson der Liga "großen Respekt" erwiesen - und konzentrierte sich seitdem vermehrt aufs Eishockeyspielen. Sechs Mal traf er seitdem, seine sieben Ligatore in acht Spielen werden nur von Ingolstadts Thomas Greilinger übertroffen. "Sein Selbstvertrauen ist derzeit sehr groß", erklärt Jackson, "es tut uns sehr gut, dass er die Scheibe ins Netz bringt." Beim 5:2 im Derby gegen Augsburg kombinierte Pinizzotto am Sonntag seine beiden Kardinal-Tugenden: Er erzielte die ersten zwei Münchner Tore, nachdem er davor jeweils auf der Strafbank gesessen war. "Steve reibt sich vor dem gegnerischen Tor richtig auf", lobt Jackson. Dazu besticht der Deutschkanadier mit Effizienz: 35 Prozent seiner Schüsse landeten im gegnerischen Tor. Dazu kommt ein Plus-Minus-Wert von +6, der anzeigt, bei wie vielen Toren respektive Gegentoren ein Spieler auf dem Eis stand. Pinizzottos Wert ist der beste beim EHC.

Debütantenabend: Beim 2:3 gegen Brynäs (re. Adam Boqvist) gaben Niclas Strodel und Tobias Eder (v.l.) ihr Profidebüt beim EHC – beide spielen sonst im Red-Bull-Farmteam in Salzburg. (Foto: GEPA pictures/imago)

Obwohl ihn die Gegner in der Liga kennen, kann Pinizzotto noch immer jedes DEL-Spiel entscheidend beeinflussen. "Alleine dass er auf dem Eis steht, ist für die Gegner respekteinflößend. Weil man genau weiß, was er kann", sagt Michael Wolf. Natürlich sage er in seiner Rolle als Kapitän "auch mal was zu ihm, aber er ist einfach ein Heißsporn". Wolf glaubt, dass sich der 33-Jährige nicht mehr ändern wird: "Er ist ja auch nicht mehr der jüngste."

Am Wochenende dürfte es für Pinizzotto wieder emotional werden. Am Freitag gastiert der EHC bei Tabellenführer Nürnberg, am Sonntag kommt Mannheim nach München, noch ein Titelkandidat (14 Uhr, Olympia-Eishalle). Mannheim in München? Da war doch was: In seinem zweiten DEL-Spiel hatte Pinizzotto Mannheims Denis Reul 2015 bei einem Faustkampf den Unterkiefer gebrochen, einer der Aufreger jener Saison - so wie das denkwürdige Münchner Gastspiel in Nürnberg im vergangenen November. Pinizzotto hatte damals vier Scorerpunkte erzielt und war von Nürnbergs Torhüter Jochen Reimer wild attackiert worden. Trotz einer 5:1-Führung verlor der EHC in der Verlängerung noch 5:6. "Wir werden bereit sein", sagte Nürnbergs Trainer Rob Wilson am Dienstag.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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