Bayerisches Zuchtrennen in Riem:Der Mond versinkt im Boden

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Trotz eines Gewitters verfolgen 15 000 Zuschauer den Großen Dallmayr-Preis an der Riemer Rennbahn. Der heimische Mitfavorit Quest the Moon wird Dritter.

Von Felix Haselsteiner, München

Freud und Leid lagen in München-Riem am Sonntagnachmittag in mehrfacher Hinsicht nah beieinander. Ein paar Meter trennten Quest the Moon davon, als erster echter Heimsieger Geschichte zu schreiben, am Ende wurde es ein dritter Platz für den dreijährigen Münchner Favoriten. Ein paar Meter trennten Trainerin Sarah Steinberg im Zielraum von David Menuisier, dem Trainer des letztendlich großen Siegers: Danceteria, ein Wallach aus dem Rennstall Australian Bloodstock. Er gewann das Gruppe-I-Galopprennen beim Großen Dallmayr Preis 2019.

Doch eigentlich musste man sich nur mit offenen Ohren im dicht bevölkerten Zuschauerraum postieren, um die vielleicht purste Form des Unterschieds zwischen Enttäuschung und Ekstase mitzubekommen - und zwar bei allen neun Rennen. Schon weit vor dem mit Spannung erwarteten Hauptbewerb um 16.40 Uhr brauste in regelmäßigen Abständen auf den letzten hundert Metern jeden Rennens der Jubel unter den 15 000 Zuschauern auf. Wenn, dann hielt sich nur die noble VIP-Tribüne an dieser Stelle vornehm zurück. Bei der Mehrheit der Besucher schieden sich mit dem Zieleinlauf dann die Geister. Vereinzelte Jubelschreie paarten sich mit enttäuschtem Aufstöhnen, manche lagen sich glatt vor Freude in den Armen, andere machten sich ein paar Meter weiter wieder auf den Weg zu dem grünen Häuschen neben dem Eingang, um die nächste Wette zu platzieren. Der Höhepunkt des Münchner Pferderennsportjahres zeichnet sich eben nicht nur durch schnelle Pferde, sondern auch durch euphorische Wetter aus.

Trainerin Steinberg ist zufrieden: "Ich hatte auch nicht unbedingt mit einem Sieg gerechnet."

Und auch das Wetter spielte eine bedeutende Nebenrolle: Mitte des Renntags zog ein Schauer über die Anlage, die Bahn wurde dadurch weicher und spielte womöglich auch eine Rolle beim Hauptrennen - doch dazu später. Auf der Bahn konnte man im Vorprogramm durchaus Ansätze einer kleinen lokalen Dominanz ausmachen: Im Auftaktrennen gewann Fearless King aus dem in Riem ansässigen Stall Salzburg, der von Sarah Steinberg trainiert wird, mit großem Vorsprung. Steinberg zeigte sich schon früh am Renntag sehr zufrieden: "Er sollte einen Rennverlauf zum Lernen bekommen. Dass es dann gleich zum Sieg reicht, ist schon eine Überraschung." Den Namen Fearless King sollte man sich auf jeden Fall merken, demnächst tritt er beim Zukunftsrennen in Baden-Baden an, Steinberg lobte ihn als "wirklich tolles Pferd".

Auch in den folgenden Rennen konnte sich der Münchner Rennstall auszeichnen: Angry Bird setzte sich beim Ausgleich III durch, auch Debütant Soho als Dritter wusste zu überzeugen. Im Konrad-Werner-Wille-Memorial (Preisgeld: 10 000 Euro) kamen dann jedoch die nichtbayerischen Pferde auf: Larea vom Gestüt Ittingen konnte sich im Ausgleich II durchsetzen.

Dann galoppierten die Protagonisten des mit Spannung erwarteten Hauptevents auf, zum mit 155 000 Euro dotierten Gruppe-I-Zuchtrennen, bei dem sich in diesem Jahr eine aus Münchner Sicht überaus spannende Konstellation ergeben hatte. Gleich drei Pferde aus dem Stall Salzburg gingen im wichtigsten Rennen des Jahres an den Start: Quest the Moon wurde flankiert von Runnymede und Wai Key Star, beides talentierte Pferde, wenn auch die Rollen klar verteilt waren: Sie sollten für Quest the Moon, geritten von Oisin Murphy, arbeiten. Der Plan ging lange Zeit auf, Runnymede gab das Tempo vor, Quest the Moon setzte sich auf der Schlussgeraden in Führung - dann kam Danceteria, den auch die Buchmacher als heißesten Kandidaten auf dem Zettel hatten. Der Wallach ging im Schlussspurt nach vorne und auch Wai Key Star zog noch an Quest the Moon vorbei.

"Ich hatte auch nicht unbedingt mit einem Sieg gerechnet", sagte Steinberg danach. Dass es nicht ganz reichte, habe zwei Gründe gehabt: "Er hatte nur drei Wochen Pause vom letzten Rennen und ist noch ein junges Pferd, das zehrt schon. Außerdem war der tiefe Boden für ihn alles andere als optimal. Aber wir sind mit ihm, genauso wie mit Wai Key Star, sehr zufrieden."

Der große Sieger beim Dallmayr-Preis war Danceteria, der im Absattelring freudig seine Kreise drehte, während sein Trainer sprach: "Wir haben uns kurz Sorgen wegen des Wetters gemacht", sagte Menuisier: "Aber er ist auch mit dem etwas tieferen Belag sehr gut zurechtgekommen." Jockey James Peter Spencer fasste die Qualität seines Pferds vielleicht am pointiertesten zusammen: "Ich weiß eigentlich gar nicht, wofür ich bezahlt werde."

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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