Basketball:Zwischen den Zeilen

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Dusko Savanovic, Flügelspieler des FC Bayern München, bestätigt seine starke Form beim 102:76-Erfolg gegen Ludwigsburg. Der Serbe besticht durch seine Spielintelligenz - Statistiken sind für ihn "der Tod des Basketballs"

Von Joachim Mölter, München

Nach jedem Spiel bekommen die Basketballer des FC Bayern München ein Blatt Papier in die Hand gedrückt. Dusko Savanovic faltet es ordentlich zusammen, er ist viel zu höflich, um es einfach wegzuschmeißen. Denn er findet: "Diese Zettel sind der Tod des Basketballs."

Auf diesen Zetteln sind die Statistiken des Spiels notiert, die der Teams und die jedes Einzelnen: Einsatzzeit, erzielte Punkte, Zahl der Würfe, Zahl der Treffer, unterschieden nach Zweier- und Dreier-Distanz, dann nach Würfen aus dem Feld insgesamt sowie Freiwürfen. Es folgen: eingesammelte Rebounds, in der Abwehr, im Angriff und insgesamt, sodann Vorlagen, Ballgewinne, Ballverluste, geblockte Würfe, Fouls. Es endet mit einer Spalte, in der alles mittels einer mathematischen Formel in Zusammenhang gebracht wird: Effektivität. In dieser Spalte hatte Savanovic zuletzt immer den Bestwert der Bayern-Profis. Trotzdem hält er wirklich nichts von "diesen Zetteln".

"Die Manager schauen sich nur noch diese Zettel an, wenn sie einen Spieler verpflichten wollen", sagt Dusko Savanovic, "nicht mehr den Spieler selbst." Dabei kann man anhand der Zahlen nicht alles beurteilen, zum Beweis faltet Savanovic sein Papier wieder auf und sucht die Zeile seines Teamkollegen Paul Zipser. Der hat an diesem Abend beim 102:76-Erfolg über die MHP Riesen Ludwigsburg unter anderem acht Rebounds in der Statistik stehen, so viele wie kein anderer. "Aber wo steht, was Zipser in der Abwehr wirklich geleistet hat?", fragt Savanovic.

In der Abwehr hat der junge Zipser den Ludwigsburger D.J. Kennedy aus der Partie genommen, den besten Scorer der Basketball-Bundesliga. Man hat das sehen müssen, wie Zipser Laufwege verriegelte und Passwege versperrte; nachlesen kann man es nicht, dafür gibt es keine Spalte auf dem Statistikzettel. Man versteht, was Savanovic meint, wenn er die Zahlenhörigkeit kritisiert.

Dusko Savanovic, der vor der Saison von Anadolu Efes Istanbul zum FC Bayern München gekommene Flügelspieler, hält generell nichts von der sogenannten Papierform. Auch nicht vor dem Pokal-Viertelfinale bei Alba Berlin an diesem Mittwoch (20 Uhr). Die Berliner schwächeln gerade ein wenig, am Sonntag haben sie zu Hause beim 83:89 gegen Oldenburg die Tabellenführung in der Basketball-Bundesliga verloren, "wir scheinen in besserer Form zu sein", sagte Savanovic am Samstag nach dem wettbewerbsübergreifend elften Sieg in Serie: "Aber das hat nichts zu bedeuten." Was heißen soll: Am Mittwoch fängt ein neues Spiel an, was vorher war, zählt dann nicht mehr. "Es ist ein K.o.-Spiel, beide Klubs haben die gleichen Ziele in dieser Saison, und das erste, das sie erreichen können, ist der Pokal", skizziert Savanovic die Rahmenbedingungen für den brisanten Vergleich zwischen Pokalsieger und Meister der vergangenen Saison.

"Für mich geht es beim Basketball darum, den Gegenspieler zu überlisten": Dusko Savanovic gelang dieser Plan im Spiel gegen Ludwigsburg ausgezeichnet. (Foto: imago/Eibner)

Dusko Savanovic mag solche "tough games", solche harten Spiele, in denen es um viel geht. Dafür habe der FC Bayern einen erfahrenen Spieler wie ihn ja geholt, glaubt der 31-Jährige. Aber er ist klug genug, um sich deswegen nicht zu sehr unter Druck zu setzen: "Auch erfahrene Spieler sind nur Menschen und können einen schlechten Tag haben", sagt er, "dann müssen die Jüngeren einspringen." Seine Aufgabe beim FC Bayern hat er zu Saisonbeginn ja so beschrieben: "Rennen, schwitzen und meine Erfahrung an die Jüngeren weitergeben."

Die profitieren tatsächlich von ihm. "Er ist ein sehr, sehr schlauer Spieler", hat Robin Benzing sofort festgestellt, "sehr vielseitig für seine Größe. Er kann passen wie ein Point Guard." Auch Ludwigsburgs Coach John Patrick schwärmte von Savanovic nach dessen 22-Punkte-Vorstellung in nur 19 Minuten: "Meine Spieler könnten viel von ihm lernen, was die Täuschungsmanöver angeht oder die Fußarbeit. Bei ihm sieht alles so einfach aus."

Alles dank seiner grundsoliden, vielseitigen Ausbildung, die er in der europäischen Basketball-Hochburg Serbien genossen hat, sagt Dusko Savanovic: "Ich habe meine ganze Karriere darauf aufgebaut." Er ist ja nicht der Athletischste oder der Schnellste auf dem Parkett, "aber ich nutze das, was mir die Natur mitgegeben hat, zu meinem Vorteil". Als da wäre: Spielverständnis, Spielintelligenz, handwerkliches Können. "Für mich", sagt Dusko Savanovic und packt sein Blatt Papier in die Jackentasche, "geht es beim Basketball darum, den Gegenspieler zu überlisten." Und das geht nicht, indem man ihm einen Zettel voller Zahlen unter die Nase hält.

© SZ vom 17.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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