Basketball:Zwei Arten von Schnäppchenjagd

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Münchens Zweitliga-Basketballerinnen in Aufbruchstimmung

Von Andreas Liebmann, München

Wahrscheinlich haben sie einige Blicke auf sich gezogen am vergangenen Samstag. Es passiert ja nicht alle Tage, dass aus einem Kleinbus acht großteils junge, über 1,80 Meter lange Frauen herausspringen, ausschwärmen und überfallartig durch die Ladenstraßen hetzen. Sie hatten es eilig, das Outlet-Center in Wertheim ist groß, und es sollte nur ein kurzes Päuschen sein für die Zweitliga-Basketballerinnen von Jahn München auf dem Weg zum Auswärtsspiel nach Mainz. Der Fahrer des Kleinbusses, Rüdiger Wichote, erläuterte mit einem Schmunzeln: "Das ist einer der Unterschiede, ob man eine Männer- oder eine Frauenmannschaft trainiert."

Wichote trainiert seit Jahren Frauenmannschaften, er verbindet weite Fahrten daher gerne mit Shopping-Abstechern. "Dann sind alle gut drauf", weiß er. Ohnehin seien die Kleinbusfahrten gut fürs Teamgefüge; so gut, dass er nie mehr Spielerinnen mitnimmt als in diesen einen Kleinbus passen. "Organisatorische, finanzielle und psychologische Gründe" habe es also, dass sein Team auswärts stets mit höchstens acht Spielerinnen antritt. "Sofern sich keine verletzt, reicht das", sagt er.

Im Detail dürfte es sich Wichotes Kenntnis entziehen, wie die Schnäppchenjagd seiner Frauen verlief, viel wichtiger war, dass die anschließende Korbjagd ein verblüffend gutes Ende nahm: 82:79 gewannen sie beim favorisierten ASC Theresianum Mainz. Ganze zwei Siege waren den Münchnerinnen in der Vorrunde gelungen, beide auswärts, und die Mainzerinnen führten nach dem ersten Viertel und einem verschlafenen Start der Gäste bereits 25:10. "Da war der Sieg doch sehr überraschend", gestand Wichote, wenngleich Mainz einer jener Gegner sei, die man "an guten Tagen" auch mal bezwingen könne. Wichtig bleibe für den Drittletzten nun, die beiden Schlusslichter auf Abstand zu halten, die DJK/MJC Trier und den BC Hellenen München: "Aber jetzt haben wir einen Sieg, den die anderen nicht haben."

Ein weiterer ist für diesen Sonntag eher nicht zu erwarten, daheim gegen den Tabellenzweiten Bamberg. Ansonsten aber ist Wichote zuversichtlich, nicht nur weil in Mainz neben den üblichen Verdächtigen, Magdalena von Geyr (17 Punkte) und Jezabel Ohanian (14), auch andere auffielen: Nicole Schmidt (22), Mirela Damaschek (14) und Nadine Walsh (12) trafen zweistellig, vor allem Walsh übernehme mehr Verantwortung. Der Kader hat sich im Winter nicht verändert. Allerdings sind Jella Molz, die drei Monate an einem Sozialprojekt in Südafrika teilnahm, und Alexandra Bieringer (zwei Auslandssemester) zurück. "Die Stimmung war die ganze Saison gut, trotz einiger knapper Niederlagen", sagt Wichote. "Wenn alle fit sind, wollen wir eher Richtung Mittelfeld als nach unten schauen."

Bei der TS Jahn hat sich Nicole Schmidt (li.) gesteigert; der BC Hellenen (re. Vera Galovic) hofft auf seine Neuen (Foto: Johannes Simon)

Solche Aussichten hätte auch Christian Maier gerne. Der junge Trainer des BC Hellenen kann im neuen Jahr weder von heiteren Shopping-Touren noch überraschenden Auswärtssiegen berichten, nur von einer 47:71-Niederlage bei den Towers Speyer-Schifferstadt. Der einzige Vorrundensieg war seinem Aufsteiger im November geglückt - ausgerechnet im Derby gegen Jahn München, mit dem er lange Zeit im Gleichschritt derbe Niederlagen eingefahren hatte. In Speyer will Maier Fortschritte erkannt haben, das Hinspiel (25:73) sei ja "eine Katastrophe" gewesen. Das Training während der Ferien habe sich schwierig gestaltet, im ersten Viertel habe es daher "Anlaufprobleme" gegeben, im vierten sei die Kraft ausgegangen. Die anderen Abschnitte waren ausgeglichen, wenngleich die Wurfquote mäßig blieb: Sibylle Wessels etwa traf bei einem von zehn Versuchen aus dem Feld, Katharina Dathe bei drei von 17. Dennoch wurde Spielmacherin Dathe mit 14 Zählern Münchens Topscorerin.

Die Lage für die Hellenen wirkt aussichtslos: 1:11 Siege, 594:900 Körbe. Maier versichert trotzdem, dass es in der Rückserie um mehr gehe als einen versöhnlichen Abschied: "Wir wollen unbedingt die Liga halten. Wir wären alle enttäuscht, wenn wir es nicht schaffen." Diese beharrliche Zuversicht beruht darauf, dass sich der Kader inzwischen auf mehr als zwei Kleinbusladungen erweitert hat, nicht nur durch Ergänzungsspielerinnen: Vor der Winterpause war Jadranka Mladan zum Kader gestoßen. Die 44-Jährige war zuletzt Topscorerin beim Regionalliga-Meister FC Bayern München, in ihrem ersten Einsatz kam sie auf 15 Punkte und zehn Rebounds. "Von ihr erwarte ich, dass sie eine Wand unter dem Korb ist und mit ihrem Super-Jumper, ihrem Biss und ihrer Erfahrung Akzente setzt", sagt Maier. Ebenfalls neu ist Susanne Kernl, 32. Die ehemalige Nationalspielerin war in Schwedens erster Liga aktiv, wo sie mit den Visby Ladies Gotland vor neun Jahren schwedische Meisterin wurde. Nach vierjähriger Pause wegen Knieproblemen müsse sie sich erst hineinfinden, sagt Maier, "wir erwarten keine Wunderdinge. Aber sie tut der Mannschaft gut und kann hundertprozentig weiterhelfen". Seit Donnerstag steht auch die Bosnierin Nikolina Marceta, 21, im Kader. Sie kommt aus Bad Aibling, soll Gefahr von außen bringen und die Wurfquote verbessern. Als neuer Co-Trainer fungiert André Hofmann.

Am Sonntag sollen Mladan, Kernl und Marceta spielen. Zu Gast sind die Frauen von Theresianum Mainz. Sie werden etwas gutmachen wollen nach ihrer Niederlage gegen Jahn München. Ob sie unterwegs in einem Shopping-Center Halt machen, ist nicht bekannt.

© SZ vom 16.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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