Basketball:Wuchtige Hoffnung

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Viel trainiert, viel gelernt, viel abgeschaut: Paul Zipser war gegen Bilbao bester Münchner. (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Paul Zipser gibt dem FC Bayern Grund zur Freude

Von Ralf Tögel, München

Paul Zipser nahm sich Zeit. Langsam schlenderte er zu den Medienvertretern herüber und stellte sich aufgeräumt den Fragen. Den Heidelberger als unaufgeregten Zeitgenossen zu beschreiben, ist fast ein wenig untertrieben. Der 21-Jährige wählt seine Worte mit Bedacht, spricht langsam und ruhig. Man musste schon genau hinsehen, um den Menschen zu erkennen, der da ein paar Minuten vorher auf dem Basketballfeld regelrecht explodiert ist. Zipser war der auffälligste Bayern-Spieler, was alleine schon bemerkenswert ist angesichts der hochkarätigen Kollegen. Doch nicht nur sein Spiel ist momentan aufregend, auch seine Entwicklung macht den Nationalspieler wohl zu einer der interessantesten Figuren im deutschen Basketball. Nur einen Schönheitsfehler hatte der famose Auftritt des Flügelspielers am späten Mittwochabend: Die Bayern hatten das Eurocup-Spiel gegen Bilbao mit 88:90 verloren und damit den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale verpasst.

Was sicher nicht an Zipser lag, der im Gegensatz zum Gros seiner Teamkameraden eine absolute Topleistung bot. Das sah selbst sein Trainer so: "Wir haben heute ein Spiel verloren, aber die Erkenntnis gewonnen, dass Paul Zipser in solchen Spielen Verantwortung übernehmen kann." Neben Zipser bekam Zugang Justin Cobbs ein Sonderlob von Pesic, der sich die explizite Beurteilung einzelner Akteure ansonsten verbittet. Überhaupt präsentierte sich der Serbe überraschend gut gelaunt für einen Coach, der einer Niederlage erfahrungsgemäß so gar nichts Positives abgewinnen kann. Immerhin wird so aus dem bedeutungslosen letzten Heimspiel der Eurocup-Vorrunde ein Endspiel, ein Sieg gegen den türkischen Vertreter Bandirma am kommenden Mittwoch ist Voraussetzung für das Vorrücken ins Achtelfinale.

Zipser also. 22 Punkte, 100 Prozent Trefferquote bei Dreiern und Freiwürfen, 88 Prozent aus der Halbdistanz, sechs Rebounds, mit knapp 28 Minuten die längste Spielzeit im Team: Nicht nur mit diesen Topwerten wusste der 2,03 Meter große Zipser zu beeindrucken, er agierte trotz aller Wucht mit viel Beweglichkeit und Präzision in seinen Aktionen. Immer wieder war der vielseitige Flügelspieler, der auch Guard spielen kann, von schweren Verletzungen zurückgeworfen worden, doch "das haben wir hier mit der medizinischen Abteilung ganz gut gemeistert", sagt Zipser, der sich augenscheinlich in einer blendenden körperlichen Verfassung präsentiert. Während sich die öffentliche Wahrnehmung in München meist auf den viel gepriesenen Zugang Maxi Kleber kapriziert, der erneut nicht zum Einsatz kam, ist es Paul Zipser, der sich im Klub wie im Nationalteam stetig weiterentwickelte und mittlerweile einer der hoffnungsvollsten deutschen Spieler ist. Der 21-Jährige sieht die Ursachen für seinen bemerkenswerten Leistungsschub vor allem im mentalen Bereich: "Ich habe im letzten Jahr viel Vertrauen in mich selbst gewonnen", sagt er ruhig, er wisse nun, wozu er auf dem Basketballfeld fähig sei. Vor allem der Sommer habe ihm geholfen, das zu realisieren: "Ich habe viel an meinem Körper gearbeitet", erklärt Zipser, der vor allem sein Spiel in der Defense deutlich verbessert hat. Bei der Europameisterschaft im September hatte er von Nationaltrainer Chris Fleming speziell in dieser Disziplin Bestnoten erhalten, Zipser konnte sich in Berlin viel Respekt auf internationalem Terrain erarbeiten. Und er hat dazugelernt, wie er sagt, etwa in den Vorbereitungsspielen gegen Frankreich: "Man kann sich von Spielern wie Nicolas Batum viel abschauen", sagt er, der Franzose spielt dieselbe Position und derzeit in der NBA für Charlotte.

Aus seinem Faible für die nordamerikanische Profiliga hat Zipser nie einen Hehl gemacht, vorerst gilt sein Augenmerk Bundesliga und Eurocup. Auch das Heimspiel gegen Bandirma werde schwer, glaubt er, die Türken hätten zwar keine großen Namen, aber eine starke Mannschaft. Wie die Münchner, von denen Coach Pesic noch meinte: "Wenn alle Spieler gut spielen, verlieren wir so ein Spiel nicht." Dabei hatte er wohl Paul Zipser im Sinn.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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