Basketball:Vom Parkplatz bis zum Sitzplatz

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Das Konzept für das Bundesliga-Finalturnier vor leeren Rängen im Audi Dome – im Bild Münchens Paul Zipser (li.) gegen Ludwigsburgs Nick Weiler-Babb – hat sich bewährt: „So konnten wir uns ganz auf die Fragen konzentrieren, die Zuschauer betreffen“, sagt Gesundheitsexperte Florian Kainzinger. Sogar die NBA nahm bei ihm Anleihen. (Foto: Markus Ulmer/imago)

Der FC Bayern stellt sein Hygienekonzept für Spiele mit Zuschauern vor. Zum Start sollen es 1400 sein, später biszu 3000.

Von Ralf Tögel, München

Marko Pesic hat in diesen Tagen etwas gelernt. Nicht etwa auf einem Managerlehrgang - sondern im Münchner Gesundheitsamt. Er sei jemand, der in der Lage ist, Texte schnell zu lesen, erzählt der Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern München, doch "das bringt in diesem Fall nichts". Fünfmal habe er teils nachlesen müssen, um alles zu verstehen. "Das habe ich jetzt gelernt." Ein 80-seitiges Schriftstück sei ihm in die Hand gedrückt worden, voll mit Vorgaben, Regeln und Maßnahmen, die sein Klub umzusetzen hat. Denn der Plan ist, im Oktober zum Start der Euroleague-Saison wieder vor Publikum Basketball zu spielen.

Dafür hat die Politik nun mit der Grundsatzentscheidung, Hallensport wieder mit bis zu 1000 Zuschauern respektive maximal 20 Prozent der Hallenkapazität zuzulassen, den Weg geebnet. Versehen mit der Maßgabe, dass der Wert der so genannten Sieben-Tage-Inzidenz (wie viele Menschen infizieren sich in einer Woche bezogen auf 100 000 Einwohner) die Ziffer 35 nicht übersteigt. Um Sicherheit in der Halle zu gewährleisten, haben die FCB-Basketballer erneut auf die Dienste eines Fachmanns zurückgegriffen. Florian Kainzinger, Gesundheitsökonom, Geschäftsführer und Managing Partner der Think.Health Ventures Berlin hat federführend das Konzept für den bevorstehenden Testbetrieb ausgearbeitet. Bundesweit wurde beschlossen, dieses Modell in einer sechswöchigen Phase bis Ende Oktober zu beobachten, um gegebenenfalls neue Schlüsse zu ziehen. Die Bundesländer behalten sich dabei vor, die Vorgaben individuell anzupassen. Für die Bayern bedeutet das, dass zur Partie gegen Armani Mailand, mit der der entthronte deutsche Meister am 2. Oktober in die Saison startet, "etwa 1400 der zugelassenen 6700 Zuschauer in die Halle dürfen", so Pesic, worüber er "einfach nur glücklich" sei. Es sei ein erster Schritt, dass der Klub nach einem halben Jahr ohne Zuschauer diese zurück in die Halle holen könne. Was sich angesichts des eingeschränkten Angebots zunächst auf Dauerkarteninhaber beschränkt, die etwa 40 Prozent der Tickets halten. "Viele von ihnen haben auf eine Rückerstattung verzichtet - jetzt können wir etwas zurückgeben", sagt Pesic. Er sei zuversichtlich, dass die Kapazität nach der Testphase erhöht wird, was zuvorderst an der Arbeit von Kainzinger liegt. Der Gesundheitsexperte hat am Hygienekonzept der Fußball-Bundesliga mitgewirkt und mit dem FCB und der Bundesliga das Konzept für das Finalturnier um die deutsche Meisterschaft erarbeitet - ein weltweites Pilotprojekt, von dem sogar die NBA abkupferte.

Auch Kainzinger ist optimistisch, dass der Audi Dome der Testphase standhält. Das Konzept ohne Fans habe sich bewährt: "So konnten wir uns ganz auf die Fragen konzentrieren, die Zuschauer betreffen." Wie der aktive Teil, also Spieler, Schiedsrichter und Offizielle, zu schützen seien, wisse man bereits, nun gelte es, dies auch auf die Tribünen zu übertragen: "Wir können aus den Erfahrungen des Finalturniers viel übernehmen", sagt Kainzinger. Die betagte Halle habe dem Vorhaben in die Karten gespielt, denn das Lüftungssystem tausche im Gegensatz zu vielen neuen Hallen mit Umluftsystemen die Luft komplett aus: "Das wurde zu einer Zeit entwickelt, als Rauchen noch erlaubt war."

Kernpunkte des Konzepts sind personalisierte Tickets mit Zeitfenstern, Maskenpflicht, wobei spezielle OP-Masken vom Verein ausgegeben werden, Alkoholverbot. Das Catering wird vor die Halle verlagert. "Wir werden einen dritten Ring vor dem Dome einrichten", erklärt Pesic, oberstes Gebot sei, dass es wenig Bewegung und keinesfalls Schlangen gebe, Getränke werden an den Platz gebracht, der Toilettenbetrieb von Sicherheitspersonal koordiniert. "Der Fan hat auf dem Ticket ein Zeitfenster, in dem er kommen muss, dann wird er praktisch vom Parkplatz auf den Sitzplatz geleitet. So stellen wir stellen sicher, dass der Zuschauer nichts Großartiges vermisst, aber alle Verordnungen eingehalten werden." Die Zuschauer werden in Blöcken platziert, auf die Abstandsregeln zwischen den Gruppen wird streng geachtet werden. Kainzinger hält einen Betrieb mit 3000 Zuschauern für problemlos möglich und erinnert daran, das alle Untersuchungen für geschlossene Räume von viel kleineren Örtlichkeiten ausgehen. "Das Ansteckungsrisiko in gut belüfteten und so großen Räumen mit wenigen Zuschauern ist gering", sagt der Experte.

Entscheidend sei, dass sämtliche Regeln vom Parkplatz bis zu Sitzplatz eingehalten werden, und dafür, so Pesic, werde man mit zusätzlichem Sicherheitspersonal Sorge tragen.

© SZ vom 21.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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