Basketball:Uli Hoeneß hebt den Zeigefinger

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Der FC Bayern spielt beim 98:95 gegen Bremerhaven erneut uninspiriert, selbst der Präsident zeigt seinen Unmut. Dennoch sind die Münchner nun vorzeitig Vorrundenerster.

Von Matthias Schmid, München

Es waren am Sonntagnachmittag gerade mal zwei Minuten und acht Sekunden gespielt, als Devin Booker bäuchlings auf dem Boden lag. Er stand aber nicht einfach auf, sondern stützte sich mit den Armen ab, ein, zwei Liegestütze vollführte der Basketballer des FC Bayern erst, bis er seinen Körper wieder in die aufrechte Position brachte.

Die Bundesligapartie gegen den Tabellenvorletzten Eisbären Bremerhaven wurde aber alles andere als eine lockere Trainingseinheit für die Bayern-Spieler. Erst 17,3 Sekunden vor der Schlusssirene sicherte der Dreipunktewurf von Spielmacher Stefan Jovic, der mit 17 Punkten die meisten Zähler sammelte, einen äußerst zähen 98:95 (46:50)-Sieg. Der reichlich uninspirierte Auftritt genügte den Münchnern allerdings, um die Hauptrunde als Erster zu beenden. Der ärgste Verfolger Alba Berlin verlor überraschend 87:102 in Gießen und kann die Bayern vor dem letzten Spieltag am 1. Mai (der FCB spielt in Bonn) nicht mehr vom ersten Platz verdrängen. Dieser bringt der Mannschaft von Dejan Radonjic den Heimvorteil in den Playoff-Spielen bis ins Finale.

"Wir sind froh, dass es so ausgegangen ist", bekannte Maik Zirbes nach der Partie, "unser Fokus war nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten." Nach dem 87:72-Sieg am Freitag bei Absteiger Walter Tigers Tübingen staunten die Zuschauer gegen Bremerhaven zunächst über die großen Lücken, die sich den Gästen darboten, sie kamen zu freien Würfen oder stopften völlig unbedrängt den Ball per Dunk in den Korb. Im ersten Viertel verteidigten die Bayern-Spieler mit so wenig Energie, als wären sie gerade von der Liegewiese des benachbarten Westparks in die Arena geschlurft. Es fehlte nicht nur die Spannung, sondern vor allem auch die Ernsthaftigkeit, den Gegner von Anfang an in die Resignation zu treiben. "Viel zu soft" sei die Abwehrarbeit gewesen, formulierte Radonjic später. So war es nicht verwunderlich, dass die Gäste nach einem Dreier von Johnny Berhanemeskel (7.) bis auf zehn Punkte enteilt waren (22:12). Nach dem ersten Viertel lagen die Norddeutschen mit 26:19 Punkten vorne.

In der zweiminütigen Viertelpause schien Bayern-Trainer Radonjic zunächst die richtigen Worte gefunden zu haben. Seine Spieler traten energischer in der Abwehr auf und kamen so im Angriff zu einfachen Punkten. Ein sogenannter Floater von Braydon Hobbs über seinen Gegenspieler hinweg führte nach einer Viertelstunde zum 31:31. Doch wer nun glaubte, dass das berühmte Momentum nun auf Bayern-Seite wechseln würde, der irrte. Zwar bescherte Jovic mit einem erfolgreichen Dreier seinem Team die erste Führung seit dem ersten Viertel (36:35). Doch die hatte nicht lange Bestand, weil Bremerhaven vieles richtig machte und vor allem von jenseits der 6,75 Meter entfernten Dreierlinie häufig traf. So stellte der Kanadier Berhanemeskel mit seinem vierten Dreier den 50:46-Pausenstand her.

Nicht die Bayern-Spieler, sondern die Trampo-Brothers begeistern die Zuschauer

Danach wurde es zunächst nicht wirklich besser. Vielleicht hätten sich die Münchner in der Pause von den "Trampo-Brothers" aus der Ukraine inspirieren lassen sollen, den drei Sprungwundern auf dem Trampolin, die mit ihren waghalsigen Flugeinlagen die Zuschauer mehr begeisterten, als es die Bayern-Profis vermochten. Denn die konnten den Rückstand nicht verringern, im Gegenteil: Bremerhaven führte wieder nach einem Dreier von Jordan Hulls mit neun Punkten (61:52), als Radonjic eine weitere Auszeit nahm, um Korrekturen vorzunehmen und seine Spieler wachzurütteln, was zunächst nicht wie erhofft gelang. Vor dem Schlussviertel lag Bayern mit 70:72 hinten.

Dann folgte der Auftritt von Uli Hoeneß. Der Bayern-Präsident hatte sich empört von seinem Sitz in der ersten Reihe erhoben und war ein, zwei Schritte aufs Parkett gelaufen. Ihm hatte überhaupt nicht gefallen, was er da zu sehen bekam, mit erhobenem Zeigefinger ging er auf Vladimir Lucic zu und flüsterte ihm ein paar Worte zu. Es werden motivierende Worte gewesen sein, Lucic, der wegen Schulterproblemen nicht auflaufen sollte, war danach einer der eifrigsten und brachte sein Team 37,6 Sekunden vor der Schlusssirene mit 93:90 in Führung, die Entscheidung besorgte dann Jovic. Nach der Partie, nach dem 98:95-Sieg, eilte Hoeneß wieder aufs Parkett, diesmal verteilte er einen anerkennenden Klaps auf die Schulter von Jovic. Der Präsident war besänftigt.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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