Basketball:Trachten-Schrank

Lesezeit: 3 min

Der französische National-Center Mathias Lessort ist einer von sieben Zugängen beim deutschen Meister FC Bayern. Ziel ist die Titelverteidigung - und die Playoff-Runde in der Euroleague.

Von Marie Schneider und Ralf Tögel

Nein, ein Kostüm hat er noch keines, sagt Mathias Lessort. Aber auf dem Oktoberfest war er aber schon, erzählt der französische Basketball-Profi, es war sozusagen die erste offizielle Amtshandlung für seinen neuen Arbeitgeber, den FC Bayern München. Für den will er in der kommenden Spielzeit einen angemessenen Beitrag leisten, um die hohen Erwartungen zu erfüllen. An denen hat der Center von der Karibik-Insel Martinique schließlich einen nicht unerheblichen Anteil, denn der 23-Jährige ist Teil jener Zugänge beim deutschen Meister, die den Verein auf ein neues Level heben sollen. Der Meistertitel in der deutschen Bundesliga ist fest eingeplant, übergeordnetes Ziel ist die K.o.-Runde der letzten acht Mannschaften in der europäischen Königsklasse. Das ist bislang noch keiner deutschen Mannschaft gelungen.

Dass diese Aussicht für seinen Wechsel vom spanischen Erstligisten CB Malaga der erste Antrieb war, daraus macht Lessort keinen Hehl: "Die Euroleague", antwortet er wie aus der Pistole geschossen auf die Frage nach dem Antrieb für die Veränderung, "das war der Hauptgrund". Ziel seien die Playoffs: "Dann kann alles passieren." Malaga ist nur im Eurocup notiert, dem zweithöchsten kontinentalen Wettbewerb. Die Euroleague ist das Schaufenster für Basketballprofis, das auch in Übersee gesehen wird. Außerdem habe er große Lust, die Bundesliga kennenzulernen, er will sich "in München weiterentwickeln", und, ach ja, natürlich die Meisterschaft holen. Den FC Bayern habe er natürlich gekannt, sagt Lessort noch, "der Verein ist in Europa sehr bekannt und in Deutschland sehr erfolgreich."

Falsche Medaille: Mathias Lessort und die Equipe Tricolore scheiterten im WM-Halbfinale an Argentinien. Nach dem Coup gegen die USA hatten die Franzosen auf den ganz großen Wurf gehofft – und waren am Ende trotz Bronze „frustriert“. (Foto: Jayne Russell/imago)

Lessort ist der letzte Neuankömmling im Kader von Trainer Dejan Radonjic, was zuvorderst mit seinen starken Leistungen zu tun hat. Denn der Center mit der imposanten Statur von 2,06 Meter und einem Kreuz wie ein Wandschrank war bei der Weltmeisterschaft in China deutlich länger beschäftigt als die Kollegen aus der deutschen Auswahl. Während nämlich Maodo Lo, Danilo Barthel und Paul Zipser schon in Richtung FCB-Kader abgereist waren, war Lessort damit beschäftigt, im Viertelfinale den haushohen Favoriten USA aus dem Wettbewerb zu kicken und zu guter Letzt die Bronzemedaille gegen Australien zu gewinnen. Beim Sieg im ersten Spiel gegen Deutschland blieb er noch auf der Bank, umso mehr freue er sich nun, mit den deutschen Nationalspielern zusammenzuspielen.

Lessort ist neben Leon Radosevic und Greg Monroe als Center für das Spiel unter dem Korb zuständig. Gerade in diesem Bereich hatte die Sportliche Leitung im internationalen Vergleich ein gewisses Defizit identifiziert. Der Weggang von Devin Booker zum finanzstarken Klub Khimki Moskau ist also bestens kompensiert, das Center-Trio des FC Bayern dürfte auch in der Euroleague keinen Vergleich scheuen. Prominentester Akteur ist freilich Monroe, der mit der Empfehlung von 632 Spielen in der NBA an die Isar kam. Sein französischer Teamkollege gibt sich aber ebenfalls sehr selbstbewusst. Die Bronzemedaille, so lässt er wissen, habe ihn und das französische Nationalteam "frustriert" zurückgelassen, man habe sich besonders nach dem Coup gegen die amerikanische NBA-Auswahl durchaus mehr ausgerechnet.

In München gehe es erst einmal darum, sich an die Kollegen zu gewöhnen, die hätten einen gewissen Vorsprung: "Sie haben schon zusammen gespielt, kennen die Automatismen. Ich muss jetzt jedes Mal doppelt aufpassen, um die Systeme kennenzulernen. Ich muss mich mit der Mannschaft erst noch einspielen." Den Kader schätzt er hoch ein, auf jeder Position stünden mindestens zwei Topspieler. Besonders seine Position ist exzellent besetzt, worin der 23-Jährige aber einen Vorteil sieht, denn Monroe, Radosevic und er sind Spieler mit unterschiedlichen Stärken. Der 29-jährige US-Amerikaner glänzt mit großer Übersicht, seine Erfahrung lässt ihn instinktiv die perfekte Position für das Spiel mit dem Rücken zum Korb einnehmen. Monroe hat zudem für einen Center ungewöhnlich viele Assists. Radosevic ist ein unermüdlicher Arbeiter, der unter dem Korb rackert und sich zweite Wurfchancen erarbeitet. Lessort schließlich enorm vielseitig, kann auch auf als Power Forward eingesetzt werden - wie im französischen Nationalteam. Er ist enorm athletisch, sehr dynamisch und zieht mit großer Wucht zum Korb. Das Rüstzeug für die Center-Position, körperliche Präsenz und ein überdurchschnittliches Reboundspiel, darf allen zugestehen.

In Summe ist der Frontcourt der Münchner, zu dem ja noch die wuchtigen Flügelspieler wie Barthel, Zipser, Josh Huestis oder Vladimir Lucic zählen, enorm stark bestückt. Lucic ist wie Lessort erst kürzlich zum Kader gestoßen, er war mit Serbien ebenfalls bei der WM in der K.o.-Runde, wo der Mitfavorit im Viertelfinale überraschend an Argentinien scheiterte. Am kommenden Montag werden beide gemeinsam gegen Aufsteiger Hamburg Towers verspätet in die Bundesliga-Saison starten, schon am Donnerstag gastiert zum Euroleague-Auftakt Mailand. Und wer weiß, vielleicht gibt es demnächst eine Tracht für die Spieler, ganz nach dem Vorbild der Fußballer.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: