Basketball:Springlebendig

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Schwer zu bremsen: Auf den ersten Metern kann mit Jezabel Ohanian kaum jemand mithalten. (Foto: Claus Schunk)

Jezabel Ohanian, 38, besticht in der zweiten Basketball-Liga immer noch durch Dynamik

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Frauenbasketball ist eine kleine Welt. In dieser Welt ist es nicht ungewöhnlich, dass sich Spielerinnen im Laufe ihrer Karriere mehrmals über den Weg laufen. Auch Jezabel Ohanian hat am vergangenen Wochenende eine alte Bekannte wiedergetroffen, in der Zweitligapartie ihrer TS Jahn München gegen Tabellenführer Fireballs Bad Aibling. Deren Center Jessica Höötmann kennt sie aus der Zeit, als beide zusammen beim Erstligisten Wolfenbüttel unter Vertrag waren. Nach dem Spiel blieb Höötmann noch in München, tags darauf schlenderte sie mit Ohanian durch den Englischen Garten. Höötmann, groß gewachsen, Ohanian 20 Zentimeter kleiner, auf dem Spielfeld aber umso dynamischer. Auch in Bad Aibling hatte Ohanian vor drei Jahren kurz Station gemacht, auch da hatten sich die Wege mit Höötmann gekreuzt.

Das sportliche Duell ging zugunsten des Tabellenführers aus, der nach dem Abstieg aus der ersten Liga mit US-amerikanischen Profis die sofortige Rückkehr plant. Doch mit 67:74 verlor die Jahn-Formation knapper als erwartet. "Jezabal ist besonders motiviert gegen uns", stellte Bad Aiblings Trainer Oliver Schmidt anerkennend fest. In einem famosen zweiten Viertel hatte sie mehrere unnachahmliche Soli gezeigt, schnappte sich den Ball und umkurvte auf dem Weg zum Korb gleich mehrere Gegenspielerinnen. Auf zehn Punkte kam sie bis zur Halbzeit, dabei blieb es allerdings, weil Schmidt sie fortan stärker bewachen ließ. Ihre Freundin Höötmann steuerte zum Aiblinger Sieg zwölf Zähler bei.

Für eine ganz große Überraschung unterliefen der Jahn-Formation zu viele Turnovers, also Ballverluste. Auch Ohanian war mit einigen unglücklichen Aktionen daran beteiligt. "Einmal ist mir der Ball auf den Fuß gesprungen. Das war ärgerlich in der Phase, als wir aufgeholt haben", übte sie Selbstkritik. Für München ist Ohanians athletisches Spiel unentbehrlich. "Es ist immer wieder eindrucksvoll, wie Jeza sich in die Menge reinstürzt", sagt Trainer Rüdiger Wichote, er lobt ihr dynamisches Umschaltspiel. "Da geht sie keinem Kontakt aus dem Weg." Früher hatte sie Power für die volle Spielzeit, jetzt für etwas weniger. "25 Minuten Vollgas geht immer noch", versichert Ohanian. Sie ist gerade 38 Jahre alt geworden und sicher eine der ältesten Spielerinnen der zweiten Liga. An Schnelligkeit mangelt es ihr keineswegs. Auf den ersten Metern kann kaum eine Jüngere mithalten. "Ich kenne meinen Körper und weiß, wie ich ihn trainieren muss", sagt die Sportwissenschaftlerin. Sie sei nie die Talentierteste gewesen, aber: "Mit Athletik kann man viel erreichen." Auch den Mitspielerinnen gibt sie Fitness-Tipps. "Sie hat nicht nur Sport studiert, sie lebt es auch", lobt Wichote. Ohanians Energie übertrage sich gerade auf die Jüngeren im Team.

Jezabel Ohanian kommt aus einer sportlichen Familie. Sie ist in Oberursel in der Nähe von Frankfurt aufgewachsen, spielte als Kind Tennis, betrieb Leichtathletik und Turnen, bis sie beim Leichtathletik-Wintertraining Basketball entdeckte und ihren Eltern mitteilte: "Das ist jetzt meine Sportart." Nach dem Abitur und einem Au-PairJahr in den USA kam sie nach München. Beim MTSV Schwabing war sie ab 1999 Leaderin und Topscorerin, sie stieg mit dem Team in die erste Liga auf. Die Jahre beim MTSV mit Trainer Bastian Wernthaler fallen ihr als erstes ein, wenn sie an ihre lange Karriere denkt. Familiär sei es gewesen, "unter den Spielerinnen gab es viele Freundschaften, auch außerhalb der Halle."

2006 wurde sie deutsche Nationalspielerin und wechselte nach Wasserburg. Danach versuchte sie sich als Profi in Italien und Spanien. 2010 kehrte sie nach Wasserburg zurück und wurde deutsche Meisterin, dann kamen Bad Aibling und München. Bei der FT Jahn betreibt sie Basketball "als Ausgleich im Leben", wie sie sagt. Ohanian arbeitet in Wasserburg in einem Therapiezentrum. In der zweiten Bundesliga kann sie allemal noch mithalten. Obwohl sie nur 1,70 Meter misst, fischt sie auch gegen Größere viele Rebounds, sie gleicht das durch enorme Sprungkraft aus.

Wie es weitergeht? "Ich schaue von Jahr zu Jahr", sagt Ohanian. Ein Ende ihrer Basketballzeit ist noch nicht absehbar. Auch weil die Kameradschaft bei Jahn München ähnlich sei wie einst in Schwabing. Auch hier hat sie auf ihrer Tournee durch das deutsche Frauenbasketball eine ehemalige Mitspielerin wiedergetroffen: Magdalena von Geyr. Beide hatten schon mehrere Jahre in Schwabing und bei München Basket zusammengespielt. "Jeza ist ein Phänomen", sagt von Geyr voller Hochachtung: "Ihre Präsenz auf dem Feld ist immer noch grandios und für uns enorm wichtig."

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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