Basketball:Serientauglich

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Der FC Bayern München kann das Playoff-Viertelfinale mit dem dritten Sieg in Berlin vorzeitig beenden.

Von Ralf Tögel, München

Langeweile wurde dieser Serie unterstellt. Nein, damit ist nicht irgendein neues TV-Format gemeint, in dem irgendwelche Randgruppen in einer pseudo-dokumentarischen Soap die Nation an ihren Alltag teilhaben lassen - ob sie will oder nicht. Die Rede ist vom Playoff-Viertelfinale zwischen den Basketballvereinen FC Bayern München und Alba Berlin, das bekanntlich im Modus "Best of five" gespielt wird, also das Team zum Sieger kürt, das als erstes drei Spiele gewinnt. Allein das Promi-Aufkommen in den Hallen wäre zwar auch TV-Serien-tauglich, in München etwa ist neben den regelmäßig auftauchenden Fußball-Profis schon so manche lokale Berühmtheit gesichtet worden. Was auch an der Spannung dieser Serie liegen mag, Teil drei lief am Samstagabend: Der Gastgeber unter Druck, spielt groß auf, verliert den Faden, sieht wie der Verlierer aus und dreht das Spiel in der letzten Minute: Happy End. Das Drehbuch hätte aus Münchner Sicht nicht besser geschrieben sein können. Es war ein hoch dramatischer Abend, der Druck des Gewinnenmüssens lastete schwer auf den Bayern-Schultern. Gleichwohl haben sie es hinbekommen, in diesem intensiven, energiegeladenen und bis zum Schluss offenen Spiel.

Nach dem 80:73 sind die Bayern wieder im Vorteil, das Team von Trainer Aleksandar Djordjevic hat im vierten Duell an diesem Dienstag (20.30 Uhr) in Berlin den ersten Matchball. Nun ist Alba zum Siegen verdammt, die Berliner haben aber gezeigt, dass sie dazu in der Lage sind - entgegen aller Prognosen. Dreimal waren die Münchner im Saisonverlauf bisher zu Gast in der riesigen Arena am Ostbahnhof, die 14 500 Zuschauern Platz bietet. Zweimal befeuerten sie das Bild des überlegenen Favoriten, in der Liga gewann der FCB mit 80:56 Punkten, kurz darauf im Halbfinale des Pokals 78:70. Weil die Berliner kurz vor den Playoffs Trainer Ahmet Caki nach einer unbefriedigenden Vorrunde entließen, in Dragan Milosavljevic sich ihr bester Spieler verletzte und ihnen die Bayern im ersten Playoff-Spiel mit 95:68 das Fell über die Ohren zogen, war der Sweep, so heißt es, wenn ein Team mit 3:0 aus einer Playoff-Runde gewischt wird, praktisch gebucht.

Nur ein Spiel später sind die Albatrosse aus ihrer Asche auferstanden, nach dem 83:76-Heimsieg reisten die Berliner sehr selbstbewusst nach München. Nicht zu Unrecht, Alba hatte das dritte Viertel dominiert, musste sich den Bayern erst in der Schlussphase geschlagen geben. Berlins Geschäftsführer Marco Baldi sprach von einer "Energiefrage", ein erheblicher Teil dieser Vitalisierung kam von den Rängen, in der Pause hatte der Bayern-Hallensprecher einen flammenden Hilferuf an die Fans gerichtet: "Wir brauchen euch jetzt." Nun darf Berlin auf jenen Schub hoffen, schon im ersten Heimspiel peitschte die Kulisse, die dieses Mal doppelt so groß sein dürfte, ihr Team leidenschaftlich nach vorne. Längst ist die vermeintliche Abreibung des Außenseiters zu einem sehenswerten Playoff-Duell geworden, der Ausgang ist völlig offen - wenngleich die Bayern die besseren Karten haben.

Zumal Djordjevic auf einen Einsatz von Danilo Bartel hoffen kann. Der Nationalspieler wird in der Rotation schmerzlich vermisst, Albas Strategie, die beiden wuchtigen Bayern-Center Maik Zirbes und Devin Booker früh in Foul-Probleme zu bringen, ist zuletzt recht gut aufgegangen. Der FCB-Coach hatte ohnehin im Spiel unter dem Korb ein Defizit ausgemacht, der seit Wochen in starker Form spielende Barthel wäre eine willkommene Verstärkung.

Bessere Karten: Wolfgang Heyder, jahrelang Geschäftsführer in Bamberg, tippt auf die Bayern

Ob er spielen kann ist offen, immerhin bestieg der 2,08-Meter-Mann am Montagabend den Flieger gen Hauptstadt. Dass es auch ohne ihn gereicht hat, ist Beleg der individuellen Möglichkeiten der Münchner, der Trainer weiß, dass es erneut einen Kraftakt benötigen wird: "Es wird nicht weniger fordernd", sagt Djordjevic, und: "Wir respektieren den Gegner sehr."

Längst ist die Serie nicht nur für Münchner Sternchen interessant, im Dome am Westpark war zuletzt auch viel Fach-Publikum zugegen. Darunter Wolfgang Heyder, dem jahrelangen Geschäftsführer wird die Erfindung der Baskets Bamberg nachgesagt. Kürzlich ist Heyder in seiner neuen Funktion als sportlicher Leiter der Oettinger Rockets in die erste Liga aufgestiegen, Gotha ist somit in der kommenden Saison auch Gegner von Berlin und Bayern. Es war aber keine Gegner-Beobachtung, die ihn nach München führte, es war sportliches Interesse. Heyder tippt im Übrigen, dass sich die Bayern 3:1 durchsetzen. Dann würde bald eine neue Serie beginnen, die nicht weniger spannend wird.

© SZ vom 16.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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