Basketball:Rückkehr eines Verwandelten

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FC-Bayern-Guard Nihad Djedovic war lange Zeit unglücklicher Außenseiter unter seinem neuen Trainer Alexandar Djordjevic. Mittlerweile hat er seine neue Rolle gefunden.

Von Matthias Schmid, München

Er verbringe viel Zeit in Barcelona und Belgrad, erzählt Svetislav Pesic gut gelaunt. Er lächelt entspannt, als er am Sonntagabend auf dem Spielfeld steht und seine ehemaligen Spieler per Handschlag begrüßt. Pesic, 67, geht es gut, "ich genieße meinen Ruhestand", sagt der frühere Cheftrainer des FC Bayern mit einem gesunden, braunen Teint. Täglich arbeite er drei Stunden daran, nach einer Hüft- und Knieoperation wieder schmerzfrei gehen zu können. Aber ganz loslassen vom Basketball kann er nicht. Wenn er in München weilt und seine Kinder besucht, schaut er natürlich auch noch bei den Spielen vorbei. So wie am Sonntagabend beim mühelosen 98:68-Sieg gegen Aufsteiger Science City Jena.

Er fremdelte unter dem neuen Trainer. Er warf, wenn er passen, und passte, wenn er werfen sollte

Ein Bayern-Profi freute sich besonders, seinen alten Förderer wiederzusehen: Nihad Djedovic. Die beiden verbindet ein enges Verhältnis, Pesic holte den Flügelspieler vor vier Jahren aus Berlin nach München. Der 27-Jährige war in der Meistersaison 2014 sein wichtigster Profi, bester Werfer und Führungsfigur, bis er in den Playoffs unglücklich auf die Hand fiel, operiert werden musste und die Finalspiele gegen Alba Berlin verpasste. Als Aleksandar Djordjevic im vergangenen Sommer die Nachfolge von Pesic beim FC Bayern antrat, fremdelte Djedovic stärker, als er selbst geglaubt hätte. Der Bosnier mit deutschem Pass erlebte frustrierende erste Wochen und Monate, er spielte kaum und saß meistens enttäuscht auf der Bank.

"Es war sehr schwierig für mich", bekennt Djedovic heute. Er lächelt dabei. Er hat die bleierne Zeit überwunden und in den vergangenen Wochen zu einer Form zurückgefunden, mit der er das Bayern-Spiel prägen kann. Gegen Jena sammelte er 15 Punkte und war hinter Danilo Barthel (16) zweitbester Werfer. "Ich habe inzwischen in meine neue Rolle gefunden", erklärt er. Und sich damit arrangiert, dass er von der Bank kommt: "Ich nutze jede Sekunde und versuche, das Beste daraus zu machen und nicht groß nachzudenken."

Djedovic ist ein introvertierter Spieler, der zum Grübeln neigt, sich Gedanken um sich und sein Umfeld macht. Einer, der Vertrauen spüren muss, um Selbstbewusstsein zu entwickeln. Djedovic selbst betont immer wieder, wie wichtig das ist, um in diesem schnellen Spiel die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das fehlte ihm in der Hinrunde, er bekam wenige Spielminuten und erinnerte kaum an die starken Vorstellungen der vergangenen Jahre. "Alles war neu, alles war anders als unter Pesic", erzählt er nun, "ich war nicht der einzige Spieler, der Probleme damit hatte." Er warf, wenn er hätte abspielen sollen, und spielte ab, wenn er hätte werfen sollen, letztlich war er völlig verunsichert. Bis er das Gespräch mit dem Trainer suchte. Danach änderte sich zwar nichts an seiner Rolle als Ergänzungsspieler, allerdings etwas an seiner Einstellung. "Ich habe sie akzeptiert, weil wir keine Tennisspieler sind, sondern Mannschaftssportler, da muss jeder seinen Teil zum Erfolg beitragen."

Djordjevic legt in der Offensive sehr viel Wert auf schnellen, teamorientierten Basketball mit vielen Extrapässen zum freien Mitspieler. Der Serbe hatte deshalb vor, dass der 1,99 Meter große Flügelspieler mehr in die Rolle des Ballvorträgers hineinwächst, die Bälle im Stile eines Spielmachers verteilt und weniger selbst den Abschluss sucht. "Um der beste Spieler auf dem Feld zu sein, musst du nicht die meisten Punkte machen", hatte Djordjevic verlauten lassen. Doch die Stärken von Djedovic liegen in seinem feinen Wurf, in seinem schnellen Zug zum Korb. Er ist mehr Shooter denn Guard. Erst mit der Verpflichtung von Dru Joyce kann er sich wieder seinen besonderen Fähigkeiten widmen. "Ich mache das gerade ganz gut", findet Djedovic. Das lässt sich auch in seiner Statistik ablesen, er kommt mittlerweile wieder auf mehr als 16 Minuten Spielzeit pro Partie und wirft zehn Punkte im Schnitt.

Und hat so großen Anteil daran, dass die Bayern seit elf Spielen ungeschlagen sind und mit breiter Brust am Samstag zum Spitzenspiel nach Ulm reisen. Sie wollen unbedingt dem Tabellenführer die erste Niederlage in dieser Spielzeit zufügen. "Ich freue mich riesig auf das Spiel", sagt Djedovic, "wir wollen ein Ausrufezeichen vor Beginn der Playoffs setzen."

Der bosnische Nationalspieler wirkt mittlerweile wie verwandelt, wie ein neuer Spieler. Vielleicht sollte er mal mit Nick Johnson sprechen. Der amerikanische Guard scheint gerade in einer ähnlichen Schaffenskrise zu stecken. Gegen Jena gelang ihm nur ein Punkt. Als Djedovic und die Kollegen schon frisch geduscht und umgezogen den Heimweg antraten, warf Johnson in seinen Spielklamotten und mit Kopfhörern auf den Ohren immer noch Dreier auf den Korb.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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