Basketball:Pesics Erzählungen

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Der FC Bayern empfängt im Eurocup Ljubljana

Von Matthias Schmid, München

Es erscheint heute fast unvorstellbar, dass eine einzige Undiszipliniertheit Svetislav Pesic um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 1970 in seinem Heimatland Jugoslawien gebracht haben soll. Pesic, Trainer der Bayern-Basketballer, kann bei seinen Spielern egozentrisches Auftreten so wenig leiden wie Niederlagen. Er kann sogar ziemlich cholerisch werden, wenn er merkt, dass Spieler ihre eigene Statistik wichtiger nehmen als den Erfolg des ganzen Klubs.

Es wäre deshalb spannend zu erfahren gewesen, wie der 65-Jährige heute mit dem jungen Spieler Pesic umgehen würde. Wahrscheinlich hätte er aber ähnlich gehandelt wie sein Coach damals bei Partizan Belgrad. "Ich durfte anschließend kein Spiel mehr machen in dieser Saison", erzählt Pesic bei der Pressekonferenz vor dem Eurocup-Heimspiel an diesem Mittwoch (20.30 Uhr, Audi-Dome) gegen Olimpija Ljubljana.

Der Serbe war in Plauderlaune, er ist ein hervorragender Geschichtenerzähler, wenn es auf dem Parkett gut läuft. Seine Spieler haben mit einigen Siegen zuletzt dazu beigetragen, dass er den sanften Märchenonkel geben kann und nicht als strenger Oberlehrer gefordert ist. In der slowenischen Hauptstadt ging damals die Finalrunde der Weltmeisterschaft über die Bühne. Pesic hatte es in den vorläufigen 24er-Kader geschafft. "Ich bin davon ausgegangen, dass ich auch in das endgültige Aufgebot komme ", sagt Pesic. Doch als er sich in einer Ligapartie plötzlich bei Spielbeginn auf der Bank wiedergefunden hatte, war nichts mehr so, wie es zuvor gewesen war. Bockig saß Pesic erstmals draußen und verweigerte später, als ihn der Trainer aufforderte, sogar seine Einwechslung. Ein Affront. "Auf der Bank lernt ein Spieler am meisten", sagt Pesic rückblickend.

Er selbst muss schon bald wieder Entscheidungen treffen, die nicht jedem seiner Spieler gefallen dürften. Die Bayern-Profis müssen auf der Auswechselbank wieder enger zusammenrücken "nach sehr anstrengenden und frustrierenden Monaten", wie Pesic die Zeit mit zahlreichen Absenzen nennt. In Nationalspieler Robin Benzing (Knöchel) kehrte am Freitag nach Vasilije Micic (Ellbogen) der letzte Rekonvaleszent ins Mannschaftstraining zurück. Erstmals seit Saisonbeginn kann Pesic mit allen Spielern üben, die auch schon im Sommer im Kader standen. "Damit haben wir wieder mehr Qualität, mehr Intensität und mehr Competition im Training", sagt Pesic. Bo McCalebb hatte sich ja erst im November den Münchnern angeschlossen. Ob sein am Donnerstag auslaufender Vertrag nach seiner Daumenoperation bis Saisonende verlängert wird, haben die Verantwortlichen noch nicht entschieden. "Wir haben keine Eile und noch bis 28. Februar Zeit", sagt Sportdirektor Marko Pesic. Dann endet die Wechselfrist.

In jedem Fall steht fest, dass die Bayern mit einem Sieg gegen Ljubljana bereits zwei Spieltage vor Abschluss der Gruppenphase im Achtelfinale stünden. "Unser Ziel ist es dann, Erster zu werden", sagt Pesic. Neben dem Weiterkommen geht es dem Basketballlehrer besonders darum, die Rückkehrer wieder an ihr altes Niveau heranzuführen. "Wir müssen aber noch vorsichtig mit Benzing und Micic sein", sagt er. Pesic will nichts überstürzen. Die vollständige Genesung ist ihm wichtiger als schnelle Spielminuten. Er werde ihnen die Zeit geben, die sie brauchen, sagt der Bayern-Coach. Bryce Taylor weiß, wovon Pesic spricht. Nach seiner Hüft-Operation wartet der Kapitän noch immer darauf, der prägende Spieler zu sein, der er vor seiner Verletzung war. "Es fühlt sich aber von Tag zu Tag besser an", sagt der US-Amerikaner.

Pesic hatte damals übrigens den Verein verlassen. Mit seinem neuen Klub Sarajevo rächte er sich Jahre später an seinem alten Trainer - mit dem Meistertitel im entscheidenden Spiel gegen Belgrad. Bester Spieler damals war laut Svetislav Pesic: Svetislav Pesic.

© SZ vom 28.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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