Basketball:Ohne Schnörkel

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Nach dem 91:82 im ersten Viertelfinalspiel gegen Malaga fehlt dem FC Bayern noch ein Sieg zum Einzug ins Eurocup-Halbfinale. Center Maik Zirbes deutet gegen die Spanier an, wie wertvoll seine Verpflichtung für die Münchner noch werden könnte

Von Matthias Schmid, München

Der kleine Bub stoppte jäh, als er den großen Schatten neben sich vernahm. Einschüchtern ließ er sich aber nicht. Lässig klemmte sich der Knirps den Ball unter den Arm, ging mutig auf den 2,07 Meter großen Riesen zu und sagte: "Du warst heute der beste Spieler."

Maik Zirbes lächelte und bedankte sich artig für das Kompliment. Rein statistisch hatte der Junge recht, der sich nach Spielende mit anderen Kindern auf dem Parkett im Audi Dome austobte. Zirbes sammelte beim Sieg des FC Bayern am Faschingsdienstag mit 15 Punkten die meisten Zähler seiner Mannschaft, 91:82 gewannen die Münchner das erste Viertelfinale im Eurocup gegen Unicaja Malaga und können mit einem weiteren Sieg in dieser Best-of-3-Serie bereits an diesem Freitag die Teilnahme am Halbfinale buchen. "Die Euphorie ist ja cool", sagte Zirbes, "aber wir müssen die jetzt wieder runterfahren. Wir müssen ja noch ein Spiel gewinnen."

Der Erfolg gegen den spanischen Spitzenklub spricht dafür, dass die Münchner gut genug sind, um auch in Andalusien zu siegen. 17 Punkte betrug zeitweise der Vorsprung, ehe sich in den Schlussminuten Selbstzufriedenheit einschlich. "Wir müssen das sehr kritisch betrachten", befand Cheftrainer Sasa Djordjevic, "weil wir plötzlich angefangen haben, Würfe zu kreieren, die gar nicht zu unserem Spiel gehören." Der Serbe war irritiert vom bisweilen selbstverliebten Basketball seiner Spieler, von den blöden Fouls, die Malaga fast wieder herangebracht hatten. Zirbes schloss sich den mahnenden Worten seines Trainers an und sagte: "Wir haben ihnen die Chancen gegeben, zurückzukommen. Das darf uns in Malaga nicht passieren."

Am Auftritt von Zirbes lassen sich die vielen guten Momente im Spiel der Bayern ableiten. Der Ball zirkulierte schnell, vor allem die beiden Guards Anton Gavel und Nick Johnson brachten Präzision und Ordnung in den Aufbau und schafften es immer wieder, auch den großen Spielern um Devin Booker (zwölf Punkte) und Zirbes mit kreativen Pässen zu einfachen Körben zu verhelfen. "Mit so großartigen Mitspielern muss ich den Ball nur noch reinlegen", fand Zirbes. Es klang fast entschuldigend, viel zu bescheiden jedenfalls für den Nationalspieler, den die Münchner vom Euroleague-Klub Tel Aviv bis zum Sommer ausgeliehen haben.

Zirbes zeichnet eine natürliche Autorität unterm Korb aus, eine Präsenz, die den Münchnern bislang fehlte. Er schafft mit seinem mächtigen Körper auch Platz für seine Nebenleute. "Er hat einen guten Job gemacht", lobte Djordjevic, um nach einer Pause nachzuschieben: "Er kann es aber besser." Zu dieser Einschätzung gelangt auch Zirbes selbst. Dem Center ist die Fähigkeit zur Selbstkritik nicht fremd, er hatte einige kleinere Verletzungsbeschwerden an der Fußsohle, als er sich vor ein paar Wochen dem FC Bayern anschloss. Vor dem Pokalturnier in Berlin trainierte er lediglich eineinhalb Mal mit der Mannschaft. "Das Halbfinale gegen Alba war sein erstes richtiges Training mit uns", hob Djordjevic hervor. Nach dem verlorenen Finale gegen Bamberg konnte er dann zum ersten Mal so mit seinen neuen Kollegen üben, dass er die Spielzüge besser kennenlernte und seine Ausdauer verbesserte. "Nach einer so langen Zeit hapert es noch an vielen Sachen", gab Zirbes zu. "Mir fehlt es noch an der Spritzigkeit, aber es wird von Mal zu Mal besser."

Djordjevic will ihm dabei helfen. Der Serbe weiß, dass sie Zirbes in Topform brauchen, um erstmals ins Eurocup-Halbfinale vorstoßen zu können. Zirbes kommt dabei Djordjevics jugoslawische Schule entgegen, die harte Verteidigung, die gute Organisation. Er mag es, wenn Angriffe strukturiert abgeschlossen werden, "ohne großes Durcheinander", wie er sagt.

Zirbes nimmt sich im Gegenzug die Freiheit, einige taktische Mätzchen in sein Spiel einzubauen. Fouls zum Beispiel. Djordjevic hatte die Foulbelastung seiner großen Spieler nach dem Spiel kritisiert. "Sie müssen da smarter sein", tadelte der Trainer. Zirbes ist dafür bekannt, dass er gerne mal einen Mitspieler anrempelt. Es gebe gute und schlechte Vergehen, erklärte der 27-Jährige, der schon mit Bamberg und Belgrad internationale Erfahrung sammelte: "Ich bin ein Fan davon, mehrere Fouls in einem Spiel zu machen, solange es angebracht ist. Wenn man genügend Aggressivität an den Mann bringt, sind das gute Fouls." Der Zweck heiligt die Mittel.

Nur über eines wollte er nach dem Sieg nicht sprechen, über das sogenannte "Trash-Talking", über die nicht immer jugendfreie Wortwahl der Profis, mit der sie ihre Gegenspieler einschüchtern wollen. Zirbes hat das zu einer Kunstform erhoben. "Der Inhalt gehört aber nicht hierher", sagte er mit einem Lächeln. Er will ja ein Vorbild sein für seine kleinen Fans.

© SZ vom 02.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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