Basketball:Nach oben offen

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Der BC Hellenen, vor 20 Jahren als griechischer Verein in München gegründet, steigt überlegen in die 2. Regionalliga auf - und will noch höher hinaus

Von Andreas Liebmann, München

"BC Phönix" hätte auch ganz nett geklungen. Die Gründer entschieden sich vor 20 Jahren trotzdem für den Namen BC Hellenen, denn sie wollten zeigen, dass sie ein griechischer Basketballverein in München sein wollen. Und sie konnten ja noch nicht wissen, was die Zukunft so bringen würde. Und damit auch nicht, dass ein Vogel aus der antiken Sagenwelt eines Tages auch gut zu ihnen passen könnte.

Der Phönix, das ist nicht erst seit den Harry-Potter-Filmen bekannt, ist ein rot-güldenes, etwas struppiges Federvieh, das aus der Asche des Osiris entstanden sein soll und es mit einem erstaunlichen Trick bis heute schafft, eine eigene deutsche Redewendung zu besitzen: Kurz vor dem eigenen Ableben verbrennt es sich, doch in der Asche bleibt ein Ei zurück, aus dem alsbald ein neuer, prächtiger Phönix schlüpft.

Konstantin Kirsch ist zu drei Vierteln Grieche, sein Verein aber hat die griechischen Wurzeln vor gut sechs Jahren schon deutlich gelockert, seit nämlich Kirsch hier den Vorsitz übernahm: Der BC Hellenen hat sich geöffnet, er ist zur Heimat geworden für Spieler aus zig verschiedenen Herkunftsländern, und ganz plötzlich mischte er sogar in der zweiten Frauen-Bundesliga mit, eine Saison lang. Vor einem Jahr endete dieses Experiment so abrupt, wie es begonnen hatte: Die Mannschaft wurde abgemeldet, die Spielerinnen von damals sind heute weit verstreut. Doch nun sind es die Männer des Klubs, die Furore machen, die plötzlich laut mit den Flügeln schlagen und sich aus dem Nest erheben. Vor einem Jahr waren sie noch Zweite in der Bayernliga, nun sind sie in die 2. Regionalliga aufgestiegen, mit 20:0 Punkten, was es so in dieser Klasse noch nie gegeben haben soll. Und sie wollen gleich weiter durchstarten. "Ziel ist es, in die 1. Regionalliga zu kommen", sagt Kirsch, so schwer sei das gar nicht. Im bayerischen Pokal hätten sie auf dem Weg ins Final Four einige Gegner aus der 2. Regionalliga bezwungen. "Mein Plan wäre es schon, unter die Top Drei in München zu kommen, das ist meine persönliche, vielleicht etwas verrückte Vision."

Zu seinen Bundesliga-Frauen war der BC Hellenen damals durch einen Zufall gekommen, ein komplettes Frauenteam des FC Bayern München hatte samt Zweitliga-Lizenz bei dem Breitensportverein Unterschlupf gesucht, weil ihr eigener Hauptverein den Regionalliga-Meisterinnen den Aufstieg untersagt hatte. Sie hätten viel gelernt damals, sagt Kirsch heute, "für uns war die Erfahrung das Wichtigste". Letztlich stellte sich die ganze seltsame Konstellation als nicht konkurrenzfähig heraus.

Mit den Männern ist die Sache anders gelaufen. Ihr Aufstieg war geplant, nicht zuletzt weil die Stadt gesagt habe, um an mehr Hallenzeiten zu kommen, müsse der Verein höherklassig spielen. "Wir haben gar keine andere Wahl", sagt Kirsch. Andere Münchner Basketballklubs hätten eigene Hallen, das eröffne völlig andere Möglichkeiten der Trainingsgestaltung. Und so holte der BC Hellenen, nachdem er in der Bayernliga Zweiter geworden war, noch sechs neue Spieler hinzu, einen aus Vaterstetten, zwei aus Holzkirchen, drei aus Oberhaching, die großteils früher schon gemeinsam gespielt hatten. "So habe ich sie auch überzeugen können", sagt Kirsch. Dass sich ausgerechnet auf der Spielmacher-Position drei Griechen als Taktgeber abwechseln, ist ein Kuriosum am Rande.

Kirsch stellte die Spieler beitragsfrei, dafür sollten sie sich zu regelmäßigen Einsätzen und dem gemeinsamen Ziel verpflichten. Und dann sei er doch schockiert gewesen, als die Saison mit einem Zittersieg gegen Rosenheim begann. "Ich habe mich gefragt, was ich falsch gemacht habe." Die Diagnose: "Zu viele Alpha-Tiere - sie mussten erst lernen, dass es nicht nötig ist, dass jeder 20 Punkte macht." Der große Kader fand sich, er sei schwer auszurechnen, weil es keinen herausragenden Scorer gebe; jeder kann punkten. Irgendwann gelangen dann Ergebnisse wie ein 102:39 gegen Olching oder 100:57 gegen Neuötting. Das letzte Saisonspiel, daheim gegen hoch motivierte Vaterstettener, hätten sie anfangs zu leicht genommen, doch zu einer Blamage kam es nicht. Irgendwann führte der Meister doch und begann wieder zu tricksen, zu zaubern, Alley-oops zu probieren. "Sie sind kaum gefordert", sagt Kirsch. Und sie wollen sich weiter verstärken, die Planungen hätten schon begonnen. Selbst das Pokalfinale hätten sie vielleicht erreicht, hätte der Trainer gegen Bayreuths Nachwuchs nicht auf 2,10-Meter-Center Michael Schmidbauer verzichtet, der im Training gefehlt hatte: "Er ist halt streng."

Der BC Hellenen floriert. 248 Spielerpässe verwaltet er, der Unterbau ist breit, bei Männern wie Frauen. Und es gibt eine Reihe sozialer Projekte, die alle zusammenschweißen und auch Sponsoren anlocken. Eine Gruppe muslimischer Mädchen und Frauen trainiert hier einmal pro Woche. Junge Flüchtlinge zwischen zwölf und 14, Trainer ist Shadi Malouk. Der 39-Jährige spielte für den Jeasch Club, das beste Team Syriens, ehe er selbst aus Damaskus floh. Er betreut nun mehrere Hellenen-Teams. Und einem Dorf in Rumänien hat der Verein ein Basketballfeld spendiert. Davon war Tiberius Tavaszi fasziniert, deshalb trainiert der ehemalige rumänische Nationalspieler seit zwei Jahren die erste Männermannschaft. "Er hat das sportlich aufgebaut, die Jungs haben Respekt vor ihm", sagt Kirsch. Ob seine Vision eines Tages wahr wird? Der Weg ist noch lang. Aber zu Asche wird sein Phönix nicht so schnell verglühen.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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