Basketball:Nach der Rasur

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Wie läuft der Hase? Um Lucca Staiger (links, mit Bayern-Trainer Svetislav Pesic) herrscht Verwirrung. Der Nationalspieler wird nach Bamberg wechseln. (Foto: Boris Streubel/Getty)

Noch brennt die Niederlage im Basketball-Finale gegen Bamberg. Doch der FC Bayern bastelt schon an der Zukunft. Trotz einiger Verluste wirkt Sportdirektor Pesic recht entspannt: Der Stamm steht

Von Ralf Tögel, München

Der Bart war ab. Wie das so Tradition ist bei vielen Mannschaftssportlern, die ihren Meister im Playoff-Modus küren. Also präsentierten sich Anton Gavel, der gegen Ende der Meisterschaftsserie den imposantesten Räuber-Hotzenplotz-Bart vor sich hertrug, und seine Kollegen mit frisch geschorenem Antlitz ihren Anhängern, zum Fan-Fest am Montagabend. Wobei es nicht so arg viel zu feiern gab, denn neben dem vorzeitigen Aus im internationalen Wettbewerb sowie im Pokal schnappte den Münchnern der wiedererstarkte Serienmeister Bamberg in allerletzter Sekunde den deutschen Meistertitel weg. Für die Münchner gilt es nun, Balsam auf die brennenden Wunden aufzutragen - und dann einen neuen Kader aufzubauen.

Das ist die originäre Aufgabe von Marko Pesic, der sich allerdings zurückhaltend gibt. Er wolle in den kommenden Tagen mit den Spielern sprechen. Es gebe zum momentanen Zeitpunkt nichts zu verkünden, findet der Sportdirektor des FC Bayern München. Man mag das glauben oder nicht, jedenfalls ist kaum ein Verantwortlicher derzeit bereit, Personalien in der Öffentlichkeit zu erörtern - egal von welchem Klub. Die Münchner haben indes einen Stamm an Spielern mit gültigen Verträgen, der eine gewisse Gelassenheit durchaus begründet: In Kapitän Bryce Taylor, Dusko Savanovic, Anton Gavel und Nihad Djedovic stehen vier hochkarätige, routinierte Kräfte den Top-Talenten Paul Zipser und Vasilije Micic sowie Nachwuchs-Center Daniel Mayr zur Seite. Zudem ermöglichen die eingebürgerten Gavel und Djedovic größeren Freiraum bei der Verpflichtung von ausländischen Spielern, denn zusammen mit Mayr und Zipser stehen bereits vier der von der Liga geforderten sechs deutschen Akteure im Kader.

Wer die restlichen beiden sein werden, ist offen. Nationalmannschaftskapitän Heiko Schaffartzik hat wohl über die gesamte Saison gesehen die besten Argumente für eine Vertragsverlängerung geliefert, vor allem in den engen Playoff-Spielen hat der Berliner Verantwortung übernommen. Zudem gilt der eigenwillige Guard den Fans als Identifikationsfigur. Für Robin Benzing war es keine gute Saison, er unterlag wie Lucca Staiger großen Leistungsschwankungen. Letzterer wird wohl zu Bamberg wechseln, auch wenn beide Seiten noch dementieren. Auch Yassin Idbihis Spielzeit darf als unglücklich gelten, der Center wurde von Krankheiten und Verletzungen gebeutelt, bei Jan Jagla verdichten sich die Anzeichen, dass er seine Karriere beenden wird. Auf den großen Positionen wird vieles von John Bryant abhängen. Von dem amerikanischen Center weiß man, dass die NBA sein Ziel ist. Auch europäische Topklubs sind längst auf den Bayern-Brocken aufmerksam geworden. Sein Verbleib scheint offener als der von Vladimir Stimac, der Serbe gilt als gelehriger Schüler von Altmeister Svetislav Pesic. Der Trainer lässt sich selbstredend genauso wenig in die Karten blicken wie sein Sohn.

Interessant dürfte auch die Frage werden, ob die Münchner die neuerliche Teilnahme an der Euroleague als Argument ins Feld führen können. Bekanntlich hat Meister Bamberg das einzige offizielle Ticket für den elitären europäischen Kreis gebucht. Zwar wird wohl eine Wildcard nach Deutschland gehen, doch in Alba Berlin hat der Finalteilnehmer aus München einen ernst zu nehmenden Konkurrenten. Denn Berlin trägt die Euroleague-Endrunde aus, hat zudem im internationalen Wettbewerb den besten Eindruck aller deutschen Teams hinterlassen.

Marko Pesic macht indes keinen Hehl aus seiner Stimmung: "Ich bin natürlich grundsätzlich enttäuscht, dass wir den Titel nicht verteidigen konnten, aber es war eine sehr ereignisreiche Saison mit vielen Verletzten, Rückschlägen und zuletzt sogar Schicksalsschlägen." Das darf man den Münchnern attestieren, dass sie aus einer wahrlich verkorksten Saison fast noch das Maximum herausgepresst hätten. Letztlich ging ihnen auf der Zielgeraden der Sprit aus. Immerhin mussten die Bayern drei Spiele mehr absolvieren als Bamberg. Das sei die große Lehre aus der Saison, so Marko Pesic, dass man am Ende der Vorrunde weiter vorne stehen müsse: Der Heimvorteil hat auch in dieser Saison eine wichtige Rolle gespielt.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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