Basketball:Nach dem Knacks

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Oberhachings ambitionierter Regionalligist rätselt über die Gründe seiner Niederlagenserie

Von Matthias Schmid, Oberhaching

Noch Tage nach der enttäuschenden Niederlage konnte Robert Maras die statistischen Daten seiner Mannschaft so selbstverständlich aufsagen, als hätte er sie seitdem auswendig gelernt. Ballverluste, Offensivrebounds, Korbvorlagen. Jeden einzelnen Wert, der im Basketball erfasst wird, hatte der Trainer des Regionalligisten TSV Oberhaching-Deisenhofen parat. Es hätte nicht verwundert, wenn er zu den Prozentwerten, die die Treffsicherheit seiner Spieler beschrieben, jede Ziffer hinter dem Komma heruntergebetet hätte.

Doch das konnte er sich sparen, die Wurfquote war niedrig, besorgniserregend niedrig. "Was nützt es uns, wenn wir überall besser sind als der Gegner, wenn wir den Korb nicht treffen", fragte der ehemalige Nationalspieler. In seiner Stimme schwang Traurigkeit mit. "Mir geht es wirklich nicht gut", fügte er hinzu. Die 70:74-Niederlage gegen den BBC Bayreuth II war bereits die vierte nacheinander. Nie zuvor haben die Oberhachinger in der Regionalliga mehr Spiele in Serie verloren. "Nicht einmal als wir in unserer ersten Saison fast abgestiegen wären", versichert der zweite Vorsitzende Gunter Wünsche.

Mit 5:6 Siegen liegt die Mannschaft auf dem siebten Platz, weit hinter den eigenen Erwartungen. Dabei war der Klub mit drei Siegen in den ersten drei Spielen vielversprechend in die neue Runde gestartet. Rang vier hatten sie vor der Saison als realistische Platzierung angesehen, es schien sogar mehr werden zu können. Es kam anders. "Im Moment sind wir sogar näher an den Abstiegsrängen dran", sagt Wünsche. Er und Maras sind ziemlich ratlos.

Vor allem die Niederlage gegen Aufsteiger Rosenheim (62:63) kann niemand verstehen. "Das hat uns einen Knacks gegeben", stellt Wünsche fest: "Da hat die Einstellung überhaupt nicht gestimmt. Das war bedenklich." Er hat schon mit Maras darüber gesprochen, auch in einer semiprofessionellen Mannschaft fällt das richtige Arbeitsethos ins Ressort des Trainers. Nur 90 Prozent an Willen und Einsatzfreude reichten nicht aus. "Am Sonntag hat die Einstellung wieder gestimmt", sagt Wünsche. Verloren hat die Mannschaft um die Bundesliga-erprobten Moritz Wohlers und Malo Valerien trotzdem. Liegt es vielleicht doch am Trainer? Oder ist womöglich der Kader für die eigenen Ansprüche nicht stark genug? Diese Fragen beschäftigen Wünsche weiter.

Eigentlich wollte Robert Maras mit seinem Team ganz oben mitspielen. Nach vier Niederlagen in Serie hinterfragt er alles - auch sich selbst. (Foto: Claus Schunk)

Am Dienstagabend hat er deshalb mit einem Vorstandskollegen das gemeinsame Gespräch mit Mannschaft und Trainer gesucht. Er hoffte auf eine offene und ehrliche Unterredung, "um auch in die Tiefe gehen zu können", wie er sagt. Maras bewertet die Einmischung des Präsidiums vor versammelter Truppe nicht als schwindendes Vertrauen in seine Arbeit, im Gegenteil. "Es ist gut, wenn der Vorstand mal klare Worte an die Spieler richtet, damit auch der Letzte versteht, worum es geht." Maras grübelt in diesen Tagen viel, die Niederlagen nehmen ihn mit, schon als Spieler konnte er nicht gut damit umgehen. Er schaut sich viele Videos an, hinterfragt sich und sein Tun, auch mit dem Co-Trainer. Die Bilder öffnen immer den gleichen Blick. "Wir fangen gut an, doch sobald wir ein, zwei schwache Aktionen haben, zieht das die ganze Mannschaft runter", hat der 36-Jährige festgestellt. Er findet das merkwürdig, denn im Training würden sie alle treffen, ziemlich gut sogar. "Da versenken sie dreimal in Folge alle zehn Würfe einer Serie", hadert Maras, "auch aus der Belastung heraus." In solch misslichen Situationen können viele Dinge hineininterpretiert werden. "Letztlich müssen wir uns da selbst herausziehen", sagt der Basketballlehrer: "Am besten mit einem Sieg."

Das nächste Spiel führt die verunsicherten Oberhachinger am Sonntag zum VfL Treuchtlingen. Ausgerechnet, muss man in diesem Fall hinzufügen. Die Mannschaft ist im Moment der Gegenentwurf zum ratlosen TSV, sie ist gut drauf und selbstbewusst, zuletzt haben die Treuchtlinger den bisherigen Tabellenführer Nördlingen besiegt. "Das wird ein richtig schweres Spiel für uns", sagt Robert Maras, "aber wir müssen alles versuchen, damit wir dieses Spiel gewinnen." Im Moment weiß er selbst nicht so recht, wie das gelingen könnte. "Vielleicht muss ich mich selber einwechseln", sagt Maras. Er zieht das nicht ernsthaft in Erwägung. Seine mehrfach reparierten Bänder und Knochen lassen höherklassigen Sport nicht mehr zu. Es sollte ein Witz sein. Humor ist vielleicht die beste Annäherung an die Krise. Womöglich fallen dann die Bälle auch wieder durch den Korb.

© SZ vom 11.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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