Basketball:Mit breitem Kreuz voran

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Steht für Wucht und Ernsthaftigkeit: Zaubern lässt Danilo Barthel meist andere, aber wenn er gut freigespielt wird, ist er für Dunks immer zu haben. (Foto: Matthias Stickel/imago)

Mannschaftskapitän Danilo Barthel ist für den FC Bayern München nicht nur wegen seiner beständig starken Leistungen zu einer Autoritätsperson gereift.

Von Matthias Schmid, München

Irgendwann hatte dann auch Danilo Barthel genug von Philipp Neumann, er war sichtlich genervt. Es muss schon einiges passieren, bis der eigentlich in sich ruhende Kapitän des FC Bayern seinen Gegenspieler mal verbal zurechtweist, aber Neumann, der aufmüpfige Crailsheimer Center, hatte bei Barthel eine rote Linie überschritten, indem er in Kopfhöhe versucht hatte, ihm den Ball aus den Händen zu schlagen. Also standen sich Barthel, 2,08 Meter, und Neumann, 2,09 Meter, am Sonntagabend so nah gegenüber, dass sich fast ihre Bauchnabel berührten. Barthel sprach so vehement auf Neumann ein, dass dieser irgendwann eingeschüchtert davonschlich.

Barthel, 27, hat sich nicht erst seit dem Meistertitel samt Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der Finalserie gegen Berlin in diesem Jahr zu einer Autorität in der Basketball-Bundesliga (BBL) entwickelt, er ist schon länger einer, der nach innen und außen ungemein wichtig ist für die Mannschaft. Auch beim 96:71-Sieg in Crailsheim war er derjenige Akteur des FC Bayern, an dem sich seine Mitspieler aufrichten konnten. "Wir haben das ganz gut gelöst", sagte er nach dem sechsten Sieg im sechsten Ligaspiel, mit dem die Münchner ihre Tabellenführung verteidigten.

Barthel hatte ja geahnt, dass der Auftritt in der Arena Hohenlohe, wo normalerweise Kühe und Rinder auf Auktionen angepriesen werden, zäh werden würde. Nach der knappen Niederlage in der Euroleague bei Fenerbahçe Istanbul mussten die Sinne für den weniger glitzernden Alltag geschärft werden, oft fehlt dann die erforderliche Körperspannung. "Wenn man dann mit der Einstellung ins Spiel geht, dass man hier sowieso gewinnt, geht das nach hinten los", sagte er nach der Partie, als er wusste, dass seine Mitspieler die Aufgabe mit der nötigen Seriosität bewältigt hatten. Nicht immer zwar, aber über die meiste Zeit hinweg. Vor allem in jener Phase im dritten Viertel, als Crailsheim mit draufgängerischen Aktionen einen 19-Punkte-Rückstand fast egalisiert hatte, "sind wir ruhig geblieben", wie Barthel lobte. Bis auf einen Zähler (62:63) waren da die Württemberger herankommen, bis München wieder so energisch verteidigte, wie sich das Cheftrainer Dejan Radonjic gerne über die vollen 40 Minuten gewünscht hätte.

Für Barthel macht es ohnehin keinen Unterschied, ob er sich das Trikot gegen Istanbul oder Crailsheim überstreift, er spielt immer mit der gleichen Wucht und Ernsthaftigkeit, sodass es nach dem Spiel nicht erstaunlich war, dass er mit 20 Punkten die meisten Zähler gesammelt hatte. Vor allem, wenn er mit dem Rücken zum Korb stand, wenn er sich mit seinem breiten Kreuz den nötigen Platz verschaffte, um sich dann blitzschnell mit feiner Fußarbeit von seinem Gegenspieler zu lösen, hatte er seine besten Szenen. Das musste auch Neumann neidlos anerkennen, der mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln versucht hatte, ihm den Spaß zu nehmen. Aber den Hakenwurf trifft Barthel so verlässlich, dass er ihn auch dann noch sicher verwandeln würde, wenn man ihn nachts im Pyjama darum bitten würde.

Neben Barthel fiel auch die Einsatzfreude von Braydon Hobbs auf, der auf zwölf Punkte und sechs Korbvorlagen kam. Der US-Spielmacher gehört nicht gerade zu den Lieblingsspielern von Radonjic, weil er in dessen Augen die Abwehrarbeit zu sehr vernachlässigt. Aber Hobbs ist nun mal ein Gambler, ein Zocker, der mit seinen bevorzugten No-Look-Pässen auch die gegnerischen Fans häufig in Verzückung bringt. Einmal guckte er mal wieder ganz woanders hin, um dann mit einem atemberaubenden Pass Barthel so freizuspielen, dass dieser per Dunk abschließen konnte. Hobbs war einer dieser Spieler, die Barthel hinterher meinte, indem er lobend hervorhob, "dass sich vor allem diejenigen voll reingelegt" hätten, die in der Euroleague "nicht so viele Minuten bekommen".

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, um vorauszusagen, dass Hobbs an diesem Donnerstag (20 Uhr, Audi Dome) im Heimspiel gegen Darussafaka Istanbul vorwiegend auf der Bank sitzen dürfte. Radjonjic hatte Spielmacher Stefan Jovic in Crailsheim komplett geschont. Mit einem Sieg gegen den aktuellen Eurocup-Sieger wollen die Münchner ihre Chance auf eine Playoff-Teilnahme wahren. Danilo Barthel muss sich dann wieder wohl einiges unterm Korb gefallen lassen.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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