Basketball:Mehr Zeit für Harmonie

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Letztlich doch zu groß: Bundesliga-Tabellenführer Bayern München gewinnt bei Schlusslicht Weißenfels, hier überragen Alex King (vorne) und Paul Zipser die MBC-Spieler David Brembly und Sergio Kerusch (von links). (Foto: Jan Käfer/imago)

Der Tabellenführer und Titelverteidiger FC Bayern München gewinnt glanzlos bei Schlusslicht Mitteldeutscher BC mit 96:86. Dabei gibt Trainer Dejan Radonjic den Ersatzspielern viele Einsatzminuten.

Von Ralf Tögel, München

Dejan Radonjic winkte ab, eine Minute war noch zu spielen in der Partie beim Mitteldeutschen BC. Gerade hatte sein Team den Ball verloren, freilich war der Sieg zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gefährdet. Der deutsche Meister Bayern München gewann mit 96:86 Punkten beim Tabellenletzten, die Geste des Trainers war wohl mehr der Spielsituation denn der Leistung seines Teams geschuldet. Die war gegen einen Gegner, der nichts zu verlieren hatte und unbekümmert aufspielte, zwar keineswegs berauschend, dem Trainer ist aber wohl wie keinem Zweiten bewusst, welches Programm seine Spieler derzeit zu bewältigen haben. "Das fünfte in zehn Tagen", wie Radonjic präzisierte, es ist ja die stetig wiederkehrende Frage beim FCB: Wie sehr stecken die Anstrengungen der Euroleague, deren Spiele bekanntlich zwischen die der Basketball-Bundesliga (BBL) geblockt sind, noch in den Knochen? Und in den Köpfen, besonders wenn ein Negativerlebnis zu verarbeiten ist.

So wie jenes vom Freitagabend, als die dezimierten Bayern im Heimspiel gegen Panathinaikos Athen ein übles drittes Viertel erleben mussten. Denn nach starkem Beginn und sicherer Führung ließen die Gastgeber nach, Athen kam näher und lag zur Pause knapp mit einem Punkt vorne. Danach schwanden die Kräfte, die Griechen wusste dies zu nutzen und die Bayern mit einem 20:0-Lauf vorzeitig in die Knie zu zwingen. Exakt nach dem selben Muster war ja schon die Partie am Dienstag an selber Stelle gegen den zweiten griechischen Euroleague-Konkurrenten Olympiakos Piräus abgelaufen. Doch während die Münchner diese dank einer Energieleistung zu einem 85:82-Sieg drehen konnten, reichten die Kräfte nur vier Tage später nicht mehr. Panathinaikos, das auch stärker besetzt ist als Piräus, brachte einen 87:75-Sieg routiniert ins Ziel.

In Athen heißen die Guards Nick Calathes, Jimmer Fredette oder Tyrese Rice, haben eine Vergangenheit in der NBA und/oder absolutes europäisches Spitzenniveau. Beim Mitteldeutschen BC, der angesichts der prominenten Gäste von der Weißenfelser Stadthalle in die Arena Leipzig ausgewichen war, heißen die bestimmenden Akteure Kaza Kajami-Keane, Michael Gbinije oder Strahinja Micovic. Alle zeigten vor 5180 Zuschauern auch gute Leistungen und punkteten zweistellig, freilich sind sie in der Bundesliga eher weniger bekannt, geschweige denn im europäischen Basketball. Die Bayern? Ein Blick auf die Startformation der beiden jüngsten Euroleague-Begegnungen genügt: Greg Monroe, Paul Zipser, Vladimir Lucic, Maodo Lo und Danilo Barthel - allesamt Akteure mit NBA-Vergangenheit oder auf Euroleague-Topniveau. Das Problem der Münchner waren zuletzt auch die Bank-Spieler, immer wenn die zweite Garde Einsatzminuten bekam, stockte das Spiel. Fairer Weise muss man anfügen, dass es bessere Gelegenheiten gibt, am Mannschaftsspiel zu feilen, als in Spielen gegen die besten Teams des Kontinents. Zum Beispiel in der Bundesliga, zum Beispiel gegen den MBC.

Entsprechend sah diesmal die FCB-Startformation aus, neben Spielmacher DeMarcus Nelson rückten Alex King und Petteri Koponen ins Team - allesamt Spieler mit reichlich Euroleague-Erfahrung. Die Gastgeber spielten wie ein vermeintlich chancenloses Team vor heimischer Kulisse nun mal spielt: Nicht lang überlegen, einfach mal einen Wurf probieren. Und die saßen in hoher Prozentzahl, Weißenfels zog auf 11:4 davon, Radonjic stoppte den Lauf mit einer Auszeit. Fortan erhöhten die Bayern die Intensität in der Defensive, was sich schnell in Punkten niederschlug. Vor allem Koponen, der nach der Athen-Niederlage zwar zugab, schlecht gespielt zu haben, aber auch Unverständnis über seine kurzen Einsatzzeiten durchklingen ließ, zeigte mit sieben (insgesamt 10) Punkten im ersten Viertel zur 26:18-Führung seine Möglichkeiten. Radonjic gab den Backup-Spielern, also jenen der zweiten Reihe, viel Einsatzzeit, die neben Koponen vor allem Diego Flaccadori (13) und Matthias Lessort (10), der acht Rebounds sammelte und mit spektakulären Blocks auffiel, nutzten. Dagegen gewährte der Coach, der wieder auf Nihad Djedovic (Kniereizung) verzichten musste, Danilo Barthel eine Auszeit.

Es blieb aber auch unübersehbar, dass es dem Spiel der Bayern an Harmonie und Fluss fehlte, das zweite Viertel ging mit 25:22 Punkten an den Tabellenletzten, der war zur Pause mit 43:48 wieder dran. Sechs Minuten vor dem Ende wurde es sogar nochmals richtig eng, als Sergio Kerusch zum 77:80 verkürzte, doch der Meister war während des gesamten Spielverlaufs in der Lage zuzulegen. Am Ende waren es dann doch wieder die Schlüsselspieler, die den Unterscheid machten. Topscorer Paul Zipser (16), dem die enormen Belastungen nach eigenem Bekunden nicht zusetzen, Maodo Lo (13), der aus dem Feld fehlerlos traf, sowie Greg Monroe, der fünf Rebounds pflückte und zehn Punkte erzielte. Schon am Dienstag erwarten die Bayern Ratiopharm Ulm (20.30 Uhr) zum Bundesligaspiel, ehe am Freitag der nächste internationale Vergleich ansteht: beim Euroleague-Zweiten Efes Istanbul.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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