Basketball:Kleinigkeit

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Der FC Bayern dominiert Rasta Vechta und schickt den Gastgeber mit dem 101:57-Sieg in die zweite Liga. Der 14. Erfolg in Serie untermauert zudem die Münchner Titelansprüche.

Von Ralf Tögel, München

Der kleine Finger von Maxi Kleber kann viel beitragen zur Einordnung der Partie der Basketballer des FC Bayern München bei Rasta Vechta. Denn die Münchner verzichteten auf einen Einsatz des Nationalspielers. Kleber hatte sich beim 84:72-Heimsieg gegen Bonn am Donnerstag eine Kapsel-Band-Verletzung zugezogen. Der 25-Jährige saß zwar in Arbeitskleidung und mit bandagiertem Finger auf der Bank und hätte im äußersten Notfall wohl eingreifen können, doch das war erwartungsgemäß nicht vonnöten. Die Aufgabe erledigten seine Kollegen auch ohne den seit Wochen in bestechender Form agierenden Forward - sozusagen mit dem kleinen Finger. 101:57 fertigten die Münchner die Gastgeber ab und schickten die Niedersachsen damit in die zweite Liga, denn die Niederlage beendete Vechtas letzte theoretische Chance auf den Verbleib in der nationalen Basketball-Beletage. Erstklassig waren indes einmal mehr die Fans des selbst ernannten "geilsten Klubs der Welt", die noch Minuten nach der Schlusssirene Gesänge für ihr Team zum Besten gaben und dieses trotz aller Aussichtslosigkeit während der gesamten Partie unermüdlich anfeuerten. Fans also, die den Sinn dieses Phänomens vollumfänglich verstanden haben. Der Rasta Dome war zum 87. Mal in Folge mit 3140 Zuschauern ausverkauft.

Zu schwer, zu schnell, zu gut: Der FCB ist Konkurrenten vom Format Vechtas meilenweit voraus

Dabei zeigte schon die erste Aktion des Spiels, was am Samstagabend auf die Gastgeber zukommen sollte: Nach einem feinen Pass von Vladimir Lucic fing Bayern-Spielmacher Nick Johnson den Ball in der Luft, drehte sich und stopfte das Spielgerät per Dunking mit dem Rücken zum Brett in den Korb. "Reverse Dunk" heißt das in der Fachsprache, ein Kunststück, das man nicht alle Tage zu sehen bekommt und das dem Ausführenden hohe technische Fertigkeiten bescheinigt. Es gab viele solcher Beispiele, die verdeutlichten, dass diese Bayern-Mannschaft Gegnern vom Format Vechtas meilenweit entrückt ist. Etwa als Maik Zirbes seinen Kontrahenten Philipp Herkenhoff mit dem Rücken einfach zur Seite schob und den Ball in den Korb legte, als wäre es die einfachste Übung. Der mächtige Euroleague-erfahrene Nationalcenter gegen das schmächtige, unerfahrene Talent - der 18-Jährige war für diesen Gegner einfach zu leicht.

Das konnte man für die gesamte Mannschaft sagen. Auch gut zu beobachten, als Rasta nach zwei feinen Dreiern und zwei Freiwürfen ihres Topscorers Frank Gaines (14 Punkte) einen 7:13-Rückstand in eine 15:13-Führung drehten. Die Münchner erhöhten daraufhin die Intensität in der Defense, ließen den Ball schnell durch die Reihen laufen, fanden in Lucic den freien Mann, der seinen Dreier sicher versenkte. Den nächsten Ballgewinn veredelte Danilo Barthel mit einem krachenden Dunk, dann traf Alex King per Dreier und gab rechtzeitig zum Ende des ersten Viertels mit einem Dunking die nächste Botschaft an den Gegner: Gegen uns geht für euch heute nichts!

27:16 stand es zu diesem Zeitpunkt, zur Halbzeit führten die Gäste mit 49:30 Punkten, und die Bayern waren nicht gewillt, den Gastgebern ein hübscheres Ergebnis zu gestatten. Der FCB hielt die Intensität hoch, klaute Bälle, spielte schnelle Kombinationen, die Gastgeber konnten dem Tempo der Münchner einfach nicht folgen. Und als bei Vechta die Kräfte erlahmten, setzten die Münchner weiter zu. Nihad Djedovic wurde vom Trainer erst drei Minuten vor Ende des dritten Viertels überhaupt aufs Feld geschickt, er wirkte wie ein Jagdhund, den man von der Leine gelassen hat. In Windeseile sammelte der Deutsch-Bosnier 17 Punkte ein und stellte mit seinem letzten Dreier das dreistellige Ergebnis für die Seinen sicher. Topscorer war indes Maik Zirbes, der 18 Punkte und zehn Rebounds erreichte, Center-Kollege Devin Booker kam auf 15 Zähler, zweistellig trafen zudem die beiden Bayern-Akteure Reggie Redding und Vladimir Lucic (je 10). Der Auftritt der Bayern wirkte gnadenlos, war aber nichts weiter als der vom Trainer stets eingeforderte Arbeitsnachweis. Aleksandar Djordjevic hat bekanntlich keinerlei Verständnis für eine mangelhafte Einstellung. "Es tut mir leid, dass sie absteigen", fand der Bayern-Coach ein paar tröstende Worte, bestätigte aber sogleich die Vorgabe an seine Spieler: "Wir waren nun einmal hier, um unser Bestes zu geben." Das darf man als gelungen betrachten.

Deutlicher wurde Center Zirbes: Vieles, was sich das Team vorgenommen habe, sei nicht gut ungesetzt worden, "Vechta hat gekämpft ohne Ende." In den kommenden Partien werde man die Bestleistung über die gesamte Spielzeit benötigen. Das klang in diesem Moment übertrieben, zeigt aber, dass die Münchner in anderen Dimensionen denken. Der 14. Sieg hintereinander macht die Bayern nicht nur zur Mannschaft der Stunde. Diese Serie beinhaltet Siege gegen Bamberg und Ulm, die beiden Teams, die in der Tabelle vor dem Dritten aus München liegen. Und sie macht die Bayern zu einem großen Titelanwärter.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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