Basketball:Kern ohne Stützen

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Das Team des Frauen-Zweitligisten TS Jahn verliert seine tragenden Kräfte. Die Basketballerinnen bauen daher weiter auf Talente.

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Fast hätten sie es ins Ziel geschafft, doch kurz vor dem letzten Hauptrundenspieltag endete im März auch in der zweiten Basketball-Bundesliga der Frauen abrupt die Saison. Wann und unter welchen Vorzeichen eine neue beginnt, ist eine der offenen Fragen, vor denen die TS Jahn München nun steht. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war sie Fünfter der Staffel Süd. Die erstplatzierten Bambergerinnen haben inzwischen auf ihr Aufstiegsrecht verzichtet; wer nachrückt, ist unklar. Münchens Abteilungsleiter Matthias Fackler hegt Zweifel daran, ob es wirklich Anfang Oktober weitergehen kann. "Der Amateursport ist signifikant angeschlagen", sagt er, "die ganze Landschaft wird sich verändern."

Kein Geld für drittklassige Profis: München baut weiter auf Talent

Damit meint Fackler durchaus auch die Frauen-Zweitligisten. Die meisten lebten von Kleinsponsoren, deren Geschäfte sich jetzt fast alle "im Risiko befinden". Er rechnet damit, dass allen elf Klubs dieser Liga in der Corona-Krise Sponsoren verloren gehen. Auch sein Klub lebt von vielen kleinen Geldgebern, aber auch von einem Förderverein, der unter Leitung von Franz Ostermayer Spenden beschafft. In Krisenzeiten sei Jahn München damit besser aufgestellt als die Konkurrenz, davon ist die Vereinsführung überzeugt. Das Budget ist für die 2. Bundesliga schon immer bescheiden gewesen, zuletzt habe es zwischen 40 000 und 50 000 Euro betragen. Ausländische Profis kamen so nie infrage, und das wird nun erst recht so bleiben. "Wir werden auch weiterhin keine drittklassigen US-Amerikanerinnen verpflichten", versichert Fackler. "Dafür haben wir kein Geld."

Die Freie Turnerschaft beschritt mit Erfolg den Alternativweg: Ihre gute Nachwuchsarbeit drückte sich in der Mädchen-Bundesliga WNBL durch zwei Finalteilnahmen in Serie aus, 2017 Rang zwei, 2018 der Titel. Doch der Erfolgsjahrgang von damals, der sich seither bei den Frauen etabliert hat, zerstreut sich. Die herausragende Topscorerin Emily Bessoir wird München verlassen. Die 18-Jährige wird noch ihr Abitur abschließen, im August tritt sie in Los Angeles an der UCLA ein Stipendium an. Ihr Vater ist US-Amerikaner, auch sie hat die amerikanische Staatsbürgerschaft, so dass einer Einreise nicht mal zu Corona-Zeiten etwas im Wege stehen sollte. Bessoir hat beste Möglichkeiten, es danach in die amerikanische Profiliga WNBA zu schaffen, dorthin, wo nach Marie Gülich kürzlich drei weitere junge Deutsche per Draft gelangt sind: Satou Sally (bisher Universität Oregon), 22, Luisa Geiselsöder (Donau-Ries), 20 - und Leonie Fiebich, ebenfalls 20. Die Landsbergerin, die zuletzt in Wasserburg aktiv war, spielte zuvor für München in der WNBL und zweiten Liga. Lea Pfeifer und Johanna Häckel, ihre ehemaligen Mitspielerinnen, wollen Medizin studieren, finden aber keine Studienplätze in der Nähe. Häckel wird wohl in Würzburg studieren, Pfeifer im Ausland. Und die Zwillinge Sarah und Jessica Lange werden College-Stipendien in den USA antreten.

Da auch Center Anna Heise ihren Abschied verkündet hat, ändert sich für das Trainerduo Markus Klusemann und Petra Fackler eine Menge. "Der Kern wird wohl bleiben", sagte Klusemann zwar, aber die tragenden Stützen sind weg. Wer sie ersetzt, ist unklar. "Zwei, drei Spielerinnen haben sich an uns gewandt", sagt Abteilungsleiter Fackler, darunter auch jemand aus der ersten Liga. München als Standort sei auch im Frauenbasketball attraktiv, betont er. Das Konzept, vor allem auf eigenen Nachwuchs zu setzen, werde trotzdem beibehalten.

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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