Basketball:Kaum Zeit zum Träumen

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"Es ist extrem schwer": Nihad Djedovic meint nicht seine Ähnlichkeit mit Zlatan Ibrahimovic. Auch nicht das Euroleague-Gastspiel der Bayern-Basketballer in Tel Aviv. Sondern den straffen Zeitplan.

Von Ralf Tögel, München

Nihad Djedovic schläft gut. Immer. Das ist per se eine gute Nachricht, für Djedovic hat dies eine besondere Bedeutung. Denn für den Basketball-Profi des FC Bayern ist Schlaf angesichts der Strapazen besonders wichtig. Die Münchner spielen eine Art Doppelsaison, mit wöchentlichen Belastungen im Ligaalltag und der höchsten kontinentalen Spielklasse, sie stehen zudem im Pokal-Viertelfinale und haben eine ganze Menge Auswahlspieler in ihren Reihen. "Es ist extrem schwer", sagt der Deutsch-Bosnier, "mit den Fenstern für die Nationalmannschaft ist das schon verrückt." In den vergangenen zehn Tagen hat die Mannschaft fünf Spiele absolviert, da muten die kommenden beiden Wochen fast wie Urlaub an, findet der 28-Jährige. An diesem Donnerstag (20.30 Uhr) steht die Partie in Tel Aviv an, danach ist BBL-Pause, ehe Khimki Moskau eine Woche später im Audi Dome gastiert. Dann folgen "ein paar wichtige Spiele", wie Djedovic findet. Diese darf man in der Tat als richtungsweisend bezeichnen. Allein im Dezember stehen die Bayern-Profis zehn Mal auf dem Parkett, gegen Gegner wie Madrid, Kaunas, Berlin und Bamberg.

"Ich bin nicht Zlatan": verblüffende Ähnlichkeit zwischen Nihad Djedovic, Basketballer, und Zlatan Ibrahimovic (re.), Fußballer, gibt es trotzdem. (Foto: Hans Rauchensteiner, Scott Winters/Imago)

Um auf höchstem Level Leistung abzuliefern, ja um diese Belastungen schadlos zu überstehen, müssen die Profis auf viele Dinge achten. Djedovic nennt Regeneration, dosiertes Training, Ernährung und eben "nach Spielen möglichst viel schlafen". Was derzeit recht gut funktioniert, die Bayern haben in der BBL mit neun Erfolgen in Serie einen Rekord aufgestellt, in der Euroleague sind sie mit einer Bilanz von 4:5 Siegen gut unterwegs.

Was man vom nächsten Gegner nicht behaupten kann. Tel Aviv hat nur eines von neun Spielen gewonnen, vergangene Woche wurde der Trainer ausgetauscht. "Für uns ist es nicht das beste Timing", findet Bayern-Cheftrainer Dejan Radonjic, "das ist immer ein Ansporn. So etwas gibt neue Energie, sie werden alles tun, um zurückzukommen." Der israelische Serienmeister sieht die K.-o.-Runde als Mindestanforderung an, dafür haben sie nicht zuletzt Scottie Wilbekin von Darussafaka Istanbul losgeeist, der die Türken in der vergangenen Saison zum Eurocup-Titel geführt hat. Auch die Bayern durften sich damals von den außerordentlichen Qualitäten des US-Amerikaners überzeugen, im Halbfinale schoss Wilbekin sie mit insgesamt 65 Punkten fast im Alleingang aus dem Wettbewerb. "Wir kennen Wilbekin, aber sie haben eine ganze Reihe exzellenter Spieler geholt", sagt Radonjic trocken.

Radonjic wirkt gelassen, die Strapazen kämen ja nicht überraschend, "der Spielplan war uns bekannt". Dass es nun etwas Luft zum Durchatmen gebe, nehme man schon gerne an, aber auch das sei längst in die Saisonplanungen eingeflossen. Alles im Lot. "Ich bin mit der Saison bisher sehr zufrieden", fügt der Montenegriner an.

Nihad Djedovic freut sich über die kleine BBL-Pause. Das Programm sei auch mental sehr fordernd, "auch für unsere Familien, wir sind nicht oft zu Hause". Mit den eigenen Leistungen ist er ebenfalls zufrieden. Dazu hat er guten Grund, Djedovic spielt eine sehr starke Saison. Woran das liege? Der Trainer habe daran großen Anteil. Radonjic stelle klare Aufgaben an sein Personal, das bringe Struktur ins Spiel. "Jeder weiß, was der Chef erwartet", erklärt er, was man als Seitenhieb gegen Vorgänger Sasa Djordjevic verstehen muss. Dort habe er sich oft mangels klarem Anforderungsprofil unwohl gefühlt. "Man fühlt sich dann schnell überflüssig." Der Serbe hatte Djedovic auf unterschiedlichen Positionen eingesetzt, auch als Point Guard, was Djedovic wenig behagte. Und was man an seinen Leistungen merkte. Unter Radonjic blüht er geradezu auf. Nur im ersten Euroleague-Spiel stand Djedovic nicht in der Startformation, seither ist er gesetzt, was er mit konstant starken Leistungen zurückzahlt. "Zu Saisonbeginn haben wir schlecht gespielt", sagt er, "aber wir haben uns als Team entwickelt und finden uns immer besser." Was noch zu erwarten sei? Man müsse schon realistisch bleiben, "das Erreichen der Playoffs ist das Maximum". Topteams wie Fenerbahçe oder Barcelona, die gegen die Münchner am Rande einer Niederlage waren, könnten gerade in den Schlüsselmomenten zulegen. "Das ist eine Qualität, die aus der Erfahrung resultiert", sagt Djedovic, "aus vielen Spielen auf diesem Level, in engen Momenten zeigen diese Teams Charakter."

Erfahrung sammeln auch die Bayern mit jeder Partie. Mit jedem Sieg steige der Respekt der Gegner. Was er in Tel Aviv erwartet? "Eine heiße Atmosphäre", so Djedovic, "eine Mannschaft, die sich sicher steigern wird." Momentan beschäftige ihn aber das nächste Training. Nicht zu viel nachdenken, von Tag zu Tag blicken, "nur so kann es funktionieren". Tel Aviv wird Nihad Djedovic nicht den Schlaf rauben.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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