Basketball:Kaltschnäuzig gegen die Eisvögel

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Wurde hart an der eigenen Grundlinie attackiert: Nicole Schmidt. (Foto: Claus Schunk)

Jahn München träumt nach dem Auftaktsieg im Playoff-Finale von der ersten Liga. Im so ausgeglichen besetzten Kader glänzt diesmal besonders Leonie Fiebich.

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Das Bild war bezeichnend: Die Freiburger Basketballerinnen lagen nach ihrer 54:60-Niederlage in der Halle von Jahn München am Boden. Ihre Fitness-Trainerin kannte kein Pardon, die "Eisvögel", so der Name der Mannschaft, mussten zehn Minuten lang Dehnübungen machen. Die siegreichen Jahn-Spielerinnen unterhielten sich derweil nach der Schlusssirene gut gelaunt mit Zuschauern, Freunden und ihren Familien. Anne Delafosse hielt dabei den kleinen Sohn von Magdalena von Geyr auf dem Arm. Im Mittelpunkt stand auch Leonie Fiebich. Die 18-Jährige hatte in der spannenden Schlussphase des ersten Playoff-Finalspiels nervenstark die Entscheidung zugunsten der Münchnerinnen herbeigeführt und damit in der Best-of-three-Serie die Tür zur ersten Bundesliga weit aufgestoßen.

"Fiebich war für uns nicht zu verteidigen", schwärmte Freiburgs Trainer Pierre Hohn von der Jugendnationalspielerin. "Anfangs war ich ziemlich nervös und blockiert", fand Fiebich selbst. "Am Schluss war es dann endlich besser."

Die Nervosität brachte sie mit ihrer Verletzung in Verbindung. Der Kreuzbandriss im Knie liegt zwar schon zehn Monate zurück, aber Fiebich verspürt immer noch eine gewisse Unsicherheit. Doch gerade, als ihre Mannschaft einen 40:30-Vorsprung mit mehreren Ballverlusten in Serie verspielte, war Fiebich die Konstante. Ob unter dem eigenen oder dem gegnerischen Korb, sie schnappte sich Rebound um Rebound. Zwölf waren es am Schluss. Da kam auch die erfahrene Freiburgerin Mirna Paunovic, inzwischen 41 Jahre alt, mit elf Rebounds nicht heran.

Am 28. April ist das zweite Spiel im Breisgau - vor wohl 1000 Fans. "Was haben wir da zu verlieren?"

Im Schlussviertel, als Freiburg mit 45:44 vorne lag, markierte Fiebich Punkt um Punkt. "Sie ist voll auf Touren gekommen", lobte sie Jahn-Trainer Rüdiger Wichote. Überhaupt lobte er seine gesamte Formation. Nicole Schmidt beispielsweise, die sich von Beginn an beim Spielaufbau schon an der eigenen Grundlinie zwei Gegnerinnen erwehren musste. Im Sprint nach vorne mit Ball schüttelte sie die Freiburgerinnen immer wieder ab und steuerte acht Zähler zum Sieg bei. Auch Mirela Damaschek hatte starke Phasen und beteiligte sich ebenfalls mit acht Punkten. Emily Bessoir war durch drei frühe Fouls und einem vierten im dritten Abschnitt gehandicapt, doch auch sie traf in den Korb, als die Schlussminuten kamen. Johanna Häckel, Verena Seligmann und Marie-Anne Bohn entlasteten die erste Fünf jederzeit gut.

Jahn-Leaderin Anne Delafosse, die 35 von 40 Minuten auf dem Feld stand, trieb ihre Mitspielerinnen durch laute Ansagen und Gesten immer wieder an. Ihr erkennbarer Siegeswille strahlte auf alle anderen aus. Besonders als Freiburg mit der starken US-Amerikanerin Kristin Gaffney (20 Punkte) sich zwischenzeitlich eine knappe Führung erspielte und Jahn minutenlang keine Punkte machte. "Diese Saison bedeutet mir sehr viel", hatte die 33-Jährige ihren enormen Ehrgeiz schon zuvor in der Kabine ihren Mitspielerinnen offenbart. Die vielfache Titelträgerin weiß, was nach der Niederlage in den Köpfen der Gegnerinnen vorging: "Jetzt geht bei denen das Zittern und das Nachdenken los."

Der Vorteil Jahns ist der so ausgeglichene Achter-Kader. "Immer wenn wir uns auf eine Spielerin konzentriert hatten, war eine andere da", beschrieb Freiburgs Coach Hohn sein Dilemma. "Wir sind nicht so ausgeglichen besetzt." Besonders die gute Jahn-Verteidigung machte Freiburg zu schaffen, das so wenig Punkte wie nie in dieser Saison erzielte. "München ist eine extrem gute Mannschaft", sagte Hohn.

Das hörte Rüdiger Wichote sehr gerne. Für ihn ist der geglückte Playoff-Auftakt der Höhepunkt seiner sechsjährigen Trainerarbeit bei Jahn München. Zugleich gibt er sich beim Gedanken an das zweite Playoff-Spiel am 28. April in Freiburg gelassen. Die tausend Zuschauer, die dort zum Spiel kommen werden, sieht er als Ansporn. "Was haben wir da zu verlieren?", fragte Wichote. Anne Delafosse gab die Antwort: "Ich will 2:0 gewinnen und aufsteigen."

© SZ vom 17.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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