Basketball:In alle Lücken gewirbelt

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Teamplayerin: Jahn-Aufbauspielerin Nicole Schmidt trägt derzeit viel Verantwortung. (Foto: Claus Schunk)

Die Frauen von Jahn München müssen zurzeit ohne drei Stammkräfte klar kommen. Andere übernehmen dafür die Führungsrollen.

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Wenn Nicole Schmidt spielt, fällt sie auf. Weil sie zierlicher ist als die meisten anderen, weil sie leichtfüßig mit viel Tempo zum Korb zieht, dynamisch ist im Ballvortrag. Dennoch versucht sich Schmidt nie in den Vordergrund zu spielen, im Gegenteil: Die 27-jährige Basketballerin der TS Jahn München ist durch und durch Teamplayerin. Doch es gibt Spiele in der 2. Bundesliga Süd, in denen sie die Führungsrolle zwangsläufig übernehmen muss. Etwa im Duell mit Speyer-Schifferstadt. Nur sieben Münchnerinnen hatten sich vergangenen Sonntag auf den Weg dorthin gemacht. Jahn-Trainer Rüdiger Wichote hatte Zweifel, ob dieses Rumpfteam bestehen könne, auch wenn es sich beim Gegner um den Tabellenletzten handelte. Doch dann war Wichote schwer beeindruckt, wie die Mannschaft um Spielmacherin Schmidt und Jungstar Emily Bessoir einen Start-Ziel-Sieg hinlegte. Mit 77:62 besiegte Jahn den Gegner aus der Pfalz und arbeiteten sich ein Spiel vor Hinrundenende auf Rang vier vor.

Drei Stammspielerinnen fielen aus, Ersatzkräfte, etwa aus der Regionalliga-Reserve oder aus der Nachwuchs-Bundesliga, seien nicht verfügbar gewesen, berichtete der Jahn-Trainer. Der Auftritt in Speyer habe deshalb viel Kraft gekostet. Besonders Schmidt und Bessoir waren stark gefordert. Schmidt wirbelte 39 von 40 Minuten durch, sammelte 26 Punkte. "Das war ihr bestes Saisonspiel", sagt Wichote. "Sogar eines ihrer besten in den fünf Jahren im Verein." Sie habe sich einmal mehr als Führungsspielerin profiliert. "Sie hat das Spiel geleitet, gut getroffen und dazu noch fünf Steals geholt."

Frühestens im Februar ist die Mannschaft wieder komplett

Auch die 16-jährige Emily Bessoir stand fast 35 Minuten auf dem Parkett. Sie sammelte wieder reihenweise Defensivrebounds, zehn waren es am Ende - ein Spitzenwert. Zudem steuerte sie 17 Zähler zum Erfolg bei. "Emily ist ein Phänomen", findet Wichote. "Jeder Gegner weiß schon, dass sie die zweite Kraft bei uns ist. Trotzdem agiert sie immer vielseitiger auf hohem Niveau." So war Bessoir auch wieder von der Dreierlinie erfolgreich. Der Coach ist sich sicher: "Wenn sie noch lernt, sich unter dem gegnerischen Korb aufzuposten, wird es noch besser."

Mit einer Rückkehr der Verletzten ist vorerst nicht zu rechnen: Die 33 Jahre alte Topscorerin Anne Delafosse (Muskelfaserriss) wird diesen Samstag fehlen, ausgerechnet bei der Reserve ihres ehemaligen Klubs TSV Wasserburg, und auch am Sonntag im Pokalspiel gegen den Erstligisten Herne. Leonie Fiebich, 17, der vor einem halben Jahr das Kreuzband riss, befindet sich bei Wichote im Individualtraining. "Alles noch ohne Kontakt", erklärt er. "Wir wollen sehr, sehr vorsichtig sein." Vielleicht fällt ihr Comeback ja zusammen mit dem von Magdalena von Geyr, 33, die vor kurzem Mutter geworden ist. Wichote rechnet mit ihrem Eingreifen Mitte Februar, ehe die letzten vier, fünf Spiele anstehen. Sie fühle sich körperlich schon wieder ganz gut, organisatorisch werde man ihr helfen, wo es geht.

Was Wichote besonders freute, war, dass in Speyer der gesamte verbliebene Rest funktionierte. Mirela Damaschek trug 13, Verena Seligmann elf und Jella Molz acht Punkte zum Sieg bei. Talent Johanna Häckel und Marie-Anne Bohn gönnten der ersten Fünf Verschnaufpausen. "Verena Seligmann hat den Sprung von der Regionalliga in die 2. Bundesliga geschafft", lobte Wichote. Damit gibt es immer mehr Alternativen. Der Jahn war überraschend mit drei Siegen in die Saison gestartet und stand kurzzeitig an der Tabellenspitze. Dann folgten vier Niederlagen in Serie; man fühlte sich an die warnenden Worte von Armin Sperber erinnert: "Das sind Siege gegen den Abstieg", hatte der Jahn-Manager während der Erfolgsserie gesagt. An die Abstiegsränge denkt an der Weltenburgerstraße in Bogenhausen keiner mehr. "Realistisch ist ein guter Mittelfeldplatz", glaubt Wichote. In baldiger Bestbesetzung wäre sogar mehr drin.

© SZ vom 09.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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