Basketball:Im Jubeljubeljahr

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Die weibliche U17 der TS Jahn München spielt am Wochenende um die deutsche Meisterschaft - als Gastgeber mit Außenseiterchancen

Von Andreas Liebmann, München

Das Organisationskomitee traf sich alle zwei Tage, es gab viel zu tun - sogar VIP-Plätze hatte der Verband vorgeschrieben. Die jungen Spielerinnen haben seit vier Monaten trainiert und Gewichte gestemmt wie noch nie in ihrem Leben. Die Euphorie ist spürbar. "Es ist eine Riesen-Story", schwärmt Trainer Armin Sperber: "Nur alle Jubeljahre kommt so eine Meisterschaft mal nach Bayern, und alle Jubeljubeljahre nach München." An diesem Wochenende wird an der Weltenburger Straße das Top4-Turnier um die deutsche Meisterschaft der WNBL ausgetragen, das ist die U-17-Bundesliga der Basketball-Mädchen. Äußerst selten gelinge es einer bayerischen Mannschaft, solch ein Endrundenturnier der besten vier Teams zu erreichen - "und wenn, dann gewinnt sie nicht", weiß Sperber. "Tja", fügt er genüsslich hinzu: "Wir sind dabei!"

Wir, das ist das Nachwuchsteam des Frauen-Zweitligisten TS Jahn München, das Sperber trainiert. "Ich mache das schon lange und hatte viele tolle Teams", sagt er, "aber ich versteige mich jetzt mal zu der Aussage: Das jetzige ist das beste - athletisch, technisch, taktisch und von der ganzen Persönlichkeit." Die meisten waren zusammen bereits Zweite der deutschen U-15-Meisterschaften, und nun, in der WNBL, haben sie gemeinsam auch schon wieder einen langen Weg zurückgelegt.

Dabei hatte es in der Südostgruppe gar nicht gut begonnen im vergangenen Herbst, zwei der ersten drei Partien gingen verloren: 55:67 bei den Main Sharks, 66:68 gegen Brose Bamberg. Der Rest waren Siege. Dann stießen die besten Gegner aus dem Südwesten hinzu. Jahn München gewann weiter. "Seit ein paar Monaten haben wir einen guten Lauf", sagt Sperber. Vom letzten Hauptrundenspiel, Dragons Rhöndorf gegen Jahn München, gibt es ein kleines Video im Internet, es zeigt die entscheidende Szene. Beide hatten das Top4 bereits erreicht, es galt nur noch zu klären, wer als Sieger des Südens - und damit als Gastgeber des Finalturniers - gegen die besten Nordteams antreten dürfte. Man sieht die letzte Sekunde, München führt 55:54, eine Rhöndorferin vergibt den letzten Freiwurf. Zu kurz, der Ball prallt vom Ring. In Sekundenbruchteilen strömen die Siegerinnen zusammen und hüpfen wild umher, als hätte da jemand einen Eimer schwarze Flummis ausgekippt. Auch die Kamera hüpft auf und ab.

Jahn München ist trotz allem Außenseiter, aber eben kein chancenloser. Im siebten Jahr gibt es die WNBL, seither hat nie ein Gastgeber ein Top4 gewonnen. Offenbar laste vor eigenem Publikum doch "einiger Druck auf den Wurfhändchen der jungen Athletinnen", vermutet Sperber - vielleicht ist es aber auch nur eine dieser Zufallsstatistiken, die man bei passender Gelegenheit mal widerlegen sollte.

Jahns Gegnerinnen jedenfalls sind das viel größere Problem, denn sie dürften eigentlich übermächtig sein. Im Halbfinale sind dies die Girls Baskets Braunschweig-Wolfenbüttel, also der Nachwuchs gleich zweier Zweitligisten, ausgebildet im Leistungszentrum Niedersachsen. Im anderen Semifinale stehen sich Rhöndorf und der SV Halle Junior-Lions gegenüber, die einen angebunden an ein Sportinternat, die anderen ans Leistungszentrum Sachsen-Anhalt. Alle stehen nicht zum ersten Mal im Top4, die meisten Spielerinnen sind bei Frauen-Erst- oder Zweitligisten im Einsatz, in den Jugendauswahlen sowieso. "Bei uns hat kaum eine Spielerin Regionalliga-Erfahrung", vergleicht Sperber. Die meisten Münchnerinnen besuchten ein normales bayerisches G8, wo eher wenig Rücksicht auf sportliche Hobbys genommen wird. "Diesen Nachteil müssen unsere Mädels mit sich herumschleppen", sagt Sperber, und: "Wir mit unserem biederen Vereinsbasketball können mit solchen Internaten nicht immer mithalten." Pause. "Aber manchmal eben doch!"

Sie haben unterwegs ja schon einige Favoriten abgehängt, mit einer der höchsten Punktausbeuten. Topscorerin ist Leonie Fiebich, eine 1,88 Meter große Flügelspielerin. "Vielleicht die beste 16-Jährige, die es in Deutschland gibt", sagt Sperber. Sie ist Gastspielerin aus Landshut, werde aber zur kommenden Saison einen Vertrag für Jahns Zweitliga-Frauen erhalten. "Sie trägt uns schon ganz schön", sagt der Trainer, doch die Gegner wüssten natürlich auch um Fiebichs Stärke. Weshalb das Kollektiv gefragt sei, eine allein sei ja schnell auszuschalten; auch andere müssten scoren, Lea Pfeifer und Johanna Häckel tun das besonders häufig. Auch Emily Bessoir ist eine Leistungsträgerin. "Sie hält die Deckung zusammen wie eine Große", lobt Sperber. "Eine Lange ist sie ja schon." Nämlich 1,92 Meter, mit 14 Jahren. Die meisten im Team sind jung genug, um noch ein weiteres Jahr gemeinsam in der WNBL zu spielen, das senkt den Druck. Auch eine österreichische Jugend-Nationalspielerin ist dabei, Valentina Klocker aus Salzburg.

Dreimal pro Woche haben die Mädchen zuletzt mit Sperber trainiert, dazu kamen einmal wöchentlich Individual-Training mit Zweitliga-Coach Rüdiger Wichote und zwei Einheiten Athletik-Training mit Zweitliga-Routinier Jezabel Ohanian. "Dieses Pensum werden wir natürlich wieder herunterfahren", versichert Sperber, doch zunächst wollen sie mit aller Macht versuchen, ihre Außenseiterchance zu nutzen. Vor eigenem Publikum, vor einigen VIP-Plätzen. Die Welt werde nicht untergehen, falls sie verlieren, "wir werden entspannt sein", betont Sperber. "Wir sind jetzt schon ziemlich glücklich." Aber falls sie noch zweimal, nach dem Halbfinale am Samstag (16 Uhr) und dem Finale am Sonntag (13.30 Uhr), jubeln sollten wie ein Eimer Flummis, hätte natürlich auch niemand etwas dagegen.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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