Basketball:Im Höhenflug verglüht

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Die Regionalliga startet ohne Aufsteiger Germering. Der ehemalige Zweitligist hat sein letztes Frauenteam abgemeldet.

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Bild aus besseren Tagen: Theresia Hofmann vor dem Aufstieg mit dem SV Germering in die zweite Liga. (Foto: Johannes Simon)

Auf den letzten gemeinsamen Fotos tragen sie ihre Meistertrikots. Halten eine Sektflasche ins Bild, eine Glastrophäe. Die Gesichter der zwölf jungen Frauen strahlen, wie man eben strahlt, wenn man den zweiten Aufstieg nacheinander geschafft hat. Bayernligameister 2017. Es sah nicht nach einem Abschied aus. Sechs Monate ist das her.

An diesem Wochenende startet die Basketballsaison in der Frauen-Regionalliga Südost - ohne Aufsteiger SV Germering. Kurz nach dessen Meisterfeier hatten die ersten Spielerinnen für die Regionalliga abgesagt. Neun waren es am Ende, die nicht mitmachen wollten. Alle Versuche, den Kader mit externen Zugängen aufzustocken, scheiterten. Die Konsequenz: Der SV Germering musste sein Erfolgsteam abmelden. Vorerst wird es gar keine Frauenmannschaft beim SV mehr geben. Dabei war der Verein mal eine Hochburg des Frauenbasketballs in Bayern. Vor sechs Jahren trat er noch in der zweiten Bundesliga an.

Die Stimmung war perfekt, sagt der Trainer. Nun sind zwei Jahre Aufbauarbeit über Nacht dahin

Die Spielerinnen erklärten ihren Verzicht mit dem Aufwand, den die höhere Liga erfordern würde. Die weiteren Reisen, ein drittes Training pro Woche. "Ich hätte gerne Regionalliga gespielt", sagt Theresia Hofmann dagegen. Sie kann die Entscheidung der anderen nicht verstehen, auch deren Argumente kann sie schwer nachvollziehen. "Es wären zwei, drei Spiele mehr gewesen als in der Bayernliga, die Fahrten sind etwas weiter als zuvor", sagt sie - "viel mehr Aufwand ist das nicht."

Hofmann, 30, ist über Germering hinaus bekannt. Die Flügelspielerin, die früher Schollweck hieß, war einst in Nördlingen in der ersten Liga aktiv. Die Lehrerin war dem SV Germering verbunden geblieben, auch nachdem er sich vor sechs Jahren aus der zweiten Liga zurückgezogen hatte. Sie war der Aktivposten beim SVG, hauptverantwortlich für den Aufschwung, Bayernliga-Topscorerin. Als Mutter zweier kleiner Kinder hätte gerade sie gute Gründe gehabt, für die Regionalliga abzusagen.

Hofmann tat es nicht. Auf seine beste Spielerin konnte Trainer Dario Orsolic bauen. Im August und September hatte er einige Anstrengungen unternommen, um den auf drei Spielerinnen geschrumpften Kader aufzufüllen. "Leider hat das nicht geklappt", sagt Orsolic enttäuscht. Nur fünf bekam er zusammen; mindestens zehn hätte er für die Spielzeit gebraucht. "Der Rückzug hat mich sehr traurig gemacht", sagt der Trainer. Zwei Jahre Aufbauarbeit waren quasi über Nacht dahin. Der Kroate hatte die SVG-Frauen 2015 übernommen und war mit ihnen zweimal aufgestiegen. Orsolic kann den Verzicht der Spielerinnen bis heute nicht begreifen. Sei doch die Stimmung nach zwei Aufstiegen perfekt gewesen. Der Verein wollte in der Regionalliga an alte Zeiten anknüpfen. Viele Jahre spielten die Frauen einst in dieser Liga, ehe der SVG 2009 den Sprung in die zweite Liga schaffte. Dort hielt er sich zwei Jahre lang, bis der Sponsor samt Lizenz zur TS Jahn München überging, die bis heute in der zweiten Liga spielt. Germerings Aufbauspielerin Nicole Schmidt, 27, ein SVG-Eigengewächs, wechselte damals zu den Münchnerinnen und ist heute eine der profiliertesten Zweitliga-Akteurinnen. Der SVG stürzte bis in die Bezirksoberliga ab.

Schmidt wie Hofmann gingen vor vielen Jahren aus einer Kooperation mit den vier Germeringer Grundschulen hervor - ein Förderprojekt, das einen ständigen Zustrom an jungen Talenten vor allem in der weiblichen Jugend brachte. Auch dieser Zustrom gehört der Vergangenheit an. Aus Mangel an Nachwuchs gab es Kooperationen mit dem Nachbarklub Slama Jama Gröbenzell, um Jugendmannschaften vollzubekommen. Eine eigene weibliche U17 musste im vergangenen Jahr ebenfalls wieder zurückgezogen werden, weil Spielerinnen fehlten. "In der kommenden Saison bringen wir eine U14 an den Start", kündigt Konstantin Wohofsky zuversichtlich an. In der U10 und U12 spielen Mädchen in gemischten Mannschaften, erklärt Germerings Basketball-Abteilungsleiter.

Auch Wohofsky, seit 2012 im Amt, war schwer irritiert über die unerwartete Einstellung des Frauen-Spielbetriebs. Die Regionalliga wäre ein "finanzielles Abenteuer" geworden, räumt Wohofsky ein, aber man hätte das schon gestemmt. Die Chance, "positive Schlagzeilen für den Verein zu machen", wie er sich das ausgemalt hatte, sei damit nun natürlich vertan. Trainer Dario Orsolics Fazit aus vielen Jahren Trainertätigkeit klingt ernüchternd: "Mit Frauen", sagt er, "gibt es im Basketball immer ein Risiko."

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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