Basketball:Herzblut statt Profis

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„Erfahrung und Stabilität“: Der ehemalige Bayreuther Peter Zeis, 30, ist nach Oberhaching zurückgekehrt. (Foto: Claus Schunk)

Die Oberhaching Tropics starten mit geringen Mitteln in die Pro B. Ihr Trainer setzt auf Euphorie und Zusammenhalt.

Von Marie Schneider, Oberhaching

80 Fantrikots haben die Oberhaching Tropics schon verkauft. "80! Letzte Saison hätten wir uns über eins gefreut", sagt Mario Matic, der Trainer. Durch den Aufstieg in die dritte deutsche Basketballliga Pro B hat sich einiges verändert beim TSV Oberhaching-Deisenhofen. "Der Aufstieg hat eine Euphorie im gesamten Verein ausgelöst. Wir haben Dauerkartenanfragen, viele Kinder melden sich an, es ist phänomenal, was gerade passiert", schwärmt der Coach. Sportlich mag der Aufstieg eindeutig gewesen sein, aber finanziell war es lange Zeit ja gar nicht sicher, ob der kleine Verein den Sprung in diese Profiliga überhaupt schaffen würde. Nun will Matic natürlich den Klassenerhalt sichern - allerdings soll das Team ganz ohne Profispieler zurechtkommen.

Innerhalb von nur drei Monaten mussten die Basketballer ihren Verein von einem Amateur- auf eine Art Profibetrieb umstellen. "Der Sprung von der Regionalliga in die Pro B ist immens. Nicht unbedingt auf sportlicher Ebene, aber von der Organisation her gibt es einen viel größeren Aufwand", erklärt Matic. Er kennt die Liga, hat bereits acht Jahre in Nördlingen auf diesem Niveau gecoacht, daher wisse er, was der Aufstieg bedeute. Er habe einige Nächte durcharbeiten müssen, um die Anforderungen der Liga zu erfüllen: Schiedsrichterbetreuer, Hallensprecher, Pressetische, all das waren Neuerungen, mit denen er sich beschäftigen musste. Eines der größten Probleme war die Halle der Tropics. In der Pro B müssen dort mindestens 500 Zuschauer Platz haben, im Gymnasium Oberhaching, wo das Team bisher zu Hause war, wären es unter Beachtung der Sicherheitsaspekte nur 300 Personen gewesen. Künftig wird das Team in der neueren Halle der Grundschule Deisenhofen spielen - vor bis zu 520 Fans.

Schon vor zwei Jahren hätten die Tropics sportlich in die Pro B aufsteigen können, damals hielten sie das finanziell und organisatorisch für unmöglich. Auch dieses Mal steht der Club wirtschaftlich nicht viel besser da: "Wir sind die Mannschaft mit dem kleinsten Etat. Und wir können uns als einziges Team in der Liga keinen Profi leisten", erklärt Matic. Die Spielklasse sei so teuer, dass die finanzielle Hilfe der Sponsoren gerade so die Kosten decke, für Berufssportler sei kein Geld übrig. Doch auch ohne Profis ist Matic von seinem Team überzeugt. Zwar laufen Jakob Stolte, Benjamin Ivancic, Thomas Pethran und Ognjen Zoric in der kommenden Saison aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mehr für die Tropics auf, dafür gibt es aber Verstärkung von vier Neulingen. Der 22-jährige Chris Würmseher kommt von Schwabing und soll John Boyer auf der Aufbauposition helfen. Ferdi Kleber "sorgt von der Bank für frischen Wind", so Matic. Der 24-Jährige habe die Coaches im Training durch seine Athletik überzeugt: "So jemanden haben wir bisher nicht gehabt." Er unterstützt Torsten Walter, Janosch Kögler und Christian Hustert, die seit drei Jahren für die Tropics spielen, auf den Positionen zwei und drei. Peter Zeis kehrt nach Oberhaching zurück und bringt "Erfahrung und Stabilität" mit. Der 30-Jährige spielte einige Jahre lang für Bayreuth in der Bundesliga, bevor er nach Oberhaching und anschließend für eine Saison zum VfL Treuchtlingen wechselte. Und im 2,03 Meter großen Billy Bessoir bekommen die Tropics einen Basketballer, der "von der drei bis fünf alle Positionen spielen kann" - vor allem lobt Matic die Wurfqualität des jungen Münchners. Schließlich gibt es auch im Trainerteam einen Neuen: Co-Trainer Milos Kandzic, der bisher Frauenteams in Bad Aibling trainierte und künftig auch für die Jugend zuständig ist. Die soll erheblich ausgebaut werden.

Matic glaubt, dass es neben dem FC Bayern Platz für einen zweiten großen Verein in der Region gibt: "Wer weiß, was in drei Jahren ist. Wenn wir die Kräfte mit Jahn und Schwabing bündeln, können wir etwas aufbauen. Aber im Moment kann man nur ein bisschen träumen. Jetzt geht es erst einmal ums Überleben." Und das wird ohne Profis und ohne hervorstechenden Topspieler in der dritten Liga schwierig.

"Unser Vorteil ist, dass wir eingespielt sind. Die meisten Spieler kennen sich schon lange", sagt Matic und hofft, mit der Erfahrung seines Teams punkten zu können. Hinzu komme der starke Wille, den die Mannschaft in den letzten Jahren unter Beweis gestellt habe, auch "wenn die Beine nicht mehr wollten". Mit den Fans im Rücken bestehe an guten Tagen bei jedem Heimspiel die Chance, zu gewinnen. Das erste findet in gut vier Wochen gegen die Baskets Elchingen statt. Offensiv macht sich der Trainer wenig Sorgen, aber "wir müssen uns defensiv auf jeden Fall steigern". Bei nur drei Trainingseinheiten pro Woche dürfte es auch schwierig werden, die Spieler auf die richtige Fitness zu bringen. Matic setzt auf Zusammenhalt und Aufstiegseuphorie. "Wir haben Herzblut." Dass der Aufstieg geglückt ist, nennt er "schier ein Wunder". Womöglich braucht es in der kommenden Saison ein weiteres Wunder, um in der Liga zu bestehen. Vielleicht können sie sich nächstes Jahr um diese Zeit dann aber schon über 800 verkaufte Fantrikots freuen.

© SZ vom 28.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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