Basketball:Genug Persönlichkeit entwickelt

Lesezeit: 3 min

„Das ist die Zukunft des deutschen Basketballs“, sagt Trainer Oliver Kostic (re.) über Spieler wie Amar Gegic. (Foto: Claus Schunk)

Nach vier Niederlagen zum Saisonauftakt glückt dem FC Bayern II gegen Coburg der erste Sieg in der ProB.

Von Matthias Schmid, München

Amar Gegic geht es viel zu langsam. Er will nicht auf das Kind warten, das zum Putzdienst eingeteilt ist. Gegic greift also lieber selber zum Wischmopp und radiert die Schweißflecken unter dem Korb weg. 72:68 führt in diesem Moment seine Mannschaft gegen den BBC Coburg. Der FC Bayern II tut sich am Samstagabend im Audi Dome schwer gegen die Oberfranken, es ist eine enge, intensive Partie in der 2. Liga ProB, der eigentlich dritten Liga im Profibasketball. Gegic, ein in Stuttgart geborener Bosnier, ist sich nicht zu schade dafür, nach getaner Putzarbeit den Wischer wieder ordentlich an den Stuhl zu lehnen und anschließend in die gegnerische Hälfte zu rennen, den Ball zu fangen und ihn aus der Distanz zum 75:68 in den Korb zu werfen. Die Vorentscheidung vier Minuten vor der Schlusssirene.

Ausnahmetalent Pecarski, 17, spielt lieber mit Belgrad im Eurocup

Es sind so selbstlose und allürenfreie Szenen wie diese, die Oliver Kostic herzzerreißend findet und die ihn jeden Tag motivieren, mit den jungen Spielern zu arbeiten, Geduld und Nachsicht für sie aufzubringen. Kostic ist Cheftrainer der zweiten Mannschaft des FC Bayern. Seine komplexe Aufgabe ist es, die Hochbegabten wie den 19-jährigen Gegic, der am Ende 17 Punkte gesammelt haben wird, so auszubilden, dass sie es später in den Münchner Profikader schaffen. Vorbild ist Karim Jallow, der in dieser Saison schon in die Bundesliga schnuppern und ein paar Minuten mitmachen durfte. Gegen Coburg ist der 19-Jährige am Ende mit 29 Punkten und seiner Präsenz derjenige Spieler, der seiner Mannschaft zum 87:72-Erfolg verhilft, zum ersten Sieg im fünften Saisonspiel. "Das war ein Spiel für Karim, wie er es braucht, um auf das nächste Level zu kommen", lobt Kostic. Das nächste Level ist die BBL. Jallow bringt spielerisch alles mit, um später verlässlich in den großen deutschen Arenen oder auch woanders in Europa auflaufen zu können. "Dafür muss er aber solche Spiele wie gegen Coburg dominieren", mahnt Kostic.

Der 44-jährige Serbe hat selbst schon Profimannschaften trainiert, sein Lehrmeister war Trainerikone Svetislav Pesic, er weiß ganz genau, welche Fähigkeiten und Anforderungen die jungen Spieler benötigen, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. "Das ist die Zukunft des deutschen Basketballs", wiederholt er immer wieder, wenn er auf seine Mannschaft zu sprechen kommt. Siege seien wichtig, sagt Kostic, aber noch mehr als Erfolge "entwickeln Niederlagen die Persönlichkeit weiter", wie er findet. Doch in dieser Spielzeit sind es mehr Niederlagen, als ihm lieb sein kann. Das hängt einerseits mit Verletzungen zusammen, die so zahlreich sind, dass sie sogar Tobias Korndörfer zum Rücktritt vom Rücktritt überzeugen mussten; der 27-Jährige hilft nun für ein paar Spiele aus. Andererseits mit dem überraschenden Abschied von Marko Pecarski. Der 17-jährige Serbe gilt als Ausnahmetalent im europäischen Basketball, er ist ein Überflieger, der nicht nur sein Heimatland zum U-18-Europameistertitel führte, sondern auch die Münchner U 19 in diesem Jahr zur deutschen Meisterschaft. Pecarski war als große Attraktion angekündigt worden, als großes Versprechen für die Zukunft des Profikaders von Sasa Djordjevic sogar.

Doch der 2,08 Meter großer Center zog es vor, München nach nur einer Spielzeit zu verlassen, um mit Partizan Belgrad im zweitwichtigsten europäischen Klubwettbewerb, im Eurocup, spielen zu können. In seiner Heimat muss er sich nicht gedulden und hinten anstellen, er wird hofiert und gefeiert. Kostic bedauert Pecarskis Abschied, aber viele Worte will er darüber nicht verlieren. Viel lieber spricht er über die Spieler, die da sind, über Jallow und Gegic. Aufsteigen in die ProA müssten sie nicht. Eines Tages vielleicht schon, wie er sagt. "Aber dafür müssen sie selbst bereit sein", fügt Kostic hinzu.

Hilfe von außen wird es nicht geben, keine Zukäufe amerikanischer Profispieler, wie Coburg gleich drei in seinen Reihen hat, um sich auch mit der zweiten Mannschaft dem Niveau des Profiteams anzunähern. Abteilungsleiter Andreas Minges betont: "Die Spieler machen sich den größten Druck schon selbst, in die Playoffs kommen zu wollen." Amar Gegic und den anderen kann es auch sportlich nicht schnell genug gehen.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: