Basketball-Eurocup:Wühler mit Gefühl

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Überragend, in jeder Beziehung: Danilo Barthel war am Mittwoch von keinem Turiner zu stoppen, auch nicht von Deron Washington. (Foto: Christian Kolbert/Imago)

Danilo Barthel soll beim FC Bayern die Lücke füllen, die Milan Macvan hinterlässt: Beim 107:81-Erfolg über Turin trägt er gleich am meisten dazu bei, dass die Münchner vorzeitig Gruppensieger werden.

Von Joachim Mölter, München

Der Basketball-Trainer Aleksandar Djordjevic neigt nicht zum Überschwang, deshalb bekommt es eine besondere Bedeutung, wenn er mal über einen seiner Spieler schwärmt, wie am Mittwochabend zum Beispiel über Danilo Barthel. Der habe eine Einstellung, "die man wirklich bewundern muss", lobte Djordjevic und präzisierte: "Er kommt jeden Tag zum Training und gibt einhundert Prozent, egal, was vorher war - ob er viel gespielt hat oder wenig, ob er viel gepunktet hat oder gar nicht."

Am Mittwoch hat Danilo Barthel viel gespielt beim 107:81 (44:40) des FC Bayern München im Eurocup gegen Fiat Turin, er hat sogar am meisten dazu beigetragen, dass seine Mannschaft mit dem Erfolg schon am vorletzten Spieltag der Zwischenrunde den Gruppensieg samt K.-o.-Runden-Teilnahme (ab 6. März) sicherte: die meisten Punkte (21), die meisten Rebounds (acht, sechs in der Offensive), die meisten geblockten Würfe des Gegners (drei). "Es freut mich, wenn der Coach sieht, dass ich jeden Tag Vollgas gebe, um mich zu verbessern", sagte Barthel.

Das Ergebnis seiner Anstrengungen im täglichen Training war beim Spiel am Mittwoch nicht zu übersehen von den 5235 Zuschauern in der Halle. Es ist auch den Beobachtern des Geschehens in der Eurocup-Zentrale in Barcelona nicht verborgen geblieben: Die kürten Barthel umgehend zum MVP des fünften Zwischenrunden-Spieltags, zum "wertvollsten Spieler".

Barthel bleibt bescheiden: "Mir sind ein paar Bälle in die Hände geflogen beim Rebounden."

Für den FC-Bayern-Coach Djordjevic ist der 26-Jährige vermutlich auch in den kommenden Wochen der wertvollste Spieler. Denn Barthel muss auf der Position des Power Forwards in erster Linie den verletzten Milan Macvan ersetzen; der Serbe zog sich vor einer Woche beim Eurocup-Spiel in St. Petersburg (80:78) einen Kreuzbandriss zu und fällt für den Rest der Saison aus. Macvan spielte in Djordjevics Spielkonzept eine führende Rolle: "Er war derjenige, der dafür gesorgt hat, dass unser Spiel in die Gänge kommt. Er hat immer den ersten Schlag ausgeführt."

Diese Aufgabe kommt nun auf Barthel zu, bislang der nominelle Ersatzmann von Macvan. Gegen Turin hat er diese Aufgabe bravourös gemeistert. Gemeinsam mit dem seit Wochen in Hochform spielenden Reggie Redding (20 Punkte) trieb er die Münchner in der ersten Halbzeit an. "Mir sind ein paar Bälle in die Hände geflogen beim Rebounden", sagte Barthel. "Es ist immer ganz gut, wenn man mit solchen Kleinigkeiten ins Spiel kommt." Seine Teamkollegen taten sich schwerer, in einen Rhythmus zu finden.

Erst nach der Pause und einer Ansprache von Trainer Djordjevic zogen die Münchner ihren Gästen davon - mittels eines Zwischenspurts vom 46:48 (22.) zum 75:50 (29.). Der Trainer habe in der Halbzeit mehr Leidenschaft und Einsatz gefordert, berichtete Barthel: Er wolle "das Blut in unseren Augen sehen". Barthel hätte das beinahe wörtlich genommen: Nach einem Ellbogenschlag zu Beginn des vierten Viertels blieb er für den Rest der Partie auf der Bank sitzen und kühlte mit einem Eisbeutel die Region unter seinem linken Auge. "Alles gut, Glück gehabt, es hat nicht geblutet", beruhigte er nachher.

"Auch wenn es nicht auffällt: Ich bin eigentlich der größte Spieler bei uns."

Barthel darf jetzt nicht auch noch ausfallen, das war die wichtigste Erkenntnis aus der Partie gegen Turin. Denn vor seiner endgültigen Auswechslung hatte er ein paar Minuten auf der Center-Position ausgeholfen, weil der dort etatmäßig spielende Devin Booker längst auf der Bank saß mit einem brummenden Schädel und dessen erster Vertreter Maik Zirbes wegen Foulproblemen vor dem Aus stand. "Ich kriege das ganz gut hin, auch auf der Fünf zu spielen", versicherte Barthel. Auf dieser Position spielen für gewöhnlich die längsten Akteure einer Mannschaft. "Auch wenn es nicht auffällt", sagt Barthel: "Ich bin eigentlich der größte Spieler bei uns." Mit seinen 2,08 Meter misst er tatsächlich mehr als Zirbes (2,07), Macvan (2,06) und Booker (2,05).

Danilo Barthel ist vielseitig verwendbar, er kann mit seiner Masse unter dem Korb wühlen und mit seinem Fingerspitzengefühl auch aus der Distanz werfen. Trainer Djordjevic schätzt auch das: "Danilo harmoniert auf dem Spielfeld mit jedem unserer anderen Großen. Er hilft der Mannschaft mit seiner Vielseitigkeit. Aber ich will jetzt auch nicht die ganze Last auf seine Schultern laden."

Danilo Barthel würde die Herausforderung schon annehmen. So sehr auch er den Ausfall von Milan Macvan bedauert, "der uns sehr weh tut", so sehr freut er sich, dass er nun in der Startformation spielen darf. Das war bei seinem vorherigen Klub in Frankfurt sein Stammplatz gewesen, und obwohl er schon seit Sommer 2016 in München ist, fällt ihm die Umstellung immer noch schwer, wie er sagt. Aber er arbeitet daran, jeden Tag, zu hundert Prozent.

© SZ vom 02.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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