Basketball:Es brummt

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Wer kommt? Wer geht? Der FC Bayern feilt an einem Kader, der Meister Bamberg angreifen kann. Spielmacher Stefan Jovic aus Belgrad ist kurz vor Vertragsabschluss, Maxi Kleber bei Dallas im Gespräch.

Von Ralf Tögel, München

Irgendwann legte Marko Pesic sein Handy dann doch zur Seite. Bei der Frequenz an Nachrichten und Anrufen war es auch schwer möglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Während Mannschaft und Trainer gerade irgendwo urlauben und sich von einer anstrengenden Saison erholen, sind diese Tage für den Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern München, dessen Vertrag vor ein paar Tagen um zwei Jahre verlängert wurde, die wohl forderndsten des gesamten Jahres. Denn jetzt werden die Entscheidungen für die kommende Saison getroffen, jetzt werden die Verträge formuliert und unterzeichnet. So auch beim FC Bayern, dem Verein, der seit drei Jahren vergeblich einem Titel hinterherhechelt, dem Klub, für den Titel aber Teil seiner Identität sind - nicht nur der Fußballer. Keinem ist das so gegenwärtig wie dem Präsidenten. Man werde die richtigen Entscheidungen treffen, versprach Uli Hoeneß kürzlich im Gespräch mit der SZ. Diese Nachricht ist natürlich zuvorderst an den Platzhirsch ins Oberfränkische adressiert: "Wir werden eine Mannschaft zusammenstellen, die Bamberg angreifen kann."

"Mit Hackett haben wir gar nicht verhandelt, aber unser Name ist halt interessant."

Fest steht bis dato der Zugang des Ulmer Point Guards Braydon Hobbs, der vom letztjährigen Vorrunden-Besten aus Ulm an die Isar wechselt. Dort war der 28-Jährige ein wichtiger Faktor, der über mehrere Stationen in Australien, Spanien und Ungarn 2016 zum Aufsteiger Gießen in die Bundesliga kam. Bei den Münchnern ist der erfahrene Akteur für die Backup-Position vorgesehen, in Kürze wird ein prominenterer Spielmacher folgen, da das Duo Nick Johnson und Dru Joyce bekanntlich ausgewechselt wird. Nach SZ-Informationen ist der serbische Nationalspieler Stefan Jovic kurz davor, einen Zweijahresvertrag zu unterschreiben. Der hat zu Münchner Euroleague-Zeiten vor zwei Jahren eine eindrucksvolle Bewerbung im Audi Dome hinterlassen: Mit 19 Assists stellte der 26-Jährige einen Euroleague-Rekord auf und führte Roter Stern Belgrad, in deren Reihen damals auch Center Maik Zirbes stand, zu einem 90:79-Erfolg.

Pesic hält Jovic für einen der besten Spielmacher der Euroleague. Die Point-Guard-Position stellt beim FCB die Königspersonalie dar, schnell waren prominente Namen wie Daniel Hackett oder Fabien Causeur im Spiel. Ein üblicher Vorgang in solchen Tagen, wie Pesic erklärt, Spieler werden von ihren Beratern angeboten, Verhandlungen öffentlich gemacht und so der Preis nach oben getrieben. "Natürlich sind solche Spieler auch für uns interessant", so Pesic, aber er habe früh gewusst, dass Hackett zu Bamberg und Causeur zu Real Madrid geht. "Mit Hackett zum Beispiel haben wir gar nicht verhandelt und auch kein Angebot abgegeben. Aber unser Name ist halt interessant."

Vom neuen Spielmacher des FCB werden indes weitere Verpflichtungen abhängen, erklärt Pesic, was etwa Reggie Redding betreffen könnte. Der amerikanische Flügelspieler, dessen Vertrag ausgelaufen ist, hat eine solide Saison gespielt und ist zudem in der Lage, ein Spiel zu gestalten: "Mit der Position beschäftigen wir uns, wenn die Aufbauposition erledigt ist", erklärt Pesic, "es ist vieles im Fluss." Das Gros der Bayern-Spieler hat ohnehin gültige Verträge, mit Vladimir Lucic wurde kürzlich verlängert, Alex King unterschrieb am Mittwoch für eine weitere Spielzeit. Auf den großen Positionen gibt es jedoch Bedarf, denn die Verträge von Devin Booker und Maik Zirbes sind ausgelaufen. "Booker wollen wir halten, und er möchte in München bleiben", sagt der Geschäftsführer, "ich bin überzeugt, dass er im zweiten Jahr bei uns sicher noch besser spielen wird." Eine Weiterbeschäftigung von Maik Zirbes, der an die Bayern ausgeliehen war, dürfte sich schwieriger gestalten, der deutsche Nationalcenter hat bei Maccabi Tel Aviv einen gut dotierten Kontrakt. Maximilian Klebers Zukunft ist derweil noch offen. Die nordamerikanische Profiliga NBA wäre der einzige Mitbewerber, der für den FC Bayern eine Nummer zu groß ist. Kleber, der für die Münchner als Sympathieträger und Identifikationsfigur eine zentrale Rolle spielt, hat neben einem Vertrag bis 2018 auch eine Ausstiegsklausel gegen eine fast siebenstellige Summe für den FCBB. Pesic sagt: "Maxi spielt kommende Saison entweder NBA oder bei uns." Spätestens bis zum 15. Juli herrsche Klarheit, Pesic klingt bei diesem Satz zuversichtlich, trotz kolportiertem Interesse aus Dallas.

Sicher ist auch, dass sich die Münchner im organisatorischen Bereich breiter aufstellen. "Wir werden einen Sportdirektor holen", sagt Pesic, die enorme Entwicklung der Profi-Untersparte sei dafür ursächlich. "Wir haben ein Jugendprogramm aufgebaut, das in Deutschland seinesgleichen sucht", findet der Bayern-Geschäftsführer, es gebe sechs hauptamtliche Trainer, die zweite Mannschaft spielt in der "mindestens semiprofessionellen" zweiten Liga ProB, die dritte in der Regionalliga. Sämtliche Jugendteams sind in den höchsten Spielklassen notiert, die U14 und die U19 deutsche Meister. Es gibt viele Themen, die den Geschäftsführer auf Trab halten, dem Volker Stix zwar in den Bereichen Finanzen, Verwaltung und Nachwuchs eine wertvolle Hilfe ist, der Klub benötige indes jemanden, "der sich praktisch rund um die Uhr um die Teams kümmert", sich mit den sechs hauptamtlichen Trainern im Nachwuchsprogramm austausche, Trainings beobachte, die Profis begleite, eben das, so Pesic, worum er sich zu Beginn seiner Zeit beim FCB gekümmert habe. Pesic kam 2011 als Sportdirektor, wurde zwei Jahre später zum Geschäftsführer bestellt, seither ist der Posten vakant.

FCB-Geschäftsführer Marko Pesic macht all das viel Arbeit. (Foto: imago/Lackovic)

Die rasante und stetige Entwicklung des Klubs - Pesic erwähnt die mittlerweile 30 Mitarbeiter - habe seinen Aufgabenbereich, zu dem unter anderem Sport, Sponsoring, Ticketing und Merchandising zählen, zu einem "Riesenmonster" wachsen lassen. Dass er Unterstützung braucht, ist auch eine Erkenntnis aus den vergangenen drei Jahren, in denen der Klub ohne Trophäe blieb. Zumal der FCB international das höchste Geschäft anpeilt: die Euroleague. Der nationale Titel wäre die simpelste, aber auch schwerste Möglichkeit, ein Startrecht zu erlangen. Allerdings ist der FCB ein interessanter Klub für diesen Wettbewerb, das hat Euroleague-Chef Jordi Bertomeu stets betont. Uli Hoeneß hat die Euroleague allein wegen der für 2020 angepeilten neuen Multifunktionshalle als mittelfristiges Ziel ausgegeben. Man sei "im ständigen Austausch mit der Euroleague", so Pesic, der seit Mittwoch beim Meeting dort in Barcelona weilt.

In den kommenden Wochen wird es dem Geschäftsführer nicht langweilig werden, neben Spielerverhandlungen steht im Audi Dome ein Umbau an, unter anderem wird der VIP-Bereich vergrößert. Dann sagt Pesic: "Man muss eines wissen, wir sind kein normaler Verein. Wir sind der FC Bayern." Sein Handy brummt ohne Pause.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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