Basketball:Dreiviertel-D-Zug

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Reggie Redding weiß, wann er übernehmen muss. Das hat er auch in Jerusalem gezeigt. (Foto: Alexander Freiesleben/Imago)

Der FC Bayern gewinnt auch seine Eurocup-Partie in Jerusalem, ist aber nicht restlos zufrieden.

Von Ralf Tögel, München

"Wir müssen einfach mehr in uns selbst vertrauen, Würfe nehmen, gute Entscheidungen treffen." Sind das die Worte eines Trainers nach dem dritten Sieg im dritten Spiel in einem internationalen Wettbewerb? Sind sie. Natürlich war die Analyse von Aleksandar Djordjevic direkt nach der Partie seines FC Bayern München bei Hapoel Jerusalem ein bisschen umfangreicher, und ja, er freute sich über "einen sehr wichtigen Auswärtserfolg in einem erwartet harten Spiel". Aber der Bayern-Coach stand noch unter dem Eindruck der letzten sechs Spielminuten, jener Phase, in der die Partie zu kippen drohte. Die Münchner sahen bis dahin wie der sichere Sieger aus, beherrschten den Gegner drei Viertel scheinbar nach Belieben und führten fast immer zweistellig. Unter dem Strich blieb ein 91:83-Sieg in der Pais-Arena zu Jerusalem, die sich nicht umsonst den Ruf eines Hexenkessels erworben hat.

Die Bayern haben nun bei Galatasaray Istanbul und in Jerusalem gewonnen, zwischendrin im heimischen Dome den litauischen Vertreter Panevezys mit 93:57 gedemütigt. Istanbul und Jerusalem wurde gar der Gewinn des Eurocups zugetraut, was man wohl fürs Erste revidieren muss, beide Teams zieren mit drei Niederlagen das Ende der Gruppe B. Für die Münchner gilt das Gegenteil, mit jedem Sieg wächst der Respekt der Konkurrenz. Trotzdem nörgelt der Trainer. Was wohl daran liegen dürfte, dass er weiß, was in diesem Kader steckt. Meist zeigen die Spieler dies gleich zu Spielbeginn, es war nicht das erste Mal, dass die Bayern einen Gegner im ersten Viertel wie ein D-Zug überrollt haben. Gleichwohl wurde in der Liga so ein Vorsprung gegen Würzburg sogar vor heimischer Kulisse schon vergeigt, nun sind sie mit einem blauen Auge davongekommen.

Als die Bayern schwächeln, ist Jerusalem zur Stelle. Aber da sind ja noch Hobbs und Redding

Auch Geschäftsführer Marko Pesic hat dieses letzte Viertel bei Hapoel ein wenig ins Grübeln gebracht, wenngleich er ob der bisherigen Resultate daran erinnert, dass dies "Jammern auf hohem Niveau" sei. Dennoch bleiben die Verantwortlichen achtsam. Pesic ist nicht entgangen, dass es nach wie vor an Konstanz über die gesamte Spielzeit fehlt. Wie ärgerlich wäre es gewesen, angesichts eines 20-Punkte-Vorsprungs sechs Minuten vor dem Ende noch zu verlieren? Was durchaus hätte passieren können. Freilich zeigte sich auch, dass sich eine entscheidende Kleinigkeit geändert hat: In diesen schwierigen Situationen sind Spieler da, die der Verantwortung gewachsen sind. Bisher waren das auffallend oft Braydon Hobbs und Reggie Redding. "Das sind die beiden konstantesten Spieler bis jetzt", findet auch Marko Pesic; auf hohem Niveau, muss man anfügen. Er wusste, dass "Jerusalem kommen wird, die mussten ja gewinnen". Und das Team um den NBA-Veteranen Austin Daye war zur Stelle, als die Bayern nachließen.

Djordjevic rotierte auch in dieser Phase munter weiter, was wohl auch darin begründet war, dass viele Akteure mit vier Fouls belastet waren. Jared Cunningham, Maik Zirbes, Devin Booker und Milan Macvan mussten sogar vorzeitig vom Feld. Außerdem sind zwölf gleichstarke Akteure im Team, jeder will Einsatzzeit. Und Cunningham sowie Regisseur Stefan Jovic fremdeln nach wie vor ein wenig, während die beiden anderen Zugänge Hobbs und Macvan schon etwas weiter sind.

Es wird also noch ein Weilchen dauern, bis diese Mannschaft ihr ganzes Potenzial wird ausschöpfen können. Aber wie sagte der Geschäftsführer richtig? Das ist Jammern auf hohem Niveau.

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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