Basketball:Die stillen Bayern

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Leiser Riese: Bayern-Center Leon Radosevic (re.) setzte wichtige Akzente, hier versucht ihn Nathan Boothe am Korbleger zu hindern – vergeblich. (Foto: imago)

Gegen Oldenburg zeigen Alex King und Leon Radosevic, wie wertvoll sie für den FCB sind. Als Spieler, die geduldig auf ihre Chance warten - und sie dann ergreifen.

Von Ralf Tögel, München

"Es ist schon manchmal heftig, welche Aggressionen uns in fremden Hallen entgegenschlagen." Nihad Djedovic hat diesen Satz gesagt, es war zu Beginn seiner Zeit beim FC Bayern. Mittlerweile hat der 29-Jährige alle Rekorde bei den Münchner Basketballern geknackt. Er ist der dienstälteste Profi und auch der mit den meisten erzielten Punkten in Reihen des deutschen Meisters. Auch in der aktuellen Saison zählt er zu den Besten im Team. "Wir haben natürlich viele neue Spieler in der Mannschaft, für die diese Liga neu ist, sie müssen sich an die Emotionen in den anderen Hallen gewöhnen." Dieser Satz stammt von Alex King, gesprochen nach dem 90:83-Auswärtssieg bei den Baskets Oldenburg. King, 34, hat sein ganzes Profidasein in der Bundesliga verbracht, er geht beim FC Bayern mittlerweile in sein viertes Jahr, ist also ebenfalls einer, der die besonderen Reaktionen kennt, die das rote Trikot des FC Bayern im Regelfall auslöst.

Für die neuen Spieler im Team ist dies aber Neuland, wie am Sonntag im Bundesligaspitzenspiel bei den Niedersachsen zu beobachten war. Denn im ersten Viertel starteten die Gäste miserabel, die Zuschauer witterten die Chance der Überraschung, fortan wurden die Bayern von den 6200 Fans in der ausverkauften Halle niedergebrüllt. Wenn der FC Bayern gastiert, sind die Hallen voll, es gibt kein größeres Vergnügen für den gegnerischen Anhang, als den vermeintlich unschlagbaren Gegner zu düpieren. 13:29 lagen die Gäste hinten nach den ersten zehn Minuten, derart war das Ensemble aus der bayerischen Landeshauptstadt nicht einmal im Euroleague-Gastspiel bei ZSKA Moskau vorgeführt worden. Vor allem Greg Monroe, NBA-erprobter Center in Reihen des deutschen Meisters, der von Trainer Dejan Radonjic stets in die Startformation beordert wird, wirkte beeindruckt. Monroe machte leichte Fehler, verlegte freie Würfe, blieb deutlich unter seinen Möglichkeiten. Auf 21 Punkte war Oldenburg zwischenzeitlich enteilt, auch weil sich ein typisches Geschehen entwickelte: Je verunsicherter die Münchner spielten, desto rauschhafter agierten die Oldenburger. Aber der Kader des Favoriten hat die Klasse, solche Situationen zu meistern.

Weil neben den zweifellos hochkarätigen Zugängen erfahrene Kräfte wie Djedovic, Vladimir Lucic oder King und Leon Radosevic im Kader stehen. Vor allem die beiden Letztgenannten sind in solchen Situationen Gold wert. Alex King fliegt in diesem Kader meist unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung, Trainer Radonjic aber ist sich der Qualitäten seines Routiniers bewusst. Zum einen ist der athletische Forward ein giftiger Abwehrspieler, zum anderen benötigt er offensiv keine Anlaufzeit: King kommt aufs Feld, King funktioniert. Dabei ist der Flügelspieler keiner, der das Spiel an sich reißt und Punkt um Punkt sammelt, sondern einer, der die Kollegen mitreißt, wichtige Akzente setzt.

Das gilt auch für Leon Radosevic, vom Center erwarten die Verantwortlichen in seiner zweiten Saison beim Branchenführer einen Sprung nach vorne, den der Deutsch-Kroate aber gemäß seinem Naturell leise vollzieht. Coach Radonjic hatte dem 2,08-Meter-Brocken eine gute Vorbereitung attestiert, nun gilt es diesen Kredit auf dem Spielfeld zurückzuzahlen. In Partien wie gegen Oldenburg, mit einer starken Defensivleistung, vier Rebounds, acht Punkten und einer guten Wurfquote. King und Radosevic bekamen vom Trainer mit jeweils knapp 20 Minuten viel Einsatzzeit, in denen sie zwar keine aufsehenerregenden Kunststücke vollbrachten, aber fehlerfrei ackerten und so im Stillen maßgeblich an der Trendwende im Spiel beteiligt waren. Zur Halbzeit war der Rückstand einstellig, zum Ende des dritten Viertels gingen die Bayern erstmals in Führung: King traf zum 61:59. Im letzten Durchgang erledigte dann einer den Rest, der die Qualität hat, aufs Feld zu kommen und alles niederzupunkten: Petteri Koponen. Der Finne traf vier Dreier und zog den Oldenburgern endgültig den Zahn.

Koponen ist einer jener Spieler in Reihen des Meisters, die im Rampenlicht stehen, von prominenten Klubs kamen, große Namen tragen. Nicht weniger wichtig aber sind Akteure wie King und Radosevic, die nie murren, wenn sie geduldig auf ihre Chance warten. Und diese dann zu ergreifen wissen.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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