Basketball:Der Nebel verzieht sich

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Lass dich drücken: Bayern-Präsident Uli Hoeneß kann sich Trainer Dejan Radonjic (li.) eine weitere Saison zur Brust nehmen. (Foto: Christian Kolbert/imago)

Der Meistertrainer bleibt: Der FC Bayern München verlängert erwartungsgemäß um eine weitere Saison mit Dejan Radonjic. Nun muss der Kader auf Euroleague-Niveau verstärkt werden.

Von Ralf Tögel, München

Marko Pesic hatte die letzte Nebelkerze gezündet. Auf dem Nockherberg beim Saisonabschlussfest hatte der Geschäftsführer der Basketballer des FC Bayern verkündet, man müsse sich erst einmal mit dem Coach zusammensetzen und in Erfahrung bringen, was diesem bezüglich seiner Zukunft so vorschwebe. Dejan Radonjic indes bekräftigte fast zeitgleich, den deutschen Meister in sportlich verantwortlicher Position gerne auch weiterhin befehligen zu wollen. Der 48-Jährige hatte ja schlüssige Argumente auf seiner Seite, folglich verkündeten die Bayern nun Vollzug: Der Meistertrainer aus Montenegro und der FC Bayern München haben die Zusammenarbeit wenig überraschend um eine Saison verlängert.

Nach Startschwierigkeiten - Radonjic musste sehr plötzlich für den geschassten Serben Aleksandar Djordjevic kurz vor Beginn der Playoffs übernehmen - akklimatisierte er sich zusehends und führte die Saison zum maximal erfolgreichen Ende. Vor allem das entscheidende fünfte Finalspiel, in dem die Bayern die wohl beste Saisonleistung zeigten, wird in Erinnerung bleiben. Die Mannschaft hatte augenscheinlich die Balance zwischen der vom neuen Coach verordneten, intensiven Abwehrarbeit und ihrem offensiven Talent gefunden, nicht nur das Resultat beim 106:85-Sieg gegen Alba Berlin war beeindruckend. Nun bekommt Radonjic mehr Zeit, um seine Spielidee umzusetzen und an seiner bislang so erfolgreichen Vita weiterzuarbeiten. Der Trainer war mit der Empfehlung dreier Doubles für den serbischen Traditionsklub Roter Stern Belgrad nach München gewechselt, aber auch mit der Hypothek, dass es seine erste Station jenseits des Balkans war. Der Montenegriner hat die Hürde übersprungen, es wird spannend werden zu beobachten, wie er eine Mannschaft nach seinen Vorstellungen auf eine Saison vorbereitet.

Paul Zipser, Maodo Lo, Tibor Pleiß: Viele klingende Namen sind auf dem Markt

Denn die Anforderungen werden allein ob des großen Erfolgs wachsen, der deutsche Meister und Pokalsieger (diesen Titel allerdings darf Vorgänger Djordjevic für sich beanspruchen) wird in der höchsten europäischen Spielklasse antreten. Nach der erledigten Königspersonalie dürfte nun der Kader eine Neugestaltung erfahren, der erste Weggang steht fest. Reggie Redding hat beim aufstrebenden türkischen Hauptstadtklub Ankara unterschrieben, der von einem Telekomunternehmen großzügig alimentiert und im zweitklassigen Eurocup spielen wird.

Auch diese Personalie kommt nicht unerwartet. Für eine kraftraubende Saison in der kontinentalen Königsklasse sollte die Mannschaft punktuell verstärkt werden. Vier der bisher sieben Ausländerplätze bleiben durch die drei serbischen Olympia-Silbermedaillengewinner Milan Macvan, Stefan Jovic, Vladimir Lucic sowie dem Amerikaner Braydon Hobbs besetzt. Darüber hinaus haben die Bayern großes Interesse, Eurocup-Allstar Devin Booker und das NBA-erfahrene Flugwunder Jared Cunningham, beide 27, zu halten. Redding ist drei Jahre älter und erscheint aus diesem Trio am verzichtbarsten - außerdem hatte er vor dem Playoff-Finale in einem Interview kundgetan, dass er nicht glaube, das Vertrauen des Trainers zu genießen.

Radonjic hingegen darf sich der Zuwendung der FCB-Chefetage sicher sein: Wie der Klub mitteilt haben sich Präsident Uli Hoeneß, Sportdirektor Daniele Baiesi und Geschäftsführer Pesic einvernehmlich für eine Weiterbeschäftigung ausgesprochen. Dass der Trainer bei der Gestaltung des Kaders mitwirken darf, versteht sich von selbst, das könnte eine recht angenehme Aufgabe werden. Denn drei Jahre Planungssicherheit in der Euroleague und die Aussicht auf die neue, 10 000 Zuschauer fassende Halle, haben die Anziehungskraft des bayerischen Vorzeigeklubs weiter erhöht. Dass sich das Risiko des späten Trainerwechsels vollumfänglich ausgezahlt hat, dürfte der Zuneigung des Präsidenten an seine Unterabteilung ebenfalls nicht abträglich gewesen sein, Hoeneß ist bekanntlich wichtigster Devisenbeschaffer seiner Basketballer.

Es sind ereignisreiche Wochen zu erwarten, zumal viele klingende Spielernamen auf dem Markt sind. In der NBA gehen der ehemalige Bayern-Spieler Paul Zipser und die Chicago Bulls fortan getrennte Wege. Gleiches gilt für den spanischen Klub Valencia und Center Tibor Pleiß, den die Bayern schon vor drei Jahren gerne geholt hätten. Berlins Guard Spencer Butterfield nährt Gerüchte, wie auch Bambergs Nationalspielmacher Maodo Lo.

Konkreter hingegen ist die Annahme, dass Nihad Djedovic wohl ein weiteres Jahr beim FC Bayern bleiben wird, der Rekordschütze hat diese Option im Vertrag festgehalten. Es darf also fortan spekuliert werden, Spieleragenten werden fleißig Namen streuen. Und Marko Pesic die ein oder andere Nebelkerze zünden.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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