Basketball:Der Besuch des alten Herrn

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70 Jahre und kein bisschen müde: Svetislav Pesic hat noch zwei Jahre Vertrag bei Barca, dann werde er sehen. „Ich denke nur von Spiel zu Spiel." (Foto: Alejandro Garcia/imago)

Mission Euroleague-Titel: Svetislav Pesic kehrt mit dem FC Barcelona an seine frühere Wirkungsstätte beim FC Bayern zurück.

Von Ralf Tögel, München

Für Besuche in München hat Svetislav Pesic momentan keine Zeit, sofern sie privater Natur sind. Was der 70-Jährige bedauert, wie er mitteilt, denn "in München will ich nach meiner Basketball-Karriere leben". Noch aber ist er Trainer des FC Barcelona, und als solcher muss er am Freitagabend (20.30 Uhr) an alter Wirkungsstätte Dienst schieben, denn die Katalanen gastieren zum Euroleague-Duell beim deutschen Meister im Audi Dome. Pesic wird von vielen Münchner Fans noch immer verehrt, er bescherte dem Basketball-Projekt des FCB den ersten großen Erfolg: den Meistertitel 2014. Zwei Jahre blieb er noch, danach nahm er sich eine Auszeit, ehe er 2018 nach Barcelona zurückkehrte. Dort ist er seit seiner Schaffenszeit von 2002 bis 2004 mit zwei Meistertiteln, einem Pokalsieg und dem Triumph in der Euroleague unsterblich.

Noch nie wechselten so viele Spieler aus der NBA nach Europa. Barcas Mirotic sticht dabei heraus

Letzteren soll er wiederholen, dafür haben sie ihn nach Jahren des Darbens (Barca gewann letztmals 2010 den Titel in der europäischen Königsklasse) zurückgeholt. Pesic sagt: "Ich bin gekommen, um die Euroleague zu gewinnen." Und dafür haben sie ihm mit viel Geld ein Team zusammengestellt, dessen Etat 40 Millionen Euro beträgt, wie Pesic bestätigt. Nie zuvor waren so viele Spieler aus der NBA nach Europa gewechselt, doch Barcas Verpflichtung von Nikola Mirotic stach dabei heraus. Der 28-Jährige kämpfte noch im Frühjahr mit den Milwaukee Bucks gegen den späteren Champion Toronto Raptors um den Einzug in die NBA-Finals, entschied sich aber gegen die beste Liga der Welt und kehrte in seine Heimat zurück. Der spanische Nationalspieler mit montenegrinischen Wurzeln, der neben den Bucks für Chicago und New Orleans insgesamt 319 Partien bestritt, ist auch bei Barca mit gut 19 Punkten im Schnitt Topscorer.

Viele halten ihn für den besten Spieler in Europa, was Pesic in gewohnt trockener Art kommentiert: "Ein exzellenter Spieler, sicher, aber der Beste? Das muss er erst noch beweisen." Neben dem Flügelspieler haben die Gäste eine ganze Anzahl weiterer Ausnahmekönner wie Alex Abrines, 26, der nach 185 NBA-Einsätzen für Oklahoma nach Barcelona wechselte, Cory Higgins von Titelverteidiger ZSKA Moskau oder Malcolm Delaney, der ebenfalls zwei Jahre in der NBA für Atlanta spielte und sich nun nach einer knappen und lukrativen Saison in China den Katalanen anschloss. Delaney ist auch in München wohl bekannt. Der amerikanische Guard wurde im Meisterjahr 2014 als wertvollster Spieler des FCB ausgezeichnet. Dennoch spricht Pesic von Problemen. In Thomas Heurtel und Kevin Pangos müsse er seine beiden Spielmacher ersetzen, was auch für den spanischen Nationalspieler Victor Clavert gelte. Außerdem "spielen wir in den beiden besten Ligen in Europa", womit Pesic neben der Euroleague die spanische Liga ACB meint.

Aber auch die Bayern spielen eine fordernde Saison, das intensive 77:76 bei Alba Berlin hat viel Kraft gekostet. Immerhin gab Nihad Djedovic sein Comeback nach mehrwöchiger Verletzungspause, auch Josh Huestis ist wieder fit und wahrscheinlich wird auch Leon Radosevic zurückkehren. Damit muss Trainer Dejan Radonjic nur noch auf T. J. Bray verzichten.

Spielen, gewinnen, heimfliegen. Der Zeitplan der Katalanen ist eng, wie der des FC Bayern

Dennoch sind die Münchner klarer Außenseiter, auch das gibt Pesic gerne zu: "Wir sind immer Favorit, egal ob wir bei Real Madrid spielen, in Moskau oder in München." Seine Spieler wüssten schon mit dieser Rolle umzugehen, jedenfalls werde ihn nur ein Sieg zufriedenstellen. Beim jüngsten Gastspiel im März hatte Münchens Petteri Koponen mit einem Dreier in die Schlusssirene hinein einen 73:71-Sieg gelandet, der für Pesic wenig Bedeutung hatte: "Da war die Finalteilnahme sicher."

Dieses Mal indes gehe es um eine gute Ausgangsposition für die Endrunde, dementsprechend eng ist der Zeitplan: "Wir wollen gewinnen und am nächsten Tag heimfliegen", denn am Sonntag stehe ein Auswärtsspiel in der Liga an. Zeit für einen Besuch habe er also nicht: "Nach der Saison", sagt er noch, möglichst als Euroleague-Champion.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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