Basketball:Das neue Prunkstück des Silber-Serben

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Erst mussten Devin Booker (re.) und die Bayern leiden, dann demontierten sie Jeffrey Brooks und seine Kollegen aus Malaga. (Foto: Imago/Agencia Efe)

Bei Olympia war Sasa Djordjevic Zweiter. Auch das 74:62 des FC Bayern in Malaga trägt bereits die Handschrift des Trainers - sehr zur Freude des Klubs, der ihm in den nächsten Tagen noch einen Spielmacher verpflichten wird

Von Ralf Tögel, München

Von diesem Satz dürfte wohl jeder Basketball-Geschäftsführer träumen: "Ich glaube, dass uns gar nicht klar ist, wie gut wir sind." Marko Pesic hat ihn gesagt, am Tag nach dem doch überraschenden 74:62-Auswärtssieg des FC Bayern München bei Unicaja Malaga. Um danach gleich auf die Bremse zu treten: "Ich habe aber auch gesehen, dass wir wie in Sankt Petersburg im ersten Viertel viel zu passiv waren."

Pesic hatte den Eindruck, die Mannschaft habe erst einmal abwartend gespielt, um "zu sehen, ob wir mithalten können. Wir haben im ersten Viertel unsicher und total pomadig gespielt." Immerhin habe sein Personal dann recht zügig gemerkt, dass dies die falsche Herangehensweise sei, "dann haben wir physisch dagegengehalten". Kampf war das probate Mittel, um sich im zweiten Viertel mehr Sicherheit zu erarbeiten - und den Gegner danach in seine Einzelteile zu zerlegen. Die Münchner demontierten Malaga nach dem Wechsel, Halbzeit zwei ging mit 48:24 Punkten an die Gäste. Zu beachten war dabei, dass die Spanier sich als Euroleague-Mannschaft verstehen, entsprechend ist ihr Kader modelliert. Zwar fehlte in dem Serben Nemanja Nedovic ein Ausnahmekönner verletzt, einer aus dem olympischen Silberteam Serbiens. Das hat bekanntlich der neue Bayern-Trainer Sasa Djordjevic angeführt, und der ist nun offenbar auch in der bayerischen Landeshauptstadt auf einem guten Weg, ein verheißungsvolles Ensemble zu formen. Dieses ist zwar noch in der Findungsphase, weiß Sportdirektor Pesic, was aber nicht ungewöhnlich sei für diese Sportart, in der viele Protagonisten erst kurz vor Saisonbeginn zu ihren Teams stoßen. Pesic jedenfalls blickt nun positiv in die Zukunft.

Dieser etwas instabile Zustand, den die Mannschaft immer wieder in schwachen, von haarsträubenden Fehlern gekennzeichneten Spielabschnitten offenbart, wird sich wohl noch ein Weilchen fortsetzen. Zumal der Silber-Serbe in den kommenden Tagen einen weiteren Zugang begrüßen wird: Trainer Djordjevic wünscht sich noch einen Spielmacher. Namen will Pesic, der als sportlich Verantwortlicher die Wünsche des Trainers umzusetzen versucht, natürlich keine nennen. Aber es ist klar, dass der Spieler aus Amerika kommen wird, einer, der es nicht ganz in die NBA geschafft hat, für den europäischen Markt aber allemal hoch qualifiziert ist. "Ich weiß, wen wir wollen", sagt Pesic, was verdeutlicht, dass die Verhandlungen vor dem Abschluss stehen. Auch das Persönlichkeitsprofil steht: "Wir brauchen jetzt keinen, der mit irgendwelchen Allüren antanzt. Sondern einen Spieler, der gut in unser Team passt." Denn das Mannschaftsgefüge seiner aktuellen Auswahl bezeichnet Pesic als "ausgezeichnet".

Zu bewundern eben am Mittwochabend in Andalusien, als die Münchner nervös und fehlerhaft begannen, die Mannschaft aber erneut den Charakterzug erkennen ließ, "dass sie nie aufgibt", wie Pesic beobachtete. Und die schon jetzt in der Lage ist, eine Defensive zu spielen, die auch so hochkarätigen Gegnern wie Malaga Grenzen aufzeigt. Erst aber musste die Mannschaft "leiden", wie Topscorer Vladimir Lucic (18 Punkte) sagte, "weil wir uns nicht auf ihre physische Defensive einstellen konnten". Djordjevic sah "in der ersten Halbzeit die falsche Einstellung und zu wenig Einsatz". Schon nach der schwachen zweiten Halbzeit im Heimspiel gegen Murcia, in der die Bayern nach einem famosen ersten Durchgang noch fast ihren großen Vorsprung verspielt hatten, wählte Djordjevic ungewöhnlich deutliche Worte. "Inakzeptabel" war die druckreife Vokabel.

Bislang hatte der Serbe die Partien stets mit großer Gelassenheit begleitet. In Malaga indes geriet er schnell in Bewegung. Djordjevic gestikulierte, diskutierte mit den Referees, verpasste Center Ondrej Balvin auf der Bank einen Einlauf, weil der sich kurz zuvor einen sicher geglaubten Rebound aus den Händen hatte fummeln lassen. Offenbar läutet Djordjevic das Ende der Schonzeit ein, die Partie in Malaga war zudem eine schwer zu coachende: Schnell war das Gros seiner Spieler mit mehreren Fouls belastet. Der Serbe musste somit früh in eine große Rotation gehen.

Das brachte allerdings die schöne Erkenntnis, dass die Tiefe des Kaders auch für international renommierte Kontrahenten reicht. "Wir sind sehr variabel", findet Pesic, "bei uns können alle Spieler mehrere Positionen spielen." Tatsächlich war kein Bruch im Spiel zu erkennen, egal, wer auf dem Feld stand. Ein Merkmal, das auch der Neue mitbringen soll: "Wir brauchen keinen reinen Point Guard", sagt Pesic, "sondern einen variablen Spieler, der mehrere Positionen spielt und gut verteidigt." Im Meisterjahr 2014 hatte der FCB genau so einen im Team: Malcolm Delaney. Der spielt inzwischen für Atlanta - in der NBA.

© SZ vom 28.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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