Basketball-Bundesliga:Blechschaden einkalkuliert

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Riesen Ludwigsburg reisen demütig nach München

Von Ralf Tögel, München

Es ist ein netter Versuch. Sicher, die Ludwigsburger haben zuletzt zweimal hintereinander gewonnen. Und ja, der deutliche 98:76-Erfolg im jüngsten Spiel bei den EWE Baskets Oldenburg ist schon ein gut sichtbares Achtungszeichen. Sechs der sieben vergangenen Spiele hat die Mannschaft von Trainer John Patrick gewonnen, auch das stimmt. Es gehört zum Standardprogramm eines jeden Trainers, den Gegner stark zu reden, sprich: ihn nicht zu unterschätzen. Und Svetislav Pesic versteht bekanntlich sein Geschäft, also sagt er: "Sie haben Oldenburg demoliert, und das passiert selten, dass man so eine gute Mannschaft wie Oldenburg in deren eigener Halle deutlich besiegt." Was er nicht sagt, ist: Dass seine Mannschaft derzeit jeden Gegner demoliert, und dass es dabei keine große Rolle zu spielen scheint, ob das in eigener oder fremder Halle passiert, oder ob es sich um nationale oder internationale Kontrahenten handelt. Zuletzt wurde Bamberg vermöbelt, ein nationaler Gegner im internationalen Wettbewerb, damit ist der FCB mit der besten Bilanz aller Teams ins Eurocup-Achtelfinale eingezogen, Gegner (Heimspiel am 11.

März, 20.45 Uhr) ist Titelverteidiger Valencia.

Pesic mag solches Geklapper gar nicht, regelmäßig mahnt er bei "so genannten Fachleuten" an, man möge doch bitte seinem Personal keine Flausen in den Kopf setzen. Also warnt er vor dem Spiel am Samstagabend (20.30 Uhr, Audi Dome), man müsse Ludwigsburg "sehr konzentriert und motiviert" begegnen.

Was Pesic auch nicht mag, ist die Tatsache, dass es seine Mannschaft als Tabellendritter nicht mehr selbst in der Hand hat, die Vorrunde als Erster abzuschließen und damit in den Playoffs bis ins Finale Heimrecht zu haben. In der vergangenen Saison war das ein nicht unerheblicher Pluspunkt auf dem Weg zum Titel. Indes sind die Bayern Primus Berlin, der noch in München anzutreten hat, nach dessen überraschender Niederlage in Frankfurt bis auf vier Punkte auf den Pelz gerückt. Der Zweite Bamberg ist mit zwei Zählern Abstand in Reichweite und muss ebenfalls noch einmal im Audi Dome spielen, wo sie sich am Mittwochabend ihren jüngsten Blechschaden abgeholt haben. Folglich: Der FC Bayern ist am Samstagabend gegen Ludwigsburg nicht nur wegen seiner momentanen Verfassung haushoher Favorit, das lässt sich weder wegdiskutieren noch kleinreden. Und das weiß auch Patrick, der Trainer der "Riesen" aus Ludwigsburg: "Gegen München zu spielen ist schwer, weil sie so viele Optionen haben. Wenn man den Bayern-Kader in zwei Teams aufteilen würde, würden diese beiden Teams in den Top 4 der Liga stehen."

Damit kennt er auch die große Stärke der Bayern: Den ausgeglichenen und exzellent besetzten Kader. Auch wenn in Nihad Djedovic der beste Punktesammler verletzt fehlt, bei den Gastgebern ist jeder zu einer großen Leistung imstande. Gelingt das mehreren, wird es schnell unschön für den Gegner. Im jüngsten Bundesligaspiel etwa stach Paul Zipser heraus, als Tübingen in eigener Halle mit 117:80 überfahren wurde. Gegen Bamberg vor zwei Tagen legte Dusko Savanovic gehörig los, Pesic konnte es sich dennoch leisten, nach zwölf Punkten im ersten Viertel Savanovic die zweiten zehn Minuten fast komplett Luft holen zu lassen.

Aber auch die Gäste haben gute Spieler. Allen voran die Nachverpflichtung D.J. Kennedy, mit 21,8 Punkten im Schnitt aktueller Topscorer der BBL, er kam Anfang Dezember von Krasny Oktyabr Wolgograd aus Russland. Oder das US-Duo Michael Stockton (ja, der Sohn von NBA-Legende John Stockton) und Coby Carl, das den Münchnern im Playoff-Viertelfinale der Meistersaison veritable Probleme bereitete. Für solche Spieler haben die Bayern Defense-Künstler wie Anton Gavel oder Heiko Schaffartzik, die einem gegnerischen Extrakönner mit ihrer so giftigen wie unermüdlichen Abwehrarbeit gerne den Abend versauen. Gavel hat das kürzlich an Brad Wanamaker exerziert, vom Bamberger Spielmacher war nicht gerade viel zu sehen.

Man kann es drehen und wenden, wie man will, Ludwigsburgs Chancen bleiben reichlich überschaubar. Immerhin: Sie werden es versuchen.

© SZ vom 14.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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