Basketball:Braunschweig ist nicht Barcelona

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Erst schwerfällig, dann fast ein Selbstläufer: Der FC Bayern, links Nationalspieler Maodo Lo, setzt sich gegen die Löwen aus Braunschweig durch. (Foto: imago/Jan Huebner)

Dem FC Bayern München gelingt drei Tage nach dem verstörenden 71:90 in der Euroleague gegen Istanbul ein Pflichtsieg in der Bundesliga. Doch jetzt warten zwei europäische Schwergewichte.

Von Matthias Schmid, Braunschweig/München

Wer am Wahlsonntag etwas Zerstreuung im Internet suchte, zum Beispiel mit den Basketballern des FC Bayern München, schaute auf einen schwarzen Bildschirm. Es gab keine Livebilder, weder im weltweiten Netz noch im Fernsehen, da gravierende technische Probleme eine Übertragung verhinderten. In den Anfangsminuten verpassten zumindest diejenigen, die den Bayern nahestehen, überhaupt nichts. Die Löwen aus Braunschweig führten schnell 6:0, es sah zunächst so aus wie am vergangenen Donnerstag, als die Mannschaft von Dejan Radonjic in der Euroleague gegen Anadolu Efes Istanbul eine verstörende 71:90-Heimniederlage erfuhr: ziemlich schwerfällig. "Ich bin mir sicher, dass ein Spiel jetzt nicht gleich unser Selbstvertrauen beschädigt", hatte Radonjic danach kundgetan.

Der Montenegriner sollte sich irren, zumindest fünf Minuten lang wirkte es so, als hätten die Münchner das Basketballspielen verlernt. Weder von Kapitän Danilo Barthel noch von Maodo Lo oder von Devin Booker wollten die Würfe durch den Ring fallen, die ersten sechs Versuche verfehlten allesamt ihr Ziel und in der Abwehr hielten die Münchner großzügig Abstand zu den Braunschweigern. Erst mit der Einwechslung von Spielmacher Braydon Hobbs änderte sich das, sogar dramatisch. "Wir waren am Anfang etwas träge", gab der 29-Jährige zu, "aber ich konnte dann meinen Mitspielern helfen, indem ich meine ersten Würfe traf." Mit einem Dreier brachte Hobbs, der bei Radonjic nur unregelmäßig spielt, weil er ihm defensiv zu schwach erscheint, seine Mannschaft erstmals in Führung, 9:6; bis zur Schlusssirene vergrößerten die Münchner diese mit einer energischen und konzentrierten Darbietung in der Defensive und Offensive und feierten so im dritten Bundesligaspiel den dritten Sieg - 87:61 (36:28).

Braunschweig hat ja seit dieser Saison einen prominenten Gesellschafter. Nationalspieler Dennis Schröder vom NBA-Klub Oklahoma City Thunder gibt bei seinem in den vergangenen Jahren stets klammen Heimatklub aber nicht nur seinen guten Namen her, neuerdings unterstützt er ihn auch finanziell. Auf den Aufwärmtrikots der Braunschweiger wirbt der 25-Jährige für sein Modelabel ("Flex GanG"). Das reichte natürlich nicht aus, um den deutschen Meister ernsthaft herauszufordern, aber zumindest in der Anfangsphase die eigenen Fans kurz entzücken zu können. Danach setzte sich die individuelle Klasse der Gäste durch. Die Bayern wollten unbedingt beweisen, dass die Schlappe gegen Istanbul nur ein Ausrutscher war. Doch in der Partie gegen den türkischen Spitzenklub mussten die Münchner leidvoll erfahren, dass die Euroleague nichts mit dem Niveau der Bundesliga gemein hat, alles ist schneller, größer und raffinierter.

Am Donnerstag in Barcelona kommt es zum Wiedersehen mit Meistertrainer Svetislav Pesic

Das Spiel in Braunschweig bot allerdings eine gute Gelegenheit, um sich vor allem im Kopf zu sortieren und das angekratzte Ego zu streicheln, denn schon an diesem Dienstag (20.30 Uhr, Audi Dome) geht es im angesehensten europäischen Klubwettbewerb gegen den viermaligen Champion Panathinaikos Athen weiter. "Wir sind noch am Anfang", betont der erfahrene Petteri Koponen. Das gilt auch für ihn, der sich noch an seine neuen Mitspieler gewöhnen muss. Gelegenheiten, sich einzuspielen, gibt es genug, zwei Tage nach Athen steht bereits das Spiel gegen seinen früheren Arbeitgeber FC Barcelona an, der von Svetislav Pesic trainiert wird, mit dem die Bayern 2014 den Meistertitel errangen. Nicht zu vergessen der Pokalwettbewerb, wo München in der Neuauflage des Endspiels von 2018 nun bereits am 23. Dezember auf Alba Berlin treffen wird.

Dann wird auch Derrick Williams in der Mannschaft integriert sein, der langjährige NBA-Profi wartet noch immer auf sein Debüt im Trikot des FC Bayern. Auch gegen Braunschweig durfte er nicht mitwirken. Auffälligster Spieler war in dieser am Ende sehr einseitigen Partie sein Landsmann Braydon Hobbs, der von der Bank viel Energie und Selbstvertrauen brachte und mit Punkten und hübschen Pässen mithalf, dass die Münchner am Ende mühelos als Sieger das Parkett verlassen konnten. Radonjic gewährte allen zwölf Spielern im Kader Einsatzzeit. Als bester Werfer sammelte Hobbs 15 Punkte, darunter verwandelte er drei Würfe in seiner ihm typischen Art von jenseits der Dreierlinie. Jeder, der das nicht sehen konnte, hatte was verpasst am Sonntag.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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