Basketball:Boxkampf der Schwergewichte

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Kumpel in Frankfurt und beim Nationalteam: Vitorias Johannes Voigtmann (li.) und Münchens Danilo Barthel, dessen Einsatz sich kurzfristig entscheidet. (Foto: Eibner/imago)

Der FC Bayern bangt vor dem Euroleague-Duell mit dem spanischen Spitzenklub Baskonia Vitoria um den Einsatz von Kapitän Barthel.

Von Matthias Schmid, München

Nach dem jüngsten Spiel gewährte Maodo Lo einen seltenen Einblick in sein Privatleben. Der 25-Jährige öffnete einen schmalen Spalt zu seinem Selbst, man erfuhr zum Beispiel von dem Nationalspieler des FC Bayern, dass er an einem dienstfreien Tag nicht von morgens bis abends auf der Couch faulenzt, um sich vom strapaziösen Leben als Basketball-Profi zu erholen. "Man sollte auch spazieren gehen", sagte Lo nach dem Sieg gegen Bonn. Für die Bundesliga-Pokal-und-Euroleague-Bayern ist nach dem Spiel gleich vor dem Spiel, meist ohne Pause für die stark beanspruchten Köpfe und Beine. Da ist ein freier Tag wie am Montag so rar wie Sonnenstrahlen im November am Bodensee. "Wir waren müde", gab Lo nach zuletzt drei Spielen in sechs Tagen zu, aber ein Tag der Zerstreuung reiche aus, um wieder "fitter zu sein". Denn Training habe auch etwas Gutes: "Wir können an Sachen feilen."

Drei volle Tage liegen nun zwischen der Partie gegen Bonn und dem Heimspiel an diesem Donnerstag (20 Uhr, Audi Dome) in der Euroleague gegen den spanischen Spitzenklub Baskonia Vitoria-Gasteiz. So viele Trainingseinheiten hat es lange nicht mehr gegeben im eng getakteten Bayern-Kalender. Ein Schwerpunkt von Cheftrainer Dejan Radonjic war dabei die Verteidigung. Die Abwehrarbeit hatten die Spieler gegen Bonn nicht so wichtig genommen, wie sie der Trainer nimmt. "Das war nicht unsere beste Leistung", gab sich Lo einsichtig. Gegen Vitoria müssen die Münchner vor allem unter dem Korb energischer und physischer spielen, sie müssen ihre Gegner beim Ausboxen, wie es im Basketball heißt, hart attackieren, um sich die Rebounds, also die Abpraller vom Brett greifen zu können. Die Spanier verfügen über eine namhafte Garde an großen, kräftigen Spielern. Allen voran der georgische Center Tornike Shengelia (2,06 Meter), der auch ihr erfolgreichster Werfer ist, und der deutsche Nationalspieler Johannes Voigtmann (2,14 Meter). "Ihre Big Men gehören zu den Besten in der Euroleague", sagt der Münchner Vladimir Lucic. "Es wird in jedem Fall sehr schwer für uns."

Besonders dann, wenn Kapitän Danilo Barthel (2,08 Meter) tatsächlich ausfallen sollte. Der Center hatte sich gegen Bonn im ersten Viertel so schwer am Knie verletzt, dass er nicht mehr weiterspielen konnte. Die Untersuchung am nächsten Tag erbrachte dann aber eine Diagnose, die Barthel und auch die Bayern-Verantwortlichen mit großer Erleichterung aufnahmen. Im Knie ist nichts gerissen oder gebrochen, aber eine schwere Gelenkprellung plagt den Nationalspieler und lässt nur ein dosiertes Training zu. "Wir entscheiden von Tag zu Tag", sagt Radonjic, "wie wir ihn belasten können."

Barthels Teamkollege Alex King würde es in jedem Fall bedauern, wenn der Kapitän sich "nicht mit Jo Voigtmann battlen könnte", wie er es formuliert. Barthel und Voigtmann sind seit gemeinsamen Frankfurter Tagen dicke Kumpels. Aber der Kader des FC Bayern ist hochwertig genug, um einen Ausfall gleichwertig kompensieren zu können. Gegen Bonn spielte etwa Derrick Williams. Der langjährige NBA-Profi fühlt sich immer wohler in der Mannschaft und macht täglich Fortschritte bei seinem Kompaktkurs in europäischer Basketballkunde. "Er hat das sehr gut gemacht", lobte Lo nach der Partie. Neben Williams kann aber auch Lucic auf der Position vier des Power Forwards spielen. Der Serbe hat das schon häufiger getan und hat nach eigener Aussage Lust darauf, sich mit Voigtmann und Shengelia duellieren zu dürfen. Wie München ist auch Vitoria mit einem Sieg aus den ersten drei Spielen in die Euroleague gestartet. Die Spanier wollen unbedingt die Playoffs der besten acht Teams erreichen, weil sie eine besondere Konstellation antreibt: Das Final Four wird 2019 in ihrer Halle ausgespielt.

Diesen Termin würden sich auch die Münchner gerne freihalten, aber vorher müssen sie erst einmal das Heimspiel gegen Vitoria gewinnen und als Mannschaft weiter zusammenwachsen. Nach Einschätzung von Maodo Lo gelingt das immer besser. Was vor allem auch an ihm selbst liegt, weil er Stefan Jovic als Spielmacher immer verlässlicher entlasten und mit Distanzwürfen oder Pässen eigene Akzente setzen kann. "Ich verstehe meine Teamkameraden immer besser und kann mich so auch selbst mehr in das Spiel einbringen", sagt Lo. Auf der Couch faulenzen ist ohnehin nicht so seine Sache.

© SZ vom 25.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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