Basketball:Bildungsreisen nach Belgrad

Lesezeit: 3 min

Die Internationale Basketball Akademie München ist weltweit auf der Suche nach Spitzentalenten - ihr neuester Kooperationspartner ist Roter Stern

Von Matthias Schmid, München

Robert Scheinberg schlief im Internatsbett und aß in der Mensa, als er im April Belgrad besuchte. Es war nicht so, dass der Cheftrainer des Basketball-Regionalligisten MTSV Schwabing nur zu knauserig war, um sich in Serbiens Hauptstadt ein Hotel zu suchen. Scheinberg wollte unbedingt im Nachwuchszentrum des Traditionsklubs Roter Stern Belgrad untergebracht sein, er wollte dort alles sehen, alles kennenlernen, "den Alltag erleben", wie er es ausdrückt. Scheinberg war nicht als Urlauber in Belgrad, er hospitierte eine Woche bei Roter Stern, um sich, wie er sagt, "als Trainer weiterzubilden und neue Trainingsinhalte zu verinnerlichen."

Die Bildungsreise war erfolgreicher, als er es sich hätte ausmalen können. Der bayerische Regionalligist und der serbische Triple-Sieger der vergangenen Saison und aktuelle Euroleague-Teilnehmer arbeiten seither in der Jugendarbeit eng zusammen, Schwabing hat Belgrad als Kooperationspartner für sein ambitioniertes Nachwuchsprojekt gewinnen können. "Das hat von Anfang an super gepasst, weil uns ähnliche Probleme plagen", sagt Scheinberg.

Es ist die erste große Errungenschaft, seit sich das Programm "Team Basketball München Nord" (TBMN) der Welt geöffnet hat. Erster erkennbarer Schritt für die künftige globale Ausrichtung war im Sommer die Umbenennung in "Internationale Basketball Akademie München" (IBAM). Der neue Name und die Abkürzung funktionieren auch im Englischen. "Wir wollen junge, talentierte Spieler aus der ganzen Welt hier fördern", sagt Scheinberg.

Akademischer Nachwuchs: Point Guard Bruno Vrcic (r.) gegen Ulm. (Foto: Johannes Simon)

Was sich zunächst ziemlich großspurig anhört, wird hinter den Kulissen schon seit zwei Jahren - auch mit finanzieller und ideeller Unterstützung des Erstligisten Crailsheim Merlins - ernsthaft vorangetrieben. So lange unterhält das Schwabinger Jugendprogramm bereits zwei Vierer-Wohngemeinschaften für begabte Basketballer, die nicht aus München und der Region kommen und in einer der beiden Nachwuchs-Bundesligamannschaften der NBBL (U19) und JBBL (U16) auflaufen. So wohnen zwei 16 und 17 Jahre alte Serben seit Sommer in der Ursulastraße. Neben der schulischen kommen die Teilnehmer auch in den Genuss einer exklusiven sportlichen Ausbildung. 15 Trainer sorgen dafür, dass die Kinder und Jugendlichen täglich trainieren können. Die sechs bis acht Ausnahmetalente, die in den WGs leben, kommen sogar auf sieben, acht Trainingseinheiten pro Woche, erklärt Scheinberg: "Mehr macht keinen Sinn, um sie körperlich nicht zu überfordern."

Die beiden Macher Scheinberg und Ralf Bachmeier verfolgen mit ihrer vor sechs Jahren ins Leben gerufenen Begabtenförderung ein klares Ziel: Sie wollen die jungen Spieler für den Profibasketball präparieren, sie so fit machen, dass sie eines Tages auch von ihrer Leidenschaft leben können. Einer der ersten Absolventen war Ole Sebald, der es im vergangenen Jahr in den Kader von Crailsheim in der Basketball-Bundesliga schaffte.

Anders als zum Beispiel beim FC Bayern dreht sich beim MTSV Schwabing alles um die jungen Basketballer. "Bei uns überstrahlt nicht die erste Mannschaft alles", hebt Scheinberg hervor. Dieses Alleinstellungsmerkmal ist ihm wichtig. Er sagt nicht, dass sie eine bessere Nachwuchsarbeit machen als Bayern, Bamberg oder Alba Berlin. Der 43-Jährige weiß, dass das vermessen wäre und auch nicht stimmt. Die U19 der Bayern errang in diesem Jahr die deutsche Meisterschaft, und auch die anderen Erstligaklubs investieren viel mehr Geld und Knowhow als noch in den vergangenen Jahren, um international mit den Besten mithalten und fachgeregte Nachwuchsförderung anbieten zu können. "Aber weil wir uns nur auf wenige Ausnahmetalente konzentrieren, können wir uns auch intensiver um sie kümmern", findet Scheinberg. Aus diesem Grund wollen sie die Anzahl der WG-Plätze nicht erhöhen, auch wenn es inzwischen mehr Bewerber gibt und sich das Schwabinger Modell längst über die Stadtgrenzen hinaus herumgesprochen hat. "Die Eltern müssen sich dann für einen Ausbildungsweg entscheiden", sagt Scheinberg pragmatisch.

Durch die Kooperation mit Roter Stern Belgrad hat er allerdings ein entscheidendes Argument mehr auf seiner Seite. Die erste Maßnahme der Verbindung war, dass sich das NBBL-Team Anfang November in Belgrad auf die neue Saison vorbereitete. Mit Erfolg: Am vergangenen Sonntag besiegte die Mannschaft den FC Bayern 88:64. Belgrad erhofft sich durch die Kooperation mit dem deutschen Klub neue Talente mit serbischer Herkunft. Schwabing soll zu dem Rekrutierungszentrum in Mitteleuropa werden. So werden Anfang Dezember zwei Camps in München angeboten für Spieler, die sich für eine Ausbildung bei Roter Stern empfehlen können.

Robert Scheinberg wird künftig noch häufiger nach Serbien reisen, im Internat von Roter Stern übernachten und in der Mensa speisen.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: