Basketball:Auf zu alten Zeiten

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Die Basketballerinnen des MTV etablieren sich mit Trainerin Doris Schuck in Liga drei

Von Philipp Jakob, München

Doris Schuck musste erst einmal kräftig durchatmen. 40 Minuten aufreibender Basketball lagen hinter ihr. Dabei stand die 58-Jährige beim Derby am Samstag zwischen dem MTV 1879 und München Basket nur an der Seitenlinie. Dennoch: "Gut, dass es Friseure gibt, die die grauen Haare färben können." Schuck war wieder zum Lachen zumute, nachdem die von ihr trainierten Frauen des MTV die Regionalliga-Partie 70:66 gegen den Stadtrivalen gewonnen hatten. Zwischenzeitlich hatte es ein wenig anders ausgesehen. Trotz eines 20-Punkte-Vorsprungs "sind wir nervös geworden", staunte Schuck. Individuelle Fehler hätten den Gegner stark gemacht, kurz vor Schluss war der schöne Vorsprung dahin. "Das kostet Nerven", erklärte Schuck - und die Farbe im Haar.

Im Endeffekt entschied der MTV das Spiel dank einiger verwandelter Freiwürfe in der Schlussminute doch für sich und hinterließ eine teilweise zufriedene Trainerin. "Wir haben unser Potenzial aufblitzen lassen, müssen allerdings noch kaltschnäuziger werden", sagte Schuck. Als Aufsteiger fehle es in der höheren Liga noch an Sicherheit. In der vergangenen Saison war für den MTV alles etwas einfacher, die Bayernliga beendeten die Münchnerinnen als ungeschlagener Meister. Nun lautet das Ziel erst einmal Klassenerhalt, der nach bisher vier Siegen und drei Niederlagen sowie einem Platz im Mittelfeld der dritthöchsten Spielklasse kein Ding der Unmöglichkeit sein sollte. Der MTV hegt allerdings weitere Ambitionen: Für die Zukunft hofft er auf den Aufstieg in die zweite Bundesliga.

Zögling Marietheres Wulff (Zweite von unten). (Foto: Alessandra Schellnegger)

Für Schuck wäre das eine Rückkehr in alte Zeiten. Als Basketballerin war sie sechs Jahre lang im Trikot des MTSV Schwabing in der zweiten Liga aktiv, quasi der Schlusspunkt ihrer langen Karriere. Zuvor hatte sie 18 Jahre lang in der ersten Bundesliga gespielt, 60 Partien für die deutsche Nationalmannschaft absolviert und vier Pokalsiege sowie einen deutsche Meistertitel geholt. Ihre Leidenschaft für den Basketball entdeckte Schuck als 14-Jährige, die Sportart ließ sie seither nicht mehr los - trotz einiger schmerzhaften Niederlagen. Mit dem damaligen Erstligaklub Lotus München stand Schuck neun Mal im Finale um die deutsche Meisterschaft. Ganze acht Mal verließ sie das Parkett als Verliererin. "Es ist schön, zur deutschen Spitze zu gehören", sagt sie im Rückblick. "Wenn es dann aber nicht ganz langt, ist es schon traurig." Andererseits: Wer kann schon von sich behaupten, acht Mal Vizemeister geworden zu sein?

Schucks Gesicht ziert ein breites Grinsen, wenn sie von ihrer Vergangenheit erzählt, von Traurigkeit über verpasste Chancen ist da nichts zu spüren. So lässt es sich auch erklären, warum sie nach insgesamt 24 Jahren Leistungssport noch immer nicht genug vom Basketball hatte. In ihren letzten Jahren in Schwabing agierte sie bereits als Spielertrainerin, bevor sie schließlich die Bank gar nicht mehr verließ. "Das war für mich echt schön zu sehen: Ich habe mit viel Leidenschaft und lange gespielt, aber jetzt war es gut."

Lehrmeisterin Doris Schuck. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Auf die Gymnasiallehrerin wartete eine neue Aufgabe. Gemeinsam mit Ehemann und Abteilungsleiter László Baierle übernahm sie vor etwa 15 Jahren die Verantwortung für die Basketballer des MTV. Damals bestand die Basketballabteilung aus 30 bis 40 Mitgliedern, heute sind es 360 Männer, Frauen und Kinder, die in 18 Mannschaften gemeldet sind. Besonders stolz ist Schuck auf die Jugendarbeit ihres Vereins. Zwei ihrer Spielerinnen schafften bereits den Sprung in die Jugendnationalmannschaft. In Maritheres Wulff steht ein weiteres Talent im Team des MTV, das bereits in den Kreis der U16-Nationalmannschaft aufgenommen wurde. Die erst 15 Jahre alte Centerspielerin gehört zu den Jüngsten in der Regionalliga, weiß sich aber bereits effektiv gegen die meist älteren und physisch stärkeren Gegenspielerinnen durchzusetzen. "Ich fände es schön, wenn ich mal im Ausland spielen könnte", erzählt Wulff von ihren Zielen. Gegen München Basket stellte sie ihre Trainerin wieder einmal sehr zufrieden und überzeugte mit zehn Punkten sowie starker Defensive.

Tipps holt sich Wulff auch bei Anastasia Riabchenko, einer der ehemaligen Jugendnationalspielerin des MTV. Sie hat bereits in den USA am College gespielt. Mittlerweile ist sie nach München zurückgekehrt - und spielt wieder für Schuck. "Wir haben offenbar nicht alles falsch gemacht", sagt die Trainerin stolz. Wie lange sie selbst dem Basketball noch treu bleibt, weiß Doris Schuck nicht. "Im Moment mache ich mir keine Gedanken darüber", sagt sie. Genügend Nerven für die kommenden Jahre hat sie noch. Und für die grauen Haare gibt es ja einen Friseur.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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