Basketball:Auf der Überholspur

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Rennen und schießen und die Abwehrarbeit nicht vergessen: FCB-Center Devin Booker (rechts gegen Frankfurts Isaac Bonga) erzielte 15 Punkte und schnappte sich acht Rebounds - Bestwert. (Foto: De Fodi/Imago)

Nach einem wilden ersten Viertel zieht der FC Bayern locker an Frankfurt vorbei. Nun geht es im Eurocup zum Gruppen-Finale nach Moskau

Von Ralf Tögel, München

Das Spiel? Schnell erzählt: Im ersten Viertel gab es ein sehenswertes Hin und Her, "Run and gun" nennen das die Basketballer. Eine Taktik, die den schnellen und spektakulären Abschluss sucht, die bevorzugte Spielweise in der amerikanischen Profiliga NBA. Die Basketballer des FC Bayern, die bekanntlich in der deutschen Basketball-Bundesliga ihrem Broterwerb nachgehen, bewiesen beim souveränen 95:70-Erfolg gegen die Frankfurt Skyliners, dass sie auch diese Spielart passabel beherrschen. Also stopfte Münchens Center Devin Booker in den Anfangssekunden zweimal den Ball nach einem Alley-oop-Anspiel, bei dem er den Ball im Sprung fing, mit größtmöglicher Wucht per Dunking in den Korb. Auch der Frankfurter Kollege Mike Morrisson durfte sich derart versuchen, die 6327 Zuschauer hatten ihren Spaß. Dass die offensiv recht begabten Frankfurter plötzlich 20:15 führten (6. Minute) schien angesichts des Spektakels auf dem Parkett nicht weiter zu stören.

Einen schon, einen, für dessen Broterwerb Siege nicht ganz unerheblich sind. Die Fuchtel-Frequenz von Bayern-Trainer Sasa Djordjevic nahm zu, die 28:26-Führung nach dem ersten Viertel erschien ihm dann doch ein wenig zu dünn. Also erinnerte er sein Personal daran, die Abwehrarbeit schnellstens dem europäischen Standard anzupassen, was die Spieler artig umsetzten. Der Rest, wie gesagt, ist schnell erzählt: Mit 24:11 und 23:11 gingen die beiden folgenden Abschnitte an den FCB, der den Vorsprung zwischenzeitlich auf 34 Punkte in die Höhe schraubte. Das war dann doch ein Klassenunterschied gegen ein Team, dessen vergangene Wochen Frankfurts Trainer Gordon Herbert "auf der Überholspur" einordnete. Nach einem miserablen Saisonstart hatten sich die Skyliners zusehends gefangen, vier der vergangenen fünf Spiele gewonnen. Freilich musste Herbert erkennen, dass man auf der "Münchner Autobahn auf die rechte Spur" gezwungen wurde. Dieser Gegner, so schloss der erfahrene Coach der Hessen, legte ein für seine Auswahl zu hohes Tempo an den Tag.

In der Tat, als die Bayern nach den ersten zehn Spielminuten ihre Bemühungen auch auf die Abwehr ausdehnten, waren sie von diesem Gegner nicht mehr aufzuhalten. Zu viel Qualität in einem zu tiefen Kader, das mussten die Hessen anerkennen, obwohl in Vladimir Lucic ein Extrakönner wegen einer Muskelprellung aus dem jüngsten Eurocup-Spiel gegen Ulm geschont wurde. Auch an einen Einsatz des neuen Centers Maik Zirbes ist nach Aussage von Djordjevic noch nicht zu denken. Zum einen bremse ihn die Entzündung in der Fußsohle, dann müsse der Center erst einmal in "eine gute körperliche Form" gebracht werden, ehe man daran denken könne, den Hochgelobten ins Münchner Spiel zu integrieren. An diesem Mittwoch im Eurocup bei Khimki Moskau sei ein Einsatz von Zirbes ausgeschlossen, so Djordjevic.

Dort wird bekanntlich über den Gruppensieg entschieden, die Münchner treten die beschwerliche Reise mit einem Polster von 16 Punkten aus dem Hinspiel an, der direkte Vergleich wird über Platz eins entscheiden. Djordjevic will derlei Rechenbeispiele gleich vermeiden: "Wir fahren da hin, um zu gewinnen."

Die momentane Form seines Teams lässt diese Forderung durchaus realistisch erscheinen, denn in ihrer Gruppe im Feld der verbliebenen 16 Mannschaften haben die Münchner bisher alles gewonnen. Auch in der Bundesliga werden die Leistungen zusehends souveräner. "Wir haben in diesem Jahr noch kein Spiel verloren", sagte Nihad Djedovic, mit 16 Punkten Topscorer gegen Frankfurt. "Langsam zeigen wir, was der Trainer von uns sehen will." Soll heißen, dass die Mannschaft, die zu Beginn der Saison noch ein bisschen mit dem Stil des neuen Trainers fremdelte, den Bereich der Feinjustierung erreicht. Djedovic kann als gutes Beispiel dienen, er bekam lange nicht die gewohnten Spielzeiten, mittlerweile erreicht er wieder seine Topform. Die Münchner sind nicht nur 2017 ungeschlagen, sie haben wettbewerbsübergreifend die vergangenen 15 Partien gewonnen. Dass in Booker, Maxi Kleber, Bryce Taylor (alle 15 Punkte), Nick Johnson und Reggie Redding (je 11) neben Djedovic fünf weitere Spieler zweistellig punkteten, spricht für die hohe Ausgeglichenheit im Team. Gegen die Hessen gab Djordjevic auch noch den Talenten Georg Beyschlag und Karim Jallow jeweils mehr als fünf Minuten Spielzeit. Dennoch fand er Grund zum Motzen: Die Ballverluste im letzten Viertel, das die Frankfurter mit 22:20 Punkten für sich entschieden, "müssen wir abstellen".

Eine Petitesse, mag sich der Beobachter denken, zumal sich Frankfurts AJ English in einen wahren Rausch spielte und alle 22 Punkte (insgesamt 31) im letzten Durchgang allein erzielte. Djordjevic denkt so: "Wir haben das wichtigste Spiel der bisherigen Eurocup-Saison vor uns und müssen nun den Schalter umlegen."

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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