Basketball:Analysieren und abwarten

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"Ich sehe meine Zukunft hier": Kapitän Bryce Taylor würde gern in München bleiben. (Foto: Hahn/imago)

Bryce Taylor bemüht sich um einen deutschen Pass - das macht den Kapitän der Bayern-Basketballer attraktiv. Und teuer.

Von Joachim Mölter, München

An Bryce Taylor führte kein Weg vorbei an diesem Mittwochabend. Nicht für die Fans, die beim Saisonausklang der FC-Bayern-Basketballer einfach noch schnell ein Autogramm ergattern wollten von einem Lieblingsspieler oder einem Trainer. Der Mannschaftskapitän Taylor thronte ja am Anfang der langen Tafel, hinter der das Team in der heimischen Halle aufgereiht saß, alle mussten sich an ihm vorbeischlängeln. Auch wer einfach nur neugierig war und bloß wissen wollte, wie es nun weitergeht mit der Mannschaft, die ja schon wieder im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft hängen geblieben war, kam nicht um den Guard herum.

Zum einen läuft der Vertrag des Amerikaners aus, zum anderen bestätigte er am Mittwoch, dass er sich um einen deutschen Pass bemüht. Die notwendigen acht Jahre für den Erhalt eines solchen Dokuments lebt und arbeitet Taylor schon hier, den noch erforderlichen Test legt er Anfang Juli ab. "Ich fühle mich in Deutschland genauso zu Hause wie in Los Angeles", erklärte der gebürtige Kalifornier, der seit längerem mit einer Deutschen liiert ist: "Ich sehe meine Zukunft hier."

Wo diese Zukunft nun genau liegen wird, ist jetzt die spannende Frage. "Meine erste Option ist, in München zu bleiben", versichert Taylor. Allerdings macht ihn ein deutscher Pass auch attraktiv für andere Klubs hierzulande. Angesichts der Quote von einheimischen Spielern, welche die Basketball-Bundesliga (BBL) vorschreibt, sind gute Profis mit deutschem Pass begehrt - aber auch entsprechend teuer. Und beim FC Bayern überlegen sie jetzt offensichtlich, ob sie sich den mittlerweile auch schon 30 Jahre alten Publikumsliebling künftig noch leisten können - oder wollen. "Ich glaube, man kann heutzutage nicht erwarten, dass sich ein Spieler so sehr mit einem Verein identifiziert, dass er für deutlich weniger Geld dort spielt", sagt Geschäftsführer Marko Pesic.

Auch dessen Vertrag läuft zum 30. Juni aus, aber er macht nicht den Eindruck, als ob er sich um seine Zukunft Sorgen macht. In den nächsten Tagen will er mit dem Trainerteam die abgelaufene Saison analysieren und das Ergebnis dann mit dem Vereinspräsidenten Uli Hoeneß besprechen.

Was Personalien angeht, weiß man frühestens nach dem Treffen mit Hoeneß Bescheid

Marko Pesic weiß ja selbst, dass er dem erklärten Basketball-Fan Hoeneß erklären muss, warum nach dem Meistertitel 2014 nichts mehr hinzugekommen ist an vorzeigbaren Erfolgen. "Wenn man unsere Ergebnisse in vier verschiedenen Wettbewerben sieht - Euroleague, Eurocup, Bundesliga, Pokal - dann sind wir immer sehr, sehr knapp gescheitert", sagt Pesic: "Wir müssen analysieren: Woran liegt das? Warum passiert das?" Das Thema beschäftigt ihn, es ist ein wiederkehrendes Muster, unabhängig vom Personal: "Das waren drei verschiedene Spielzeiten, mit drei verschiedenen Mannschaften. Das ist nicht immer nur Pech, es gibt auch andere Faktoren."

Für Bryce Taylor ist das Wort der Saison jedenfalls "almost" - "beinahe". Beinahe wären die FC-Bayern-Basketballer im Eurocup weitergekommen, hätten sie den Pokal gewonnen, die Halbfinalserie gegen den Titelverteidiger Brose Bamberg verlängert. "Ein Psychologe schadet nie", findet Taylor in dem Zusammenhang. "Wir brauchen keinen Psychologen", glaubt Pesic.

Was Personalien und Personalplanung angeht, wird man frühestens nach dem Treffen mit Hoeneß Bescheid wissen. Aber Marko Pesic ist sicher: "Wir können mit dieser Mannschaft auf Kontinuität bauen und sie punktuell verstärken." An der auch von Hoeneß befeuerten Diskussion um bessere Point Guards, also Spielmacher, mag sich Pesic nicht beteiligen. "Wir werde keinen Spieler holen, nur um die Öffentlichkeit zu beruhigen", sagt er: "Ich werde nur einen Spieler holen, von dem der Trainer denkt, dass er sein System leiten kann."

Ein Argument, das Pesic noch für seine eigene Vertragsverlängerung in der Hinterhand hat, ist die Aussicht auf eine Wildcard in der Euroleague, dem höchsten europäischen Wettbewerb. Dafür hat er den Boden bereitet. "Falls es einen Platz gibt, glaube ich, dass wir ein Kandidat sind", sagt er, "aber das ist nicht in unserer Hand, wir müssen abwarten." Irgendwann wird sich schon was tun.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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