Baseball:Zur Strafe in den Golfwagen

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Ein Trainer und sein Einkaufswagen: Philipp Howard lieferte sich mit dem Referee ein verbales Scharmützel – und musste vom Platz. (Foto: Claus Schunk)

Die Haar Disciples fühlen sich benachteiligt und verlieren gegen Regensburg.

Von Christoph Leischwitz, Haar

Es waren erst vier Innings gespielt am Samstagnachmittag, doch Philipp Howard sah so aus, als ob er schon Feierabend hätte. Zunächst fuhr der Trainer der München-Haar Disciples in einem Golfkart auf den Hügel hinter den Zuschauerrängen und sah von dort aus dem Spiel seiner Mannschaft zu. Später setzte er sich noch eine Weile neben den Kiosk, wo die Burger verkauft werden. "Das war die Entscheidung der Schiedsrichter", sagte der 30-jährige Headcoach über seinen ungewöhnlichen Aufenthaltsort, doch die Entscheidung dürfte den Schiedsrichtern recht leicht gefallen sein aufgrund seiner Schimpftiraden. Der Coach hatte sich ein minutenlanges, lautes Wortduell geliefert, obwohl doch nur wenige Zentimeter die Streitenden trennten. Kraftausdrücke waren zu hören. Irgendwann reckte der Schiedsrichter die Faust in den Himmel, im Baseball das Zeichen für den Rauswurf. Zu diesem Zeitpunkt stand es nur 2:0 für Regensburg. Doch wenige Minuten später hatte der Gegner auf 6:0 erhöht, die Partie war früh entschieden, letztlich sogar vorzeitig: Weil die Legionäre am Ende des achten Innings 15:4 führten, griff die Zehn-Punkte-Regel, wonach eine Bundesliga-Partie vorzeitig beendet wird.

Es war also alles andere als ein zufriedenstellender Start gewesen für die Disciples in die Bundesliga-Zwischenrunde. Am Sonntag wurde es nicht viel besser: Die Disciples unterlagen auch auswärts in Regensburg und blieben dabei ähnlich chancenlos. Werfer Jan Tomek, dem Trainer Howard im zweiten Spiel des Wochenendes eine höhere Erfolgsaussicht beigemessen hatte, gab zwar nur fünf Runs ab. Die Disciples blieben aber in der Offensive noch chancenloser und verloren 0:5. Mit den Niederlagen haben sie ihren zweiten Platz in der Tabelle, der zur Teilnahme am Halbfinale berechtigt, an Regensburg verloren.

Rein sportlich waren die Disciples über beide Spiele hinweg klar unterlegen, zumal ihnen die Punkte in Spiel eins erst spät gelangen, als Regensburgs überragender Werfer Mike Bolsenbroek ausgewechselt wurde. Doch verloren hatten sie auf emotionaler Ebene, als es noch knapp zuging. Bei der Szene, die letztlich zu Howards Wutausbruch führte, hatten die Disciples moniert, dass sich die Schiedsrichter bei einem Regensburger mit dem Zählen der Fehlschläge und Fehlwürfe vertan hätten.

Ein Pitcher ist zu schlecht, sein Ersatz geht überraschend. Jetzt fehlen beide schmerzlich

Dies konnte später zwar widerlegt werden, den Disciples missfiel aber, dass die Unparteiischen ihre Entscheidung zuerst korrigiert und sich dann wieder umentschieden hatten. Bezüglich einer früheren Szene im zweiten Inning sagte hernach sogar Legionäre-Trainer Kai Gronauer, dass es sich wohl um eine Fehlentscheidung gegen die Disciples handelte: Lukas Steinlein hatte nach einem Schlag ins Feld mutmaßlich die erste Base erreicht, weil der dort postierte, ehemalige Disciples-Spieler Michael Stephan vor dem Fang die Base verlassen hatte. Fest steht im Nachhinein: Eine bessere Möglichkeit, einmal in Führung zu gehen, hatten die Disciples danach nicht mehr.

"Alles halb so wild", meinte Howard noch nach Spiel eins, man habe alles noch selbst in der Hand. Doch nach dem 0:5 am Sonntag war klar: Die Regensburger Werfer hatten das Wochenende klar dominiert. Umgekehrt scheint der bullpen, der Pitcher-Kader der Disciples, zu klein, um den Oberpfälzer Kontrahenten in den verbleibenden sechs Spielen einholen zu können.

Beim Saisonstart waren die Disciples mit der Leistung des US-Pitchers Darren Fisher unzufrieden gewesen. Deshalb hatten sie nachträglich Michael Click verpflichtet, der dann auch erfolgreich spielte. Als Click kürzlich überraschend den Verein verließ - dem Vernehmen nach, weil sich seine Verlobte mehr Hilfe bei der Jobsuche erhofft hatte - war auch Fisher schon nicht mehr da. Außerdem steht der beruflich arg eingespannte Kevin Trisl selten zur Verfügung. So fehlen den Disciples in engen Partien schlicht die Optionen. Ohne einen Doppelsieg am Wochenende bei den viertplatzierten Mainz Athletics wird es schwer, das Halbfinale noch zu erreichen.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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